Nachladen ohne Tape-Salat
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2006/21
Ein regelmässiges Backup ist ein absolutes Muss für geschäftlich wichtige Datenbestände. In grösseren Unternehmen sorgt eine ausgeklügelte, heute oft mehrstufig angelegte Backup-Strategie für die lückenlose Datensicherung. Am Ende der Kette steht meist eine ausgewachsene Tape-Library, die Hunderte oder sogar Tausende von Bandkassetten automatisch verwaltet.
Kleinere Betriebe haben häufig den gleichen Sicherungsbedarf wie ein grosses Unternehmen – für ein waschechtes Backup braucht es ebenfalls mehrere Tape-Medien, die in einem fixen Turnus zum Einsatz kommen. Eine ausgewachsene Tape-Library mit allen möglichen Features wäre in diesen Fällen aber meist viel zu teuer.
In die Bresche springen sogenannte Autoloader. Vom Prinzip her arbeitet ein Autoloader wie eine Tape-Library: In Zusammenarbeit mit der Backup-Software wechselt er die Bandkassette automatisch im Turnus des Backup-Plans. Dazu verfügt er über ein Magazin, das üblicherweise zwischen 6 und 12 Medien fasst, und einen Mechanismus, der die benötigte Kassette dem Laufwerk zuführt. Die meisten Geräte besorgen bei entsprechender Konfiguration auch die gelegentlich nötige Reinigung des Schreib-/Lesekopfs automatisch. Dazu muss allerdings stets eine Reinigungskassette eingelegt sein; es steht also ein Slot weniger für datentragende Bandkassetten zur Verfügung – die Gesamtkapazität wird geringer.
Mit einem Autoloader wird der Administrator von den Details der Backup-Pflege entlastet. Fehler wie das Einlegen der falschen Kassette oder die vergessen gegangene abendliche Sicherung merzt ein Autoloader wirkungsvoll aus. Je nach Datenvolumen und Anzahl Slots läuft das Backup sogar genug lange vollautomatisch, dass zumindest punkto Datensicherung keine Ferienvertretung für den Admin angestellt werden muss.
Im Gegensatz zu Tape-Libraries sind Autoloader aber nur mit einem einzigen Laufwerk ausgestattet. Die wenigsten Modelle erlauben optional den Einbau eines zweiten Drive, der als Ausfallsicherung oder zur Leistungssteigerung eingesetzt werden kann. Tape-Libraries bieten dagegen meist mehrere Laufwerke oder zumindest Platz für zusätzliche Drives, sind also von Haus aus skalierbar.
Auch sonst ist die typische Tape-Library auf Ausfallsicherheit und Hochverfügbarkeit getrimmt. Features wie redundante Netzteile sind bei den Libraries gang und gäbe, bei Autoloadern hingegen nicht zu finden. Auch wenn ein Autoloader durch die Backup-Automatisierung klar zur Datensicherheit beiträgt, stellt er somit ebenso klar als nicht redundant ausgelegte Hardwarekomponente einen Single Point of Failure dar – fällt das eine Laufwerk oder die Stromversorgung aus, kann das Backup nicht stattfinden.
Es ist deshalb sehr zu empfehlen, bei der Anschaffung eines Autoloader auch gleich den bestmöglichen Wartungsvertrag mit schnellstmöglicher Vor-Ort-Reparatur mitzubuchen. Inbegriffen ist der Onsite-Service nur selten. Die meisten Autloader kommen mit einer gewöhnlichen dreijährigen Garantie, einige Hersteller geben sogar nur ein Jahr Gewährleistung.
Die Grundkonfiguration des Autoloader erledigt man im allgemeinen über ein im Gerät integriertes Display und einige Tasten. Nicht alle Geräte lassen sich ins firmenweite Netzwerkmanagement einbinden, dazu fehlt vielen Modellen nur schon der Ethernet-Anschluss. Vor allem die hochwertigeren Modelle mit 12 oder mehr Slots und LTO-Laufwerken lassen sich übers Netzwerk administrieren; bei einfacheren DAT- oder DLT-Geräten fehlt diese Möglichkeit meist. Das Beispiel Quantum zeigt es: Während der Superloader 3 mit Ethernet-Port kommt, ist der DAT-Autoloader nicht mit Netzwerkanschluss ausgerüstet.
Der eigentliche Betrieb mit Datensicherung und Kassettenwechsel wird von der Backup-Software gesteuert, die auf einem Server oder einer Workstation läuft. Nur bei einigen Herstellern ist ein passendes Paket im Lieferumfang enthalten. Quantum zum Beispiel legt seinen Autoloadern die QuickStart-Version von
Symantecs Backup Exec bei, während Overland auf die Kompatibilität mit verschiedenen Backup-Lösungen verweist. Dies gilt im übrigen für alle Hersteller; die meisten Autoloader arbeiten mit praktisch jeder gängigen Backup-Software reibungslos zusammen.
Erfreulicherweise hat sich ein früher seltenes, von Tape-Libraries her bekanntes Feature heute auch bei Autoloadern auf breiter Ebene durchgesetzt: der Barcode-Reader. Wenn die Bandkassetten am Rücken mit einer individuellen Barcode-Etikette markiert werden, können Autoloader und Backup-Software die Kassetten beim Einlegen sofort identifizieren, ohne dass dazu jedesmal erst der Index eingelesen werden muss. So lässt sich die Falscheinlage eines Mediums völlig vermeiden. Die Zuordnung der Kassetten zu den Autoloader-Slots ist jederzeit klar, so dass der Autoloader bei Bedarf eine bestimmte Kassette rasch auswerfen kann. Bandverwaltung und Ablage werden stark erleichtert.
Die Tabelle zeigt es: Es gibt eine Vielzahl von Formaten zur Sicherung von Daten auf Magnetbändern. Der Formatdschungel bringt nicht nur die verschiedensten Aufzeichnungstechnologien mit sich, sondern auch untereinander inkompatible Kassetten sowie höchst unterschiedliche Speicherkapazitäten und Datentransferraten.
Am unteren Ende der aktuellen Skala liegt das Anfang der 90er-Jahre beliebte DAT-Format. Heute bringt es die vornehmlich von HP gepushte und weiterentwickelte DAT-Technik zwar immerhin auf 36 unkomprimierte Gigabyte pro Kassette; die Transferrate ist mit 3,5 Megabyte pro Sekunde aber ziemlich schmürzelig: Beim Schreiben der 36 Gigabyte gehen rund drei Stunden ins Land. Geräte im nochmals weiterentwickelten DAT-160-Format, das eigentlich für 2006 angekündigt war, sind noch nicht auf dem Markt.
Das derzeitige Nonplusultra der Tape-Speicherung heisst LTO. Fast alle Hersteller bieten zumindest als eine von mehreren Optionen LTO-Drives in ihren Autloladern an. Auch hier gibt es verschiedene Sub-Standards: LTO-2 wartet mit einer Kapazität von 200 GB pro Kassette und 40 Megabyte pro Sekunde Datentransfer auf; das neuere LTO-3-Format bietet 400 GB und 80 MB/s. Für 36 Gigabyte benötigt LTO-3 also gerade mal knapp 8 Minuten. Ein LTO-4-Standard mit 800 GB und 120 MB/s steht schon vor der Tür; wie bei DAT 160 sind konkrete Produkte aber noch nicht verfügbar.
Zwischen diesen Extremen tummeln sich mehrere Formate. Sie sind zum Teil herstellerspezifisch nur bei einzelnen Anbietern zu haben – so gibt es AIT-Drives und passende Autoloader vor allem beim Erfinder Sony, und das paketbasierte VXA-Format ist bei eigenen und OEM-Produkten von Exabyte zu finden. Obwohl jeder Hersteller die besonderen Vorteile seines Formats betont, dürfte die Entscheidung letztlich meist aufgrund der Kapazität und der erzielbaren Backup-Geschwindigkeit fallen. Angesichts der heutigen Datenmengen werden Formate mit hoher Kapazität und Transferleistung die älteren Standards bald völlig verdrängen.
Mit diesen Messgrössen ändert sich allerdings auch der Preis, bedingt vor allem durch die Kosten für das Laufwerk – ein LTO-3-Drive zum Beispiel, erhältlich erst seit 2005, kostet halt einfach deutlich mehr als die seit 2002 verfügbaren LTO-2-Laufwerke. Bei den Medien sieht es anders aus: Neuere Kassettentypen mögen pro Stück zwar teuer kommen, beim Preis/Kapazitätsverhältnis punkten jedoch die neuesten Formate am meisten. So kostet ein Gigabyte auf einer DAT-72-Kassette 72 Rappen, während ein LTO-3-Tape vom gleichen Kassettenhersteller auf 26 Rappen pro Gigabyte zu stehen kommt und erst noch ein vielfach schnelleres Backup erlaubt.
Manche Geräte sind je nach Kundenbedürfnis mit unterschiedlichen Laufwerken erhältlich. In unserer Tabelle findet sich in solchen Fällen nur ein Eintrag. Wo immer möglich haben wir aber die Einstiegspreise aller Laufwerksvarianten angegeben. Wir haben uns im übrigen auf Autoloader mit einem Basispreis unter 10’000 Franken beschränkt. Solche Geräte sind mit einer Ausnahme bei allen Herstellern zu finden, die überhaupt Autoloader anbieten: IBMs günstigstes Mehrfach-Tape-Device überschreitet unsere Preisschwelle. Es gleicht zwar mit einem einzelnen LTO-3-Drive und 22 Slots den höherwertigen Autoloadern anderer Anbieter, wird aber sogar vom Hersteller selbst als «Tape Library» bezeichnet.
Bei den Angaben zu Kapazität und Datentransfer haben wir jeweils nur die Werte für unkomprimierte Daten angegeben. Sämtliche Autoloader bieten auch hardwaregestützte Datenkompression, womit sich die Kapazität und der Durchsatz im allgemeinen verdoppeln. Ein exakter Vergleich ist jedoch nur mit den nativen Angaben möglich.
Der Tape-Storage-Markt ist derzeit in heftiger Bewegung. Erst vor einigen Wochen sind zwei Fusionen beziehungsweise Übernahmen erfolgt: Quantum hat ADIC gekauft, und Exabyte ging an Tandberg. In beiden Fällen betonen die Akteure jedoch, die bestehenden Produktelinien würden weiter unterstützt und unter den bisherigen Marken auch weiterhin verkauft. An der Modellvielfalt ändert sich also vorerst nichts.
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