Killer-App für Information Worker

Mit der Version 2007 hat OneNote einen gewaltigen Sprung gemacht. Zahlreiche Mängel der Vorversionen wurden behoben.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2007/05

     

Kann eine Software perfekt sein? Natürlich nicht – sie kann allerdings in Sachen Funktion und Features nahe daran kommen, die Bedürfnisse des Anwenders perfekt abzudecken. Und OneNote 2007, soviel sei vorweggenommen, kommt einer derart perfekten Applikation schon sehr nahe. Wie so oft bei Microsoft-Anwendungen brauchte es einige Zeit und Ver­sionen, bis ein Programm so ausgereift ist, dass es die Anwenderbedürfnisse angemessen erfüllt. Typischerweise ist dies bei der dritten Version der Fall, und um genau diese handelt es sich bei OneNote 2007.
In seiner ersten Inkarnation als OneNote 2003 war das Programm ein simpler Container für Notizen verschiedener Art, ganz brauchbar zwar, aber auch mit einigen konzeptionellen Mängeln behaftet. Mit dem grösseren Update zu OneNote 2003 SP1 wurden diese zwar teilweise adressiert, aber einige wichtige Grundfunktionen wie beispielsweise die Unterstützung für mehrere Notizbücher gab es immer noch nicht. Auch andere Features waren nur halbherzig implementiert und schrien geradezu nach Verbesserungen.


Arbeiten wie auf Papier

Eines der wesentlichsten neuen Features in OneNote 2007 ist die bereits erwähnte Unterstützung für mehrere Notizbücher. Auf diese Weise macht das Programm es deutlich einfacher, Notizen für verschiedene Lebensbereiche – Job, Privates – oder unterschiedliche Projekte getrennt voneinander zu behandeln. In den Vorver­sionen musste man für eine derartige Trennung ein mehr oder weniger komplexes System austüfteln. Jedes Notizbuch bietet Platz für eine unbeschränkte Anzahl von sogenannten Abschnitten, die am oberen Rand des Arbeitsbereichs als Reiter in unterschiedlichen Farben auftauchen und die wiederum eine unbeschränkte Anzahl von Seiten beinhalten können. Auf diese Weise ist die Metapher eines echten Notizbuchs recht logisch umgesetzt – mit dem Vorteil, dass die elektronische Version nie voll wird und immer genug «Papier» bietet.







Um dem Anwender auch bei einer grossen Anzahl Notizbücher und Abschnitte einen einfachen Überblick zu ermöglichen, haben die OneNote-Programmierer bei Outlook abgeschaut: Am linken Rand des Arbeitsbereichs findet sich eine neue Navigationsleiste, die (ähnlich der Outlook-Aufgabenleiste) sämtliche Notizbücher und Abschnitte sauber geordnet darstellt. Die Navigationsleiste unterstützt ausserdem Drag&Drop, so dass Abschnitte problemlos zwischen Notizbüchern verschoben werden können.
Gearbeitet wird in OneNote genauso wie auf echtem Papier. Anders als etwa in Word kann eine Eingabe an jeder beliebigen Stelle auf der geöffneten Seite erfolgen. Die Notizen – oder andere Daten, OneNote unterstützt unter anderem auch Bilder, Sprachnotizen und sogar Videos – werden dabei in Containern gespeichert, die sich verschieben, umsortieren oder auf andere Seiten und Abschnitte bewegen lassen. Um möglichst nahe bei der Papiermetapher zu bleiben – einmal Notiertes bleibt erhalten –, speichert OneNote ausserdem alle Eingaben sofort und automatisch, einen Button oder Menüeintrag zum Speichern sucht man vergebens. Löschen lassen sich die Daten natürlich dennoch jederzeit.


Notizvielfalt

Wie bereits angetönt, unterstützt OneNote eine Vielzahl von unterschiedlichen Formaten. Die Standardnotiz besteht aus reinem Text, dieser lässt sich neu aber auch tabellarisch anordnen. In einer speziellen Toolbar bietet das Programm simple Zeichenwerkzeuge und Grundformen, die helfen sollen, eine Idee oder ein Konzept zu visualisieren. Und natürlich wird auch das Einfügen von Bildern und Grafiken in Standardformaten direkt in die OneNote-Seite unterstützt. Eine integrierte Rechnerfunktion ermöglicht ausserdem die Ausführung simpler Rechenoperationen direkt in OneNote.
Des weiteren können Audionotizen oder Videoausschnitte angelegt werden, die OneNote als Attachment zur Seite behandelt. Dabei unterstützt das Programm eine Synchronisation zwischen Multimedia und normalen Notizen: Wird etwas notiert, während beispielsweise eine Audionotiz aufgenommen wird, kann beim Abspielen der Audionotiz auf Wunsch die Textnotiz an der zeitrichtigen Stelle eingeblendet werden. Gleiches funktioniert auch bei Videos.
Neu lassen sich einzelne Notizcontainer untereinander verlinken, über Abschnitte und Notizbücher hinweg, was eine einfache Möglichkeit bietet, um Referenzen anzulegen. Natürlich werden auch Links zu beliebigen weiteren Zielen auf dem eigenen Rechner oder im Internet unterstützt.





Als sehr praktisch für die Re­cherche hat sich die «An OneNote senden»-Funktion erwiesen, die im Internet Explorer und in Outlook als neuer Button respektive Kontextmenü-Option erscheint. Damit lassen sich Webseiten automatisch an OneNote schicken, wo sie zunächst als sogenannte nicht abgelegte Notiz erscheinen und sich nachträglich zu bestimmten Notizbüchern zuweisen lassen. Dabei wird das Originallayout der Webseite je nach Komplexität der Ursprungsseite zumindest teilweise erhalten, zumindest bleiben aber alle Links funktionstüchtig – und OneNote fügt erst noch den Link zum Original automatisch ein.
In der beschriebenen Form funktioniert dies leider nur mit Internet Explorer. Für andere Browser – und Desktop-Applika­tionen – gibt es einen Druckertreiber, über den sich beliebige Inhalte an OneNote schicken lassen. Allerdings fehlt dann der Link zum Original.





Natürlich lassen sich alle diese Notizentypen – Bilder, Webseiten etc. – mit darübergeschriebenen handschriftlichen Bemerkungen anreichern, einzelne Textstellen mit Markern hervorheben und so weiter.
Nicht zuletzt hat das OneNote-Entwicklungsteam auch an der Integration mit Outlook gearbeitet. So lassen sich beispielsweise Notizseiten mit Kalendereinträgen oder Kontakten in Outlook verknüpfen. In umgekehrter Richtung lassen sich direkt aus OneNote Termine, Aufgaben oder Kontakte in Outlook erstellen – zwei Office-Anwendungen auf dem Weg zum simplen CRM-System.


Starke Suchfunktionen

Angesichts der immensen Fülle von Notizen in unterschiedlichsten Formaten, die sich in kurzer Zeit in OneNote-Notizbüchern anreichern können, wird schnell klar, dass eine gute Organisation dieser Bücher kaum reicht, um jede beliebige Information darin innert nützlicher Frist zu finden. Entsprechend verfügt OneNote 2007 über mächtige Suchfunktionen, wobei für die Textsuche die «Windows Desktop Search»-Engine zum Einsatz kommt (wie beispielsweise auch in Outlook 2007). Diese überzeugt denn auch mit schnellen Resultaten. Gesucht wird standardmässig über alle vorhandenen Notizbücher hinweg; auf Wunsch kann die Suche aber auch auf das aktuell geöffnete Notizbuch, Abschnittsgruppen oder sogar einzelne Abschnitte eingegrenzt werden, was die Performance weiter erhöht.
Zusätzlich verfügt OneNote 2007 über integrierte OCR-Technologie (Optical Character Recognition), die es ermöglicht, dass auch Text in Bildern erkannt und durchsucht werden kann. So tauchen bei entsprechender Suche beispielsweise auch Namen von gescannten Visitenkarten und anderen Dokumenten in der Resultatliste auf.







Damit aber noch nicht genug: OneNote 2007 ist auch in der Lage, gesprochene Worte in Audio- oder Videodateien zu erkennen. Damit lassen sich auch diese Daten mit der Suchfunktion durchsuchen. Kommt also beispielsweise in einer aufgenommenen Konversation das Wort «Technopark» vor, so kann über die Audiosuche danach gesucht werden. Klickt man nun in der Resultatliste auf den Link zur entsprechenden Audiodatei, wird diese geöffnet und ab dem Punkt abgespielt, an dem das gesuchte Wort vorkommt. Allerdings wird dazu einiges vorausgesetzt: So muss die Aufnahme etwa von hoher Qualität und rauschfrei sein, und die Sprache des Sprechers darf sich nicht von der Einstellung für den OneNote-Desktop unterscheiden. Ausserdem wird darauf hingewiesen, dass die Qualität der Audiosuche stark vom Akzent und der Aussprache des Sprechers abhängt. Des weiteren muss die Audiodatei zunächst indiziert werden, was bis zur dreifachen Zeit der eigentlichen Aufnahme in Anspruch nehmen kann. In unserem Test hat dieses Feature denn auch mehr schlecht als recht funktioniert.


Schwerpunkt Kooperation

Praktisch sind auch die neuen Synchronisationsfunktionen, die beispielsweise zwischen einem Notebook und einem Desktop-PC genutzt werden können. Auf diese Weise lässt sich dasselbe Notizbuch auf beiden Rechnern nutzen, Änderungen werden automatisch übernommen. Dazu wird allerdings ein Speicherplatz für das Notizbuch benötigt, der von allen beteiligten Rechnern zugänglich ist, also etwa ein Fileserver, ein Sharepoint-Server oder auch bloss ein freigegebener Ordner auf dem einen Rechner.
Interessanter, insbesondere im geschäftlichen Umfeld, ist die Möglichkeit, Notizbücher freizugeben und so in einem Team zu teilen. Dazu kann von Anfang ein freigegebenes Notizbuch erstellt oder ein bestehendes Buch nachträglich freigegeben werden, benötigt wird wiederum ein Speicherort, auf den alle Teammitglieder Zugriff haben. OneNote sammelt sämtliche Änderungen der Teamarbeiter in der Master-Datei und verteilt sie an alle anderen Mitglieder, ein Check-in oder Check-out der Seiten ist dabei nicht notwendig. Dies hat dann allerdings leider auch den gravierenden Nachteil, dass gleichzeitige Änderungen an demselben Textcontainer nicht synchronisiert werden können (innerhalb der gleichen Seite dagegen schon); OneNote zeigt in diesem Fall eine Warnung an und übernimmt schlicht beide Versionen in die Master-Datei. Werden Daten offline bearbeitet, synchronisiert OneNote die Änderungen, sobald der Rechner wieder online ist.
Daneben bietet OneNote 2007 sogenannte Live-Freigabesitzungen. Auch hier wird gleichzeitige in einem Notizbuch gearbeitet, allerdings ist dazu kein Server erforderlich; das Feature basiert auf Peer-to-Peer-Technologie.


Extras

Stark verbessert im Vergleich zur Vorversion hat sich schliesslich die Handschriftenerkennung, was unter anderem an einem neuen Parser liegt, der im Hintergrund permanent dazulernt. Handschriftliches lässt sich wie gehabt in «gedruckte» Buchstaben konvertieren, kann nun aber auch unkonvertiert weiterbearbeitet werden: So lassen sich handgeschriebene Listen beispielsweise per Drag&Drop umsortieren oder mit einer Numerierung versehen. Bei der Suche wird handgeschriebener Text nicht anders als «normaler» Text behandelt.






Neu dazugekommen ist schliesslich OneNote Mobile, das sich aus OneNote heraus auf einem Windows-Mobile-PocketPC oder
-Smartphone installieren lässt. Auch hier wird eine Zwei-Wege-Synchronisation unterstützt. Allerdings bietet OneNote Mobile derzeit nur rudimentäre Funk­tionen: Es können Textnotizen angelegt und formatiert werden, ausserdem gibt es Unterstützung zur Aufnahme von Audionotizen sowie für die Integration von Handy-Bildern. Dagegen wird die handschriftliche Eingabe von Notizen leider nicht unterstützt und damit die Möglichkeiten der mit Touchscreen ausgerüsteten Geräte nicht vollumfänglich genutzt.
Alles in allem handelt es sich bei OneNote 2007 um ein ausgereiftes und sehr nützliches Produkt. Kleine Mängel sind zwar noch vorhanden, und da und dort gibt es durchaus noch Verbesserungsmöglichkeiten – im Vergleich zur Vorversion hat die Software aber einen riesigen Sprung gemacht und sich so zu einem unentbehrlichen Hilfsmittel für moderne Information Worker gemausert.


Testumgebung

Wir haben Office OneNote 2007 aus der Office-2007-Ultimate-Suite auf einem Asus F3JP mit Core-2-Duo-Prozessor, 2 GB RAM, einem 15,4-Zoll-Monitor und integrierter Webcam getestet. Für zusätzliche Tests, insbesondere der Handschrifterkennung, kam ausserdem ein UMPC des Typs Asus R2H zum Einsatz.




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