Neuer Browser ohne Spektakel

Trotz 20 Monaten Entwicklungszeit ist der Internet Explorer 7.0 kein Meisterwerk, aber eine klare Verbesserung zur Vorversion.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2006/19

     

Fünf Jahre hat Microsoft den Internet Explorer ruhen lassen. Doch die steigende Popularität alternativer Browser wie Firefox oder Opera und die stetigen Sicherheitsprobleme haben den Softwareriesen aus Redmond dazu veranlasst, das bereits aufgelöste Browser-Team wieder zusammenzurufen, um die Entwicklung wieder aufzunehmen. Das Resultat von 20 Monaten Entwicklungs­arbeit kann man in Form des Internet Explorer 7.0 seit dem
19. Oktober von der Microsoft-Website herunterladen.


Sicherheit im Mittelpunkt

Noch bevor man den Internet Explorer 7 das erste Mal zu Gesicht kriegt, sieht man, dass es Microsoft mit der Anwendersicherheit ernster meint als auch schon. So wird man dazu aufgefordert, den Phishing-Filter zu aktivieren. Dieser warnt den Anwender beim Aufruf einer Phishing-Website durch eine verfärbte Adresszeile und blendet bei registrierten Phishing-Seiten eine Ersatzseite ein, die den Anwender darauf hinweist, dass es sich um eine Phishing-Website handelt. Bei der Anzeige einer IDN-Domain, die Zeichen ausserhalb des ASCII-Zeichensatzes beinhaltet, wird der Anwender mit einem Icon neben der Adresszeile und einem Informationsfenster über die Identität der Website informiert. URLs wie www.paypal.com, bei denen statt das ASCII-A das kyrillische A verwendet wird, werden wie bei Firefox in Punycode als www.xn-pypl-53dc.com ausgeschrieben.




Jedes Fenster enthält nun eine Adresszeile, egal ob dieses von der Website vorgesehen ist oder nicht. Dies bemerkt man insbesondere bei Pop-ups, bei denen gerne die Adresszeile versteckt wird. Damit ist nun Schluss. Ebenso wird der Aktionsradius von JavaScripts auf die jeweilige Quelldomain eingeschränkt, sodass die Ausnutzung von Cross-Site-Scripting-Schwächen deutlich erschwert wird.
Ebenfalls ganz im Zeichen von Phishing stehen die Bemühungen zur Verbesserung von SSL. Das unsichere SSLv2 wurde deaktiviert, ebenso wie die Unterstützung von schwacher Verschlüsselung mit einer Schlüssellänge von 40 oder 56 Bit. Zudem wurde mit den anderen Browser-Herstellern und den Zertifizierungsstellen strengere Regeln zur Ausgabe der Zertifikate ausgearbeitet. Findet der Internet Explorer ein solches Zertifikat vor, wird die Adressleiste grün hinterlegt. Bei Webseiten mit «normalen» Zertifikaten bleibt die Adressleiste weiss. Ist ein Zertifikat abgelaufen oder wird der Zertifizierungsstelle nicht vertraut, wird eine leicht verständliche Ersatzseite eingeblendet und die Anzeige der eigentlichen Website unterbunden.





ActiveX-Controls sind nun, abgesehen von denjenigen, die in einer Whitelist in der Registry abgelegt werden, grundsätzlich deaktiviert. Soll ein derartiges ActiveX-Control ausgeführt werden, fragt der Browser erst nach.
Für die persönliche Sicherheit sorgt letztlich das Werkzeug «Delete Browsing History». Es dient dazu, Sitzungsdaten wie Cookies oder Caches mit einem Klick zu löschen.


Voller Schutz mit Vista

Neben den Schutzfunktionen, die es vor allem den Anwendern leichter machen sollen, Sicherheitsproblemen zu entgehen, bringt der Internet Explorer 7 auch Funktionen mit, die seinen Aktionsbereich einschränken. Diese sind allerdings nur auf Windows Vista verfügbar. Dazu zählt beispielsweise die User Account Control, mit der der Internet Explorer nur nach Eingabe des Administratorpassworts mit maximalen Rechten arbeitet, sowie der Protected Mode, bei dem der Internet Explorer quasi in eine Sandbox verfrachtet wird, damit bösartige Scripte keinen Schaden anrichten können.


Mehr Erlebnis

Neben der Sicherheit stand vor allem das Benutzererlebnis im Vordergrund, angefangen beim neuen und gewöhnungsbedürftigen Interface bis hin zum Tabbed Browsing und dem RSS-Reader. Der RSS-Reader bietet ein funktionales Interface zum Lesen der Newsfeeds mit rudimentärer Funktionalität, die sich auf Abonnementsverwaltung und regelmässige Aktualisierung beschränkt. Hier bieten ausgewachsene Newsreader mehr. Die Verwaltung der Newsreader erfolgt wie diejenige der Favoriten in einem neu geschaffenen Favoritencenter, das neben den Tabs klebt und von der Gestaltung und der Funktionsweise her sehr an die Mac-Browser Safari und Camino erinnert.
Eigentümlich ist nach wie vor Microsofts Vorstellung vom Skalieren von Webseiten. Festgetackerte Schriftgrössen lassen sich nach wie vor nicht skalieren, wie dies bei der Konkurrenz bereits möglich ist. Dafür existiert eine Zoom-Funktion, die neben den Texten auch gleich die Grafiken grösser macht – womit diese matschig werden.
Die Druckvorschau bietet nun mehr Möglichkeiten. So lassen sich nun die Seiten so einpassen, dass abgeschnittene Inhalte nicht mehr vorkommen sollten. Zudem ist es möglich, die Seiten-Header respektive -Footer auszublenden und über Buttons zwischen Hoch- und Querformat zu wechseln.


Aussen hui, innen na ja...

Bei der Unterstützung der Webstandards hat sich immerhin einiges getan, auch wenn Microsoft dem scheinbar nach wie vor keine allzu hohe Priorität einräumt. Zwar kann der Internet Explorer nun mit PNG-Grafiken mit Alpha-Transparenzen umgehen und es wurden auch viele CSS-Bugs eliminiert, doch ist die Unterstützung von HTML, XHTML und CSS nach wie vor weit hinter derjenigen der Konkurrenz zurück. Auch den Acid2-Test (www.webstandards.org/action/acid2/) besteht der Browser nach wie vor nicht.
Dies zwingt Webentwickler zur Sonderbehandlung einer weiteren Browserversion, als wenn man mit IE 5, 5.5 und 6 nicht bereits genug zu tun hätte. Verschärfend kommt hinzu, dass der recht populäre Star-HTML-Hack entfernt wurde, sodass man wohl oder übel auf Conditional Comments umsteigen muss. Wer mehr Informationen zum Thema sucht, findet sie beispielsweise im Rahmen des Artikels «Internet Explorer 7 – Hacks und Neuerungen» des CSS-Portals «The Styleworks» (www.thestyleworks.de/tut-art/ie7.shtml).Für weitere Verbesserungen muss man auf die Version 8 hoffen, die immerhin bereits im Dezember 2007 und nicht erst in fünf Jahren erscheinen soll.




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