Wider die virtuelle Gebührenvermehrung
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2005/03
Patente für Software-Trivialfunktionalitäten, TV-Gebühren auf UMTS-Handys und jetzt auch noch Abgaben auf digitale Aufnahmegeräte: Aus der offensichtlichen Überforderung unseres Rechtssystems mit der Geschwindigkeit des digitalen Wandels versucht die Industrie, schamlos Kapital zu schlagen.
Der jüngste Vorstoss der Suisa, wonach auf Speichermedien für digitale Aufnahmegeräte ein Urheberrechtsobulus eingefordert werden soll, ist geradezu dreist. Da zahle ich für den immer noch recht umständlichen Download DRM-geschützter Musikstücke auf meinen PC fast so viel, wie wenn ich die Original-CD inklusive Booklet im Laden kaufe. Das Ganze muss ich selber auf eine CD brennen und beschriften oder auf den MP3-Player überspielen. Die Medienkonzerne sparen so mit meiner Freizeitarbeit happig Vertriebskosten. Und jetzt will mich die Suisa für die ganze Plackerei auch noch ein zweites und für die Speichererweiterungskarte meines Fotoapparats gar ein völlig unbegründetes weiteres Mal zur Kasse bitten.
Das Ganze würde man noch mit einigem Murren schlucken, wenn sich wenigstens der geforderte Preis wie bei DVD-Rohlingen (55 Rappen für 4,7 GByte) in einem halbwegs vernünftigen Rahmen bewegen würde. Aber die 12 Rappen pro MByte, die
jetzt beantragt wurden, sind schon bei der heutigen Speicherkartengrösse horrend. In fünf Jahren würde eine dann voraussichtlich übliche 10-GByte-Karte auf prohibitive 1300 Franken zu stehen kommen.
Es ist an der Zeit, dass die Behörden endlich aufwachen und sich nicht mehr von Medien- und IT-Konzernen das Hirn fusselig lobbyieren lassen. Die Industrie pocht bei all ihren Druckversuchen explizit auf technologieneutrale Regulierungen. Diese Forderung wird durch das Begehren der Suisa, die letztendlich auch nur ein Rädchen in der grossen Medienmaschine ist, genauso wie durch die Patentansprüche auf Software als blosses Vehikel für eine virtuelle Gebührenvermehrung entlarvt. Was wir brauchen, sind neue Regulierungsformen, die der Geschwindigkeit des Wandels im digitalen Zeitalter gerecht werden. Diese müssen dafür zwingend den technologischen Fortschritt miteinbeziehen und nicht einfach nur die für das «gemächliche» Industriezeitalter erarbeiteten Rahmenbedingungen in den Cyberspace extrapolieren.
Daniel Meierhans, Chefredaktor
dmeierhans@compress.ch