Firewall gegen Headhunter

Eine sichere Abwehr gegen Headhunter gibt es nicht. Doch man kann die Arbeit der Kopfjäger deutlich erschweren.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2000/37

     

Wenn Ihnen am Telefon die Floskel "Können Sie frei sprechen?" bekannt vorkommt, haben bestimmt auch Sie schon Bekanntschaft mit einem Headhunter gemacht. Auch in der Schweiz bewegen sich unzählige dieser Kuppler auf dem Arbeitsmarkt und bereiten den Personalchefs Kopfzerbrechen und schlaflose Nächte.



Doch der miese Ruf dieser Berufsgattung steht in keinem Verhältnis zu den Erfolgen. Denn Headhunter liefern in der Praxis erstaunlich gute Resultate bei der Rekrutierung von neuen Fachkräften. Dafür stecken sie auch Honorare ein, die sich gewaschen haben. In der Regel wird von drei bis vier Monatssalären ausgegangen.



Den Erfolg von Headhuntern bestätigte auch eine InfoWeek-Umfrage vom vergangenen August. 44 Prozent der Befragten bezeichnen den Headhunter-Einsatz als erfolgsversprechendste Strategie bei der Suche nach Top-Fachkräften.


Zwei Abwehrfronten

Unternehmen, denen Top-Angestellte ausgespannt werden, sind Headhunter natürlich ein Dorn im Auge und man bemüht sich, den Kopfjägern den Job so schwer wie möglich zu machen.



Grundsätzlich lässt sich der Hebel an zwei Punkten ansetzen: Die wohl beste Massnahme ist die Optimierung der Umgebungsbedingungen am aktuellen Arbeitsplatz. Denn stimmt das Umfeld, kommen die Angestellten im Normalfall kaum auf die Idee, den Arbeitsplatz zu wechseln.




Dennoch reagieren Angestellte auf eine Anfrage durchaus positiv, da gehörig gebauchpinselt wird. Wie Headhunter Jean Pierre Reinle erläutert, könnte ein Gespräch etwa mit folgender Schmeichelei beginnen: "Sie wurden uns über die berühmten sieben Ecken als Fachmann empfohlen, der sich ganz speziell gut auf dem Gebiete XY auskennt, und Sie geniessen einen hervorragenden Ruf in Ihrem aktuellen Berufsumfeld."



Die zweite Abwehrmassnahme besteht darin, den Headhuntern die Informationsbeschaffung so schwierig wie möglich zu gestalten. Denn die Kopfjäger sind auf die Daten der angepeilten Angestellten angewiesen. Dazu zählen neben dem Know-how, etwa der Werdegang oder auch die familiären Verhältnisse.




So arbeiten Headhunter

Die Vorgehensweise der Kopfjäger ist eigentlich immer identisch: Die auftraggebende Firma erstellt ein Profil, worin die Anforderungen für die ausgeschriebene Stelle festgelegt werden.



In einem nächsten Schritt werden die bereits in Frage kommenden Personen bestimmt. Bestehen hier noch keine konkreten Vorstellungen, kommen Researcher zum Einsatz. Sie evaluieren die in Frage kommenden Firmen und bestimmen jene Angestellten, die für den ausgeschriebenen Job in Frage kommen. Diese detektivische Nachforschungstätigkeit ist denn auch wesentlich für das schlechte Image der Headhunter verantwortlich. Meist wird im Sektretariat oder der Administration der betreffenden Firma angerufen und eine Alibi-Geschichte aufgetischt. Oftmals gibt man sich als Journalist, gelegentlich auch als Staatsdiener oder Meinungsforscher aus, um beispielsweise an interne Telefonnummern oder Personallisten heranzukommen. Allzu oft sind die nichtsahnenden Vorzimmerdamen denn auch bereit, derart sensitive Daten ohne grosses Nachfragen herauszurücken.




Hier besteht eine der grössten Herausforderungen für Headhunter. Sie müssen einerseits an die Namen der Zielpersonen sowie an deren interne oder - im besten Fall - private Telefonnummer herankommen. Headhunter Jean Pierre Reinle sieht die grössten Probleme, "wenn mehrere Kadermitarbeiter in Grossraum- oder Doppelbüros arbeiten oder durch das Unternehmen partout keine Direktwahl-Nummern herausgegeben werden dürfen".



Viele Betriebe sind hier bereits hellhörig geworden. In einer InfoWeek-Fallstudie wurde es uns etwa untersagt, die Namen der betreffenden Spezialisten zu nennen. Als Begründung wurde die Angst vor möglichen Headhunter-Einsätzen genannt.



Es verwundert denn auch nicht, dass sich bereits Firmen die Headhunter-Abwehr auf die Fahne geschrieben haben und Unternehmen beraten, um sie auf die oben genannten Alibi-Anfragen zu sensibilisieren. Zu nennen sind etwa die deutschen Firmen DDS oder die Linzer Personal GmbH.



Reinle bewertet die Erfolgsaussichten allerdings eher skeptisch: "Diese Beratungsfirmen müssen noch ziemlich aus dem hohlen Bauch operieren, weil sie zwangsläufig gar nicht allzu effektiv sein können. Darüber hinaus gibt's ja inzwischen über die private Telefonnummer hinaus längst auch Kontaktmöglichkeiten übers Handy".



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