Editorial

Billig oder Notebook?


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2008/11

     

Begonnen hat es mit der Ankündigung des Eee PC von Asus, aber noch bevor das Gerät wirklich erhältlich war, zogen die anderen PC-Hersteller reihenweise nach. HP hat eines, Asus kommt bald mit der zweiten Generation, Dell will auch eines bringen, hält sich im Detail aber bedeckt, und zuletzt hat auch Acer die Absicht bekundet, ins Marktsegment der «Billig-Notebooks» einzusteigen. Das Thema steht derzeit bei Medien und Ausstellungsmachern ganz hoch im Kurs. So hat die Computex, die gerade in Taiwan stattfand, die «New Generation Notebooks» zu einem ihrer vier Kernthemen erklärt. Intel spricht von einer neuen Produktekategorie namens «Netbooks» und hat dafür gar einen neuen Prozessor samt komplett neuer Mikroarchitektur kreiert, laut eigener Aussage der «wichtigste Durchbruch in der Halb­leiterindustrie seit dem Beginn des Unternehmens».



Ob Netbook, Eee PC, Mini- oder Billig-Notebook – die nun angekündigten oder sogar schon lieferbaren Geräte haben verschiedene Gemeinsamkeiten. Sie sind kleiner und leichter als das, was bisher unter dem Label «Subnotebook» verkauft wurde. Sie bieten gute Möglichkeiten zum Anschluss ans Internet und werden von den Herstellern als eigentliche Surfmaschinen propagiert. Und der Preis ist relativ niedrig – nicht alle Modelle sind allerdings so günstig wie der knapp 300 Dollar teure erste Eee PC – und manches herkömmliche Notebook kostet mittlerweile auch nicht mehr die Welt. Aber so kompakte Rechner zu so günstigen Preisen gab es noch nie: Die herkömlichen Subnotebooks sind typischerweise sogar massiv teurer als gewöhnliche Laptops.




Der günstige Preis ist denn auch der eigentliche Selling Point. Denn die technischen Daten machen
bei den meisten Modellen wenig Eindruck: Ein langsamer Rechner im billigen Plastikgehäuse und ein
7-Zoll-Bildschirm mit 800 x 480 Pixel (Eee PC, erste Generation) lädt ja weder zu seriöser Arbeit noch zu uneingeschränktem Multimedia-Genuss ein. Die neueren Modelle, allesamt noch nicht wirklich auf dem Markt, punkten immerhin mit grösseren Bildschirmen und dem laut aktuellen Benchmarks zumindest in der ersten Generation kaum leistungsfähigeren, aber energieeffizienteren Atom-Prozessor, der allerdings bis auf weiteres an Lieferknappheit leidet.



Alles in allem stellt sich die Frage, ob die aktuelle Mini-Notebook-Hysterie einen langfristigen Trend zu mässiger ausgestatteten und dafür preisgünstigeren Mobilcomputern einläutet. Die Möglichkeit besteht durchaus, zumal die meisten Besitzer eines «echten» Notebooks die Leistung ihres Geräts auch nicht ansatzweise wirklich ausreizen – ein Mini-Notebook wäre sicherlich oft schon fast mehr als genügend. Auf der anderen Seite wurden vom PDA bis zum UMPC schon derart viele Produktekategorien ohne wirklichen Markterfolg lanciert, dass es nicht weiter verwunderlich wäre, wenn in ein paar Jahren
niemand mehr von Mini- oder Billig-Notebooks spricht.

(ubi)


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