Tabellenkalkulation à la Mac

Mit Numbers hat Apples Büropaket iWork 08 endlich eine Tabellenkalkulation erhalten. Im Test schlägt sie sich überraschend gut.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2007/16

     

Mit der Vorstellung von iWork 08 ist aus Apples Büropaket eine vollwertige Office-Suite geworden. Denn nebst Dokumenten (Pages) und Präsentationen (Keynote) kann man dank Numbers nun auch Spreadsheets erstellen. Damit kann Apple nicht nur das altehrwürdige AppleWorks in Rente schicken, sondern auch eine Alternative zum teuren Microsoft Office und nicht ganz so komfortablen OpenOffice-Ableger NeoOffice bieten.


Gewohnt anders

Wer lange mit Excel oder Calc aus OpenOffice gearbeitet hat, muss sich an Numbers erst einmal gewöhnen. Denn es sieht nicht nur anders aus, sondern unterscheidet sich in der Bedienung von klassischen Spreadsheet-Programmen.


Das Interface von Numbers ist aufgeräumt, und alle Funktionen sind schnell über die Menüleisten respektive ein schwebendes Werkzeugfenster zu erreichen. Dies macht die Bedienung deutlich angenehmer als bei Excel 2007 für Windows, auch wenn man ein paar Minuten braucht, um sich zurechtzufinden.



Auf der linken Seite des Fensters befindet sich eine Übersicht über die Arbeitsblätter sowie die auf ihnen enthaltenen Tabellen und Diagramme. So findet man auch bei grossen Dateien schnell die benötigten Informationen. Darunter kann man aus verschiedenen Tabellenstilen wählen, die die konsistente Gestaltung der Tabellen einfach machen. Wem die Vorauswahl nicht gefällt, kann eigene Stile anlegen.
Noch weiter unten wurde eine Auswahl von Standard-Formeln positioniert, die sich mittels Drag&Drop einfügen lassen.


Mehrere Tabellen

Die Arbeitsfläche gleicht eher einem Layout-Programm und orientiert sich damit an dem Pfad, den Apple bereits mit Pages eingeschlagen hat. Denn auch der Wortprozessor von Apple bietet viele Gestaltungsmöglichkeiten und einen flexiblen Umgang mit Seitenelementen.


Bei Numbers drückt sich die Flexibilität darin aus, dass man nicht nur eine Tabellenwüste vor sich hat, sondern auf Arbeitsblättern mehrere komplett unabhängige und in sich abgeschlossene Tabellen positionieren kann. Dabei kann man die Tabellen unabhängig gestalten und die Anzahl Spalten und Zeilen jederzeit nach Bedarf auf die benötigte Grösse anpassen. Zudem ist eine stufenlose Skalierung der Tabellen und Inhalte möglich. Eine Art Schnappraster, wie sie Mac-User beispielsweise von Omni Graffle kennen, vereinfacht die Positionierung der Elemente im Verhältnis zur Seite und den anderen Objekten.



Dieses Konzept spielt seine Stärken insbesondere dann aus, wenn es um den Druck und die Erstellung von Reports geht, die mehr als nur nackte Zahlenreihen enthalten sollen. Denn die freie Positionierung von Tabellen, Diagrammen und anderen Objekten sowie die flexible Grössenanpassungen der Tabellen ermöglichen ohne weiteres die Realisierung optisch ansprechender Resultate, ohne dass man viel Energie in die Nachbearbeitung stecken muss.


Ein gutes Beispiel für die vielfältigen Möglichkeiten sind die Vorlagen, die Apple mit Numbers ausliefert. Sie reichen von Rechnungen über Budget-Planungen bis hin zu Datenblättern und bieten neben einem adretten Aussehen dank hilfreichen Kommentaren zur Bedienung einen guten Startpunkt für eigene Spreadsheet-Aufgaben.


Einschränkungen findet man vor allem im kleinen: So ist es beispielsweise nicht möglich, doppelte Linien zu zeichnen, wie man sie unter ein Total setzen kann. Auch ist ea nicht möglich, Text in Zellen vertikal zu schreiben.


Verschiedene Ansichten

Bei der Gestaltung helfen auch verschiedene Ansichten der Dokumente, die bei Bedarf sogar kombiniert werden können. So kann man beispielsweise eine Layout-Ansicht einblenden, bei der die Seitenrahmen, Kopf- und Fusszeilen eingeblendet werden, die man direkt editieren kann und nicht erst mühsam über die Menüs aufrufen muss. Eine Druckansicht zeigt die Seitengrenzen und ermöglicht, Objekte direkt auf eine andere Seite zu verschieben. Ein Verschieben mittels Drag&Drop auf ein anderes Arbeitsblatt ist aber nicht möglich – hier muss man die Tabelle zuerst ausschneiden und auf dem gewünschten Blatt einfügen.



Um zwei Ecken muss man denken, wenn man Zeilen oder Spalten für den Druck verstecken will. Im Gegensatz zu Excel muss man nicht extra einen Druckbereich definieren, sondern die Zeilen respektive Spalten, die man gedruckt haben will, ausblenden. Dies erfolgt über ein kleines Drop-Down-Menü, das am Rand einer Zeilen- respektive Spaltenbeschriftung bei Mauskontakt erscheint und auf alle Ansichten Auswirkung hat. Auf die gleiche Weise oder über das Kontextmenü (rechte Maustaste) können sie auch wieder hervorgeholt werden.
Pivot-Tabellen sucht man allerdings vergebens.


Für den Hobby-Archimedes

Die wichtigste Funktion eines Spreadsheet-Programms sind allerdings nicht die Gestaltungsmöglichkeiten, sondern die Funktionen zur Sortierung, Filterung und Berechnung von Daten.
Hier hat sich Apple bei der Bedienung offenbar stark an bestehende Konzepte gehalten, um die Anwender nicht allzu sehr zu verwirren. Wie bei Excel oder Calc kann man in einer Zelle mit einem Gleichheitszeichen die Eingabe einer Formel starten. Die Syntax orientiert sich dabei an den bekannten Programmen, auch wenn trotz einer Vielzahl von Funktionen beispielsweise im Vergleich zu Excel einige Funktionen fehlen.


Nett ist die farbliche Hervorhebung der Zelle oder Zellen bei der Eingabe respektive der Bearbeitung einer Formel, die den Referenzen entspricht. Für Standardfunktionen wie eine Summe muss man die Formeln nicht einmal selber tippen, sondern kann einfach die zu summierenden Zellen mit der Maus markieren und aus der linken Spalte die bereits erwähnten Formeln per Drag&Drop in die Zelle ziehen, in der später das Resultat stehen soll. Neben den Drag&Drop-Formeln werden ausserdem die jeweiligen Resultate gleich anzeigt. Wem die Resultate wichtiger sind als die eigentlichen Zahlen, aus denen sie entstanden sind, kann auf einer Übersichtsseite in einer unabhängigen Tabelle die Ergebnisse von anderen Tabellen (und anderen Seiten) anzeigen lassen.



Sortieren und Filtern von Daten ist über das bereits erwähnte Drop-Down-Menü am Spaltenanfang oder die entsprechenden Menüpunkte möglich. Sortieren ist aufsteigend und absteigend möglich, wobei man nach mehreren Spalten gleichzeitig sortieren kann. Gefiltert werden kann unter anderem nach und relativ zu Grössen oder Mittelwerten, wobei auch hier mehrere Bedingungen verknüpft werden können. Mit Hilfe von Checkboxen ist es sogar möglich, bestimmte Zeilen aus Berechnungen herauszunehmen, sodass man einfach beobachten kann, wie sich beispielsweise fehlende Werte auf das Endresultat auswirken.


Diagramme lassen sich aus beliebigen Zahlenreihen erstellen und sind in verschiedenen 2D- und 3D-Variationen zu haben. Gestalterisch kann man unter anderem die Farben, bei 3D-Grafiken auch den Winkel und die Ausbreitung der verschiedenen Werte bestimmen. Es fehlen aber einige Diagrammtypen wie Oberflächen, wie sie beispielsweise in der Wissenschaft von Interesse sind.


Was mit mehreren Elementen wie Diagrammen oder grösseren Tabellen negativ auffällt, ist die verhältnismässig dürftige Performance des Programms. Immer wieder kam es zu kleinen Verzögerungen oder das Programm ruckelte beim Verschieben von Objekten – was bei einem PowerMac G5 und 2,5 GB RAM eigentlich nicht zu erwarten wäre und laut Berichten aus dem Internet auch mit Intel-Rechnern passiert.


Export und Import

Export und Import bietet Numbers zu Excel (altes XLS- und neues OpenXML-Format ohne Passwortschutz) und CSV. Gelesen werden können zudem OFX- und AppleWorks-Dateien. Optisch gesehen ist die Konvertierung von und zu Excel gut. Die Anpassungen im optischen Bereich, die nach einem Programmwechsel nötig sind, sind meist marginal und vor allem durch die verschiedenen Betriebsmodi der Programme bedingt. Formeln überleben den Programmwechsel in der Regel ebenfalls, sofern man nicht Funktionen verwendet, die in Numbers nicht vorhanden sind. Diese werden sonst als feste Zahlen übernommen. Ein Report beim Import und Export von und nach Numbers informiert im Detail über die vorgenommenen Änderungen.



Da Numbers weder Excel-Macros noch eine andere Scriptsprache unterstützt, gehen Macros verloren und können auch nicht ersetzt werden.
Dass Unterstützung für den ISO-Standard Open Document fehlt, ist bedauerlich, zumal er die Brücke zu freien Spreadsheet-Applikationen wie Calc darstellt.


Änderungsverfolgung für Pages

Natürlich haben auch die anderen Bestandteile der iWork-Suite ein Update erfahren. Während das Präsentationswerkzeug Keynote unter anderem neue Grafik- und Animationswerkzeuge sowie Effekte, Unterstützung für Voice Recording und eine kontextabhängige Formatierungsleiste erhielt, fielen die Änderungen beim Wortprozessor Pages noch etwas grosszügiger aus. Pages wurde etwas weiter in Richtung eines klassischen Wortprozessors à la Word bewegt und hat wie Numbers nun mehrere Ansichten, eine für das Verfassen von Texten und eine für Layouts.

Wie bei Keynote sind einige neue Grafikwerkzeuge sowie eine kontextabhängige Formatierungsleiste hinzugekommen. Ausserdem bietet Pages eine Funktion zur Nachverfolgung von Änderungen samt Import und Export für Word. So lassen sich Änderungen an Worddokumenten auch in Pages nachverfolgen, was bei unseren Tests tadellos funktionierte und zudem erfreulich übersichtlich ablief. Während Keynote bereits seit einiger Zeit eine starke Konkurrenz zu PowerPoint ist, wird Pages langsam rund, auch wenn es Profi-Bedürfnisse von den drei Bestandteilen der Suiten noch am wenigsten abdecken kann.




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