Editorial

Zwei neue Namen für Eleganz und Geschwindigkeit

Urs Binder überlegt sich, seine Computing-Aktivitäten wieder weitgehend vom PC auf den Mac zu verlagern - der Grund: Jaguar, die seit kurzem erhältliche Version 10.2 seines Unix-basierten Betriebssytems Mac OS X.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2002/31

     

Ich gehe gegenwärtig schwanger mit der zugegebenermassen etwas radikalen Idee, meine Computing-Aktivitäten wieder weitgehend vom PC auf den Mac zu verlagern - wären da bloss nicht all die Regale voller Windows-only-Software, übrigens allesamt mit legal erworbener Lizenz ausgestattet.


Jaguar: Macht User froh

Der Grund ist eine Raubkatze namens Jaguar, wie Apple die neueste, seit kurzem erhältliche Version 10.2 seines Unix-basierten Betriebssytems Mac OS X nicht nur in der Entwicklungsphase, sondern, illustriert durch den Fell-Look der Verpackung, auch dem Konsumenten des neuen Produkts gegenüber bezeichnet.



Im Gegensatz zu den Vorgängerversionen 10.0 (einer .0-Variante ist nicht nur beim Quasi-Monopolisten, sondern bei Software generell mit Skepsis zu begegnen) und 10.1 (bereits diese wurde von Apple-Verantwortlichen als Riesenfortschritt gefeiert, zeichnete sich auch durch ansprechende Funktionalität, aber nicht gerade durch rasenden Speed aus) habe ich 10.2 sofort auf meinem bereits als betagt anzusehenden PowerMac G4 Cube installiert, und ei sieh da: Es läuft auf Anhieb, und wie!




Verzeihung Microsoft, aber was bei Windows noch nie in hohem Mass da war und auch in der XP-Generation zwar versucht wurde, aber im Endergebnis dann doch eher plakativ daherkommt, ist in der Mac-OS-X-Oberfläche Aqua voll und ganz gelungen: Nutzbringende Eleganz bis ins kleinste Detail.



Die teilweise verspielten Gimmicks früherer Systemversionen sind, vom Handling des Filesystems über das Mail-Programm bis zu den mitgelieferten Applikationen der "i"-Serie, einer funktional berechtigten audiovisuellen Umsetzung gewichen. Nun, das alles gab es schon in den ersten zwei Versionen; erst mit Jaguar wurden die meisten noch vorhandenen Ungereimtheiten aber ausgeräumt, und die neueste OS-X-Ausgabe ist dazu noch verdammt schnell - die Mac-Plattform beschränkt sich nicht auf schönes Aussehen; hinter der eleganten Fassade steckt wie beim Analogon aus der Tierwelt schiere Höchstleistung.




Xserve: Attacke an der Serverfront

Mit eleganten Produkten für den Endanwender will sich die Firma aus Cupertino jedoch nicht zufriedengeben: Man hat seit einigen Wochen einen Rackmount-Server; für Apple ein Novum. Der Xserve ist sogar der erste RISC-basierte Server mit zwei Prozessoren, der sich mit einer Höheneinheit zufriedengibt und dabei erst noch Platz für vier Ultra-ATA-Laufwerke und damit fast ein halbes Terabyte an internem Storage bietet.



Mit Leistungsdaten wie Dual-1-GHz-Power-PC-G4-Prozessoren, bis zu 2 GB DDR-RAM, zwei Gigabit-Ethernet-Anschlüssen und dergleichen mehr braucht sich der Apple-Server nicht vor der Konkurrenz zu verstecken, was sich auch im Test zeigt: Sowohl im Blast-Benchmark (in der Genomforschung gebräuchliche, aufwendige Vergleiche von DNA-Sequenzen) als auch in einem Prepress-Test (2400-dpi-Rendering eines achtseitigen PostScript-Dokuments) schlägt der Apple-Server die Dual-1,4-GHz-PIII-Vergleichsmodelle von Dell und IBM sowie den Sun Fire V100 mit 500 Mhz UltraSparc-IIe um Längen. Beim Prepress-Beispiel sind erst 8- und 12-Prozessormodelle von SGI und Sun schneller, und auch dies nur mit mehr als vier parallelen Print-Jobs.




Überzeugend ist auch die Storage-Leistung, getestet am Xserve mit vier 120-GB-Ultra-ATA-Disks im Vergleich zu einem Dell PowerEdge mit drei 36-Gigabyte-Ultra-160-SCSI-Platten: Während beim PowerEdge mit integriertem Hardware-Array-Controller im RAID-0-Betrieb das Hinzufügen einer zweiten Platte gerade mal 7 Prozent Leistungssteigerung brachte, verdoppelte der Xserve die mit einer Disk übrigens identische Performance beim Einsatz der zweiten.



Der langen Rede kurzer Sinn: Auch der Xserve sieht nicht nur schön aus, er beeindruckt unter der Haube noch mehr. Das Allerbeste: Die mitgelieferte Mac-OS-X-Serversoftware kommt mit einer Lizenz für unbeschränkt viele Clients. Ein Preisvergleich mit dem im Test verwendeten Dell-Produkt zeigt, dass die beiden Geräte mit voller Disk-Ausstattung etwa gleichviel kosten.



Apple hatte vermutlich noch nie eine derart wohlabgestimmte Produktpalette: Schnelle Workstations, ebenso leistungsfähige Notebooks in allen Preislagen, und nun auch noch einen Server, der seinesgleichen sucht.



Eigentlich merkwürdig, dass es diese Firma dennoch nicht zu einem höheren Marktanteil bringt - spielen da etwa gar Vorurteile eine Rolle? An der Interoperabilität mit dem Industriestandard kann es jedenfalls nicht liegen - mit OS X kann jeder Mac ohne irgendwelche Zusatzsoftware auf Windows-Fileserver zugreifen. Und umgekehrt.



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