Editorial

Wenn der Surfer zum Werbekonsum gezwungen wird

Zum Leidwesen der Millionen von Websurfern hat dieser Zwang zum Werbekonsum jetzt im Internet Einzug gehalten.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2001/34

     

Stellen Sie sich vor, jeder InfoWeek-Artikel wäre mit einer Inserateseite überklebt, und erst dann, wenn Sie sich diese eine bestimmte Weile zu Gemüte geführt hätten, liesse sie sich umblättern und der Blick wäre frei auf den dahinterliegenden Bericht. Wäre es möglich, dies technisch zu realisieren, und wir würden das System einführen, würde ein Aufschrei der Empörung unter den Lesern die Runde machen. Und dies zu Recht!




Zum Leidwesen der Millionen von Websurfern hat dieser Zwang zum Werbekonsum jetzt im Internet Einzug gehalten. Denn findige Werbeunternehmen haben in den Staaten eine neue Strategie aus der Taufe gehoben, um den Site-Besucher mit Werbebotschaften zu bombardieren: Sobald ein User auf einen Link klickt, erscheint nicht etwa die gewünschte Webseite, sondern eine grossformatige Werbeeinblendung. Je nach Penetranz der Werbeverantwortlichen ist man dann gezwungen, diese mehrere Sekunden lang über sich ergehen zu lassen, bevor man dann zum eigentlichen Ziel geleitet wird.


Experimentierphase bei MSNBC.com und Salon.com

Zu den ersten Sites, welche die neue Zwangswerbung ihren Besuchern zumuten, zählen MSNBC.com sowie Salon.com. Bei der Microsoft/NBC-Site beschränkt man sich derzeit noch auf die wichtigsten Rubrikeinstiegsseiten, während Salon.com das neue System auf der ganzen Site einsetzt. Zwar muss man hier wie dort den Site-Betreibern zugute halten, dass sie zusätzlich einen Go-Directly-Link einblenden, über den man die Werbung wegklicken kann und somit direkt zum Ziel geführt wird. Das System ist aber dennoch der Gipfel der Frechheit. Dass die neue Werbeform dem Besucher auf den Geist gehen könnte, hat man zumindest bei Salon.com realisiert. Hier bekommt Otto Normalsurfer die aufdringliche Werbung nur einmal pro Tag serviert - Cookies machen's möglich.



Da die Online-Werbebranche kränkelt, ist es verständlich, wenn nach neuen Formen des Advertisings gesucht wird. Dass es aber auch anders geht, als uns jetzt MSNBC.com und Salon.com vormachen wollen, hat InfoWeek-Redaktor Matthias Pfander bereits in seinem Editorial vor vier Wochen über interaktive Banner gezeigt. Interaktivität kann die Lust an der Werbung regelrecht entfachen, wenn denn die Idee zündend ist und die Neugier des Surfers geweckt werden kann. Wer aber glaubt, diese innovativen Werbeformen auch bei MSNBC.com oder Salon.com anzutreffen, liegt falsch: Hier finden sich altbekannte, statische Online-Werbeformen, die allenfalls durch ihre Grösse auffallen.





Mit Fernbleiben quittieren

Die jüngsten Nötigungsversuche sind meines Erachtens eine Beleidigung der mündigen Surferschaft und sollten mit Fernbleiben von den jeweiligen Sites bestraft werden. Ich wünsche deshalb allen Site-Betreibern, die sich der neuen Werbeform verschrieben haben, dass sie gehörig Besucher verlieren. Sie sollen merken, dass man mit der Surfergemeinde nicht alles machen kann, was die technischen Mittel zulassen.




Haben auch Sie schon Erfahrungen mit der Zwangswerbung gemacht? Sagen Sie mir, was Sie vom neuen Werbekonzept halten und schreiben Sie mir!



Artikel kommentieren
Kommentare werden vor der Freischaltung durch die Redaktion geprüft.

Anti-Spam-Frage: Wie hiess im Märchen die Schwester von Hänsel?
GOLD SPONSOREN
SPONSOREN & PARTNER