Editorial

Erkenntnisse aus dem Akku-Fiasko


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2006/19

     

Hitachi: 16’000, Sony: 250’000, Lenovo: 520’000, Toshiba: 870’000, Apple: 1,8 Millionen, Dell: 4,2 Millionen. Die Schreckensnachrichten rund um die teils brandgefährlichen Notebook-Batterien aus der Produktion von Sony, oft mit Bezeichnungen wie «Akku-Fiasko» oder «Batterie-Debakel» zusätzlich aufgebrezelt, erinnern bei aller relativen Harmlosigkeit irgendwie schon ein bisschen an eine Kriegsopfer-Statistik.
Krieg herrscht ja auch im übertragenen Sinn. Man nennt das Phänomen zwar anders, nämlich Markt, und die Waffen heissen nicht Panzerfaust, psychologische Kriegsführung und Disziplin, sondern Marke, Werbung und Qualität.
Wie die Batteriemisere zeigt, scheint es mit letzterer aber selbst dort nicht immer zu klappen, wo alles fein säuberlich nach ISO-Standard qualitätssicherungszertifiziert ist. Erstaunlich auch, wieviel Zeit verstrich, bis man auf die Produktionsmängel reagierte – dem Vernehmen nach wussten die beteiligten Hersteller nämlich schon im Herbst 2005 von den Problemen. Aber eben: Man wartet lieber, bis es wirklich brennt. Das Image könnte ja sonst schon vorzeitig leiden.





Der aktuelle Fall macht auch ein weiteres Faktum deutlich, das manchem Konsumenten wohl nicht so richtig bewusst ist und im übrigen nicht bloss in der IT gilt: Die Markenvielfalt scheint zwar unerschöpflich, dahinter stehen aber nur wenige Hersteller, im IT-Umfeld OEMs genannt. Und siehe da, eine kleine Schwachstelle bei einem OEM kann sich zum branchenweiten Problem mit empfindlichen finanziellen Folgen und grossem Image-Schaden entwickeln.
Ein Seitenblick auf einen anderen Aspekt: Zwar stammt ein erklecklicher Anteil aller Notebook-Batterien von ein und dem selben Fabrikanten, standardisiert ist die Energieversorgung von Mobilcomputern trotzdem nicht im Geringsten, ebensowenig übrigens wie bei Mobiltelefonen. Jeder Anbieter kocht punkto Abmessungen und elektrischen Kenngrössen von Akkus und Netzteilen sein höchsteigenes Süppchen – obwohl die Grundanforderung, nämlich auf möglichst kompaktem Raum und bei möglichst geringem Gewicht möglichst viel Strom zu speichern, bei allen Geräten exakt die gleiche ist.
Konsumentenfreundlich ist das alles nicht. Vielleicht sollten sich die Hersteller etwas mehr mit den Belangen des Kunden beschäftigen. Sie würden feststellen, dass dieser nicht in erster Linie immer neue Features und Rekorde aller Art wünscht, sondern stabile Arbeitswerkzeuge, die sich auch untereinander bestens verstehen.

(ubi)


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