Nicht ohne meinen PDA
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2002/06
Seit Apple Mitte der 90er Jahre mit dem klobigen Newton das PDA-Zeitalter eingeläutet hat, haben die digitalen Assistenten die Herzen und Westentaschen von Millionen Usern erobert. Während diese Technik-begeisterten Anwender kaum mehr auf ihren digitalen Begleiter verzichten wollen, weigern sich wiederum andere beharrlich, ihre Termine und Kontakte mit einem PDA zu verwalten.
Das kleine Display wie auch die wenig komfortablen Möglichkeiten zur Dateneingabe seien schlicht eine Zumutung, lauten die meistgehörten Argumente gegen den PDA-Einsatz. Juan Vörös, General Manager Dell Schweiz, bringt es auf den Punkt: "Hauptnachteil der PDAs ist - und das ist keine neue Erkenntnis - der viel zu kleine Bildschirm und die fehlende Tastatur. Auf dem Notebook schreibe ich im Zehnfingersystem mit der Geschwindigkeit eines ehemaligen Armee Bürogehilfen." Ins selbe Horn bläst Symantec-Country-Manager Marcel Beil, der ebenfalls die "limitierte Ansicht" des Displays wie auch die "noch sehr einfachen Eingabemöglichkeiten" bemängelt.
Da die direkte Dateneingabe auf dem PDA oft zur Geduldsprobe ausartet, wird vielfach gänzlich darauf verzichtet. So erklärt der Schweizer Intel-Manager Pierre Mirjolet, er organisiere alle seine Termine auf dem Notebook und lade regelmässig eine Kopie seines Terminkalenders auf den PDA. Zwar wird der PDA bei dieser Vorgehensweise zum reinen Anzeigegerät degradiert, doch fällt auch einer der grössten Schwachpunkte unter den Tisch.
Wie InfoWeek-Recherchen allerdings zeigen, zählt die Klasse der Schweizer IT-Manager doch eher zu den PDA-Befürwortern. Top-Kader wie beispielsweise Peter Schöpfer, CEO von T-Systems Schweiz, schwören auf ihren PDA: "Ich fühle mich mit meinem PDA sehr wohl und kann mir fast nichts anderes mehr vorstellen."
Erwartungsgemäss halten sich bei den befragten Managern Windows-CE- und Palm-basierte PDAs in etwa die Waage: Während Peter Schöpfer, Apples Country Manager Roger Brustio und Adobe-Schweiz-Chef Alexandre Salzmann den Palm-Modellen den Vorzug geben, ziehen Marcel Beil wie auch Microsoft-Schweiz-Chef Alexander Stueger die CE-Plattform vor. Marcel Beil begründet seine Wahl damit, dass Pocket-PC-basierte Geräte mehr "aufs Business ausgerichtet" seien, dafür auch Entwicklungstools zur Verfügung stehen und die Geräte "meist leistungsfähiger" seien. Alexandre Salzmann hingegen gibt seiner Palm-Vorliebe wie folgt Ausdruck: "Die Palm-OS-Geräte sind klein, leicht und bieten die Batterie-Einsatzdauer, die für mich wichtig ist."
PDAs haben aber auch sonst einiges zu bieten. Roger Brustio etwa schätzt die Möglichkeit, "massgeschneiderte Software-Lösungen" einzusetzen. Ähnlich argumentiert Alexandre Salzmann, der auf dem PDA gespeicherte PDF-Dokumente ins Feld führt.
Bevor die PDAs das Zeitalter des Mobile Computing einläuteten, setzten viele Manger auf den Filofax. Doch die antiquierte Sammlung von Kalenderzetteln und handgekritzelten Notizen ist zweifellos auf dem Rückzug. Dennoch sind eingefleischte Filofax-User auch in der Schweizer IT-Szene keine Seltenheit, wie auch Roger Brustio von Apple erkennt: "Heute ist es vielleicht wieder chic, mit einem Filofax zu arbeiten, was aber nicht heisst, dass es effizienter ist."
Eher noch geschätzt wird wie bei Dell-Chef Juan Vörös eine Kombination, bestehend aus Notebook und Handy: "Ich habe mein Notebook praktisch immer dabei und synchronisiere lediglich die Kontakte und Kalendereinträge mit meinem Nokia 6210 einmal pro Woche, um erstens die Telefonnummern auf dem neuesten Stand zu haben und zweitens notfalls auch mal Zugriff auf den Terminplan zu haben."
Auch von den kommenden Smartphones zeigen sich die Befragten mehrheitlich begeistert. T-Systems-Mann Peter Schöpfer will vorderhand noch abwarten, bis die Kinderkrankheiten ausgemerzt seien, und auch Pierre Mirjolet will ein Smartphone in Betracht ziehen, wenn PDAs es ermöglichen würden, "Telefongespräch zu führen und digitale Information schnell und günstig zu kommunizieren." Eher skeptisch zeigt sich Marcel Beil von Symantec: Er brauche "mehr Funktionen in der interaktiven Eingabe", was zur Zeit mit dem Handy aber nur "sehr schwer machbar" sei.
Am überzeugtesten gibt sich Alexander Stueger. Sobald sein momentaner Pocket PC den definierten Lifecycle hinter sich habe, werde er auf ein entsprechendes Gerät umsteigen.