Die Ratifizierung von Microsofts Dokumentenformat OpenXML ist in seiner jetzigen Form gescheitert (siehe Seite 12). Und das ist gut so. Denn statt um die Technik ging es im Vorfeld der Abstimmungen
fast nur noch um Politik und plötzlich gar nicht mehr so geheime Geheimpläne zur Beeinflussung der Abstimmung – offenbar eine Modeerscheinung im Herbst 2007. Leider bekleckerten sich dabei weder Microsoft noch die Open-Source-Szene mit Ruhm.
Nun haben alle Parteien einige Monate Zeit, um über die Bücher zu gehen. Dies ist auch dringend nötig. Denn das Format OpenXML wirft sogar für neutrale Beobachter einige Fragen über dessen technische Zulänglichkeit auf. Daran ändert sich auch nichts, wenn Hans-Rudolf Thomann, Vorsitzender des Komitees, das in der Schweiz für OpenXML zuständig ist, dies ganz anders sieht.
So muss man sich beispielsweise fragen, ob Unterstützung für Binärbalast aus einer Dekade Microsoft Office wirklich in einen Standard gehört. Oder warum bestehende Standards, beispielsweise zur Abbildung von mathemathischen Formeln, ignoriert wurden. Oder warum ein Entwurf mit Fehlern überhaupt zur Abstimmung gelangt. Nachbesserung tut insofern dringend not, auch wenn sich erst zeigen wird, wie ernsthaft Microsoft die Vorschläge der ISO-Mitglieder umsetzt, von denen einige durchaus sinnvoll erscheinen.
Schwer beschädigt wurde durch die Unregelmässigkeiten, die insbesondere in der Schweiz über eine Bagatelle hinausgingen, das Ansehen der ISO, die schon früher gerne als International Sightseeing Organisation verspottet wurde. Denn die Verfahren zur Standardisierung sind nicht nur unzureichend transparent, sondern offenbar auch anfällig auf Manipulation. Dies ist für die IT-Welt, in der brauchbare offene Standards eine Grundvoraussetzung zur Innovation und Vielfalt sind, fatal. Eine grundlegende Analyse und eventuelle Überarbeitung der Prozesse erscheint dringend notwendig, wollen wir auch in Zukunft sinnvolle Standards, die der ganzen Industrie und nicht nur einzelnen Exponenten einen Mehrwert bringen.
Tröstlich ist immerhin, dass es wohl keinerlei Einfluss auf den Office-Suiten-Markt haben wird, ob OpenXML als Standard ratifiziert werden wird oder nicht. Denn Microsoft wird so oder so auch in Zukunft sein eigenes Süppchen kochen, wie man das in Redmond schon immer getan hat. Zu wichtig ist Office für Microsoft und somit die totale Kontrolle über alles, was damit zusammenhängt.