Editorial

Grüne Welle in der IT


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2007/13

     

Grün ist die Modefarbe dieses Sommers, auch in der IT. Auf die ersten grüngestrichenen Notebooks, PCs, Beamer und anderen Geräte warten wir zwar noch, aber abgesehen davon kann es heute kaum mehr grün genug sein. Hersteller, Distributoren und Dienstleister haben sich urplötzlich ein teils sehr weitgehendes Umweltbewusstsein aufs Fähnchen geschrieben. Hier nur einige willkürlich ausgewählte Beispiele:



- Ein grosser Suchmaschinen-Betreiber pflegt sein Saubermann-Image mit der Bildung von Fahrgemeinschaften im Silicon Valley, verschenkten Velos in Europa und Solarzellen auf dem Dach des Hauptquartiers.



- Ein japanischer Konzern fliegt Journalisten, Händler und Kunden aus ganz Europa an die Mittelmeer-Küste und lässt gleichzeitig über die «Climate Neutral Group» dermassen viele Bäume neu anpflanzen, dass der gesamte Event als CO2-neutral gilt.

- Ein amerikanischer Konzern verringert den Styropor-Verbrauch in den Verpackungen einiger seiner Geräte-Typen um rund die Hälfte und betont dabei die Abfall-Reduktion.

- Der Schweizer Ständerat nimmt eine Motion zur starken Reduktion des Stromverbrauchs von Set-top-Boxen im Stand-by-Betrieb an.

- Ein global tätiger Computer-Versender bietet gegen einen geringen Aufpreis pro verkauftes Gerät die Pflanzung eines Baums an.

- Verschiedene US-Unternehmen verpflichten sich öffentlich und mit einigem Brimborium zum Energiesparen im Rechenzentrum.



Es ist schon erstaunlich, wie schnell die Branchengrössen angesichts der angeblich drohenden Klima-Katastrophe ihre soziale Verantwortung entdeckt und ihre grünen Konzepte aus der Schublade gezaubert haben. Dabei haben die unmittelbaren Vorteile noch nicht mal die Umwelt, sondern die Unternehmen selbst, und zwar in Form von barer Münze. Mehr Energie-Effizienz im Rechenzentrum heisst weniger Abwärme heisst weniger Lüftung heisst weniger Kühlung heisst tiefere Kosten in mehrfacher Hinsicht. Weniger Verpackungsmaterial heisst mehr Kisten auf einer Standard-Palette heisst niedrigere Transport-Kosten pro Stück. Und so weiter.



Natürlich ist es nicht falsch, wenn man seine ökologischen Bemühungen mit ökonomischen Zwängen koppelt. Und es spricht auch wenig dagegen, das neue Umwelt-Bewusstsein an die grosse Glocke zu hängen. Bei nicht wenigen der zahlreichen neu angestossenen Initivativen fragt man sich allerdings trotzdem, weshalb man eigentlich nicht schon früher auf die Idee gekommen ist. Und ob der grüne Image-Hype vielleicht nicht doch ein wenig übertrieben ist.




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