«Homeland Security» Swiss Made
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2004/16
Der Staat ist kein «early adopter». Diese Feststellung des Informatikstrategieorgans des Bundes (ISB) strahlt den Nimbus eines in Stein gemeisselten Naturgesetzes aus. Mit ihr begründet das ISB, warum die Eidgenossenschaft Open-Source-Software nicht speziell fördern (siehe Seite 10), sondern nach den gleichen, hauptsächlich budgetgetriebenen Kriterien einsetzen will wie kommerzielle Angebote.
Der Staat ist der grösste Einkäufer in unserem Land. Er muss mit einer gezielten Nutzung fortschrittlicher Technologien das Fundament für eine funktionierende Hightech-Industrie legen, so die Forderung von Ruedi Noser (siehe Seite 9), seines Zeichens Mitbegründer der Initiative «Jahr der Technik 2005», IT-Unternehmer und Nationalrat.
Die zwei Standpunkte kommen so selbstverständlich und unvereinbar daher wie religiöse Glaubensbekenntnisse. In der Schweiz wurde offensichtlich noch nie ein Konsens über die Rolle des Staates bei der Förderung junger Technologien und Industriezweige ausdiskutiert.
Werfen wir doch einfach einen Blick über den grossen Teich ins Land der freiesten Marktwirtschaft. Die USA machen kaum staatliche Forschungsprogramme für die Industrie, wie dies viele recht erfolgreiche asiatische Staaten praktizieren. Aber die Amerikaner finanzieren seit Jahrzehnten einen enormen militärischen Forschungsapparat, ohne den Silicon Valley in seiner heutigen Form nicht denkbar wäre. Die Homeland-Security-Programme der letzten Jahre sind ökonomisch gesehen nichts anderes als gigantische, staatlich subventionierte Forschungs- und Entwicklungsprogramme, von denen Hunderte von Start-ups leben.
Eine funktionierende Schweizer Softwareindustrie würde eine staatliche Unterstützung in Form von ambitiösen Projekten noch viel mehr brauchen als die USA, weil unser privatwirtschaftlicher Heimmarkt zu klein ist, damit sich genügend innovative Unternehmen profilieren können. Die Schweizer Softwareindustrie braucht diese «early adaptor»-Erfahrung genauso, wie sie so schnell wie möglich Automatisierungstechnologien à la MDA (Model Driven Architecture) adaptieren muss (siehe Seite 34), um im weltweiten Konkurrenzkampf bestehen zu können.