Domain-Namen mit Umlauten: Beta-Test für 400 Franken
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2001/11
Kein Zweifel: Als Domain-Registrierer kann man ganz schön Kasse machen. Immerhin lassen sich Domain-Grabber kaum eine Chance entgehen, um mit der präventiven Reservation eines Domain-Namens irgendwann in der Zukunft kräftig abzusahnen. Die einschlägigen Site-Bezeichnungen sind in der Schweiz bereits seit Jahren reserviert, obwohl nach wie vor viele davon im real existierenden Internet nicht im Einsatz sind.
Ein paar Beispiele gefällig? Unter www.shop.ch findet sich seit längerem gerade einmal der Hinweis, dass unter dieser Domain "die beste Schweizer Shopping Site im Web" entstehen soll. Die URL www.kaufen.ch führt wie auch www.shoppen.ch ins Leere. Dass beide Domain-Namen laut Switch aber reserviert sind, versteht sich von selbst.
Mit der angestrebten Erweiterung der Domain-Namen durch Umlaute beginnt das Spiel jetzt von Neuem. Zwar ist das letzte Wort in dieser Sache noch nicht gesprochen, doch hindert dies Firmen wie Via Net.Works nicht, bereits heute Anmeldungen für Domains wie www.lützelflüh.ch entgegenzunehmen.
Die Umlaute-Domains halte ich im Zeitalter der Globalisierung und Internationalisierung für einen kompletten Blödsinn. Englisch hat sich im Netz der Netze nun einmal als Lingua franca durchgesetzt, und das ist auch gut so. Der Reiz des WWW besteht ja gerade darin, dass ich mit meiner Site ein weltweites Publikum erreichen kann. Zwar sollen für den internationalen Umlaut-Einsatz dereinst Plug-ins für Kompatibilität sorgen, doch ist fraglich, ob sich dies überhaupt durchsetzen wird.
Die Sprache in der IT-Welt orientiert sich ohnehin an den tonangebenden USA, auch wenn dies ewige Eigenbrötler wie die Franzosen selbst im 3. Jahrtausend noch nicht wahrhaben wollen und alles daran setzen, englische Ausdrücke aus dem Vokabular zu streichen. Haben Sie sich schon einmal mit einem Franzosen aus der IT-Welt unterhalten? Mit einem im Rest von Europa gebräuchlichen Ausdruck wie Computer weiss man da kaum etwas anzufangen und verwendet statt dessen die Bezeichnung Ordinateur.
Angesichts des ausgesprochenen Anti-Amerikanismus würden Domains à la www.école.fr denn auch ins Konzept passen, obwohl sich die Grande Nation damit unweigerlich ins Abseits manövriert.
Werden nun die Domain-Namen mit Umlauten erweitert, profitieren primär die Domain-Registrierer davon. Via-Net.Works-Chef Franz Grüter kann da noch so sehr betonen, dass die Marge sehr klein sei, und man das Angebot als Dienst am Kunden betrachte. Dienst, ja, aber allenfalls ein Bärendienst. Wer die 400 Franken für die Registrierung ausgibt, setzt definitiv aufs falsche Pferd.
Immerhin geben Firmen wie Via Net.Works offen zu, dass sich das Angebot als Schlag ins Wasser erweisen könnte und halten sich in rechtlicher Hinsicht den Rücken frei, indem darauf aufmerksam gemacht wird, dass es sich um einen Beta-Test handle, für dessen Funktionieren man keine Garantie übernehmen will.
Nichtsdestotrotz wird für die Teilnahme am Beta-Test ein nicht unerheblicher Betrag verlangt. Bei einem ordentlichen Beta-Programm kann die Anwenderschaft aber gratis oder allenfalls für einen Unkostenbeitrag teilnehmen, zumal der Anbieter des Dienstes noch von den Erfahrungen der Teilnehmer profitieren kann. Dass Via Net.Works dazu nicht einmal bereit ist, den Betrag zurückzuerstatten, wenn der Test in die Hosen geht, passt zum Angebot wie die Faust aufs Auge.
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