Beobachtungen an der offenen Quelle
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2004/05
Let's open the source" oder kurz "LOTS" hiess nicht nur das Motto der ersten Veranstaltung; auch der Veranstalter selbst nennt sich so: Erst Mitte Dezember letzten Jahres gegründet, liess der Verein LOTS am 18. Februar in den Räumen des Uni-Hauptgebäudes in Bern einen Fachevent über die Bühne gehen, von der sich punkto Organisation und Themenvielfalt manche Herstellerkonferenz mit x-mal so teurem Eintritt die eine oder andere Scheibe abschneiden könnte - am LOTS-Event hatte der Besucher gerade mal 20 Franken zu bezahlen, und die Palette der Referate reichte von ziemlich technischen Themen ("MDA and executable UML") bis zu wirtschaftlichen Betrachtungen ("Warum KMU freie Software einsetzen sollten"). Ich liess mir das Vergnügen nicht entgehen und nahm teil, aus Zeitgründen leider nur einen halben Tag lang. Das reichte aber durchaus für einige interessante Beobachtungen.
Der Verein bezweckt laut Statuten die Förderung von Freier und Open-Source-Software (FOSS) in der Schweiz, indem er als neutrale Plattform die Kommunikation zwischen Entwicklern, Dienstleistern und Anwendern verbessert. Neben verschiedenen FOSS-Projekten sowie einigen Fachorganisationen treten demnach auch kommerziell tätige Unternehmen als Referenten und Aussteller auf, die mit Open-Source-Software arbeiten. Die Anwender kommen in Form der Veranstaltungsbesucher ins Spiel.
Die Umsetzung des Konzepts gelang in der ersten Ausgabe vor allem auf der Anbieterseite: Während diverse Projektpräsentationen (Beispiele: Apache Foundation, Apache Cocoon und Lenya, Mozilla, Openoffice, Plone und Xaraya) eine hervorragende Einsicht in die Funktionsweise von FOSS-Projekten boten und diverse Schweizer Dienstleister von 4teamwork bis ZSolutions die merkantile Tauglichkeit FOSS-basierter Firmenaktivitäten unter Beweis stellten, machte die Besucherschar einen vornehmlich studentischen Eindruck. Das ist angesichts des Veranstaltungsorts nicht weiter verwunderlich; dem nächsten LOTS-Event würde man sich aber gerne mehr Teilnehmer aus der Teppichetage wünschen.
FOSS ist definitiv ernst zu nehmen. Durch und durch professionell organisierte Projekte wie Apache, Plone und Xaraya beweisen, dass hier nicht einfach ein paar Hobbybastler zugange sind. Im Gegenteil: Fürs Controlling der Aktivitäten sind einzigartige Hilfsmittel wie Bitkeeper und Sourceforge im Einsatz, die solche weltweit koordinierten Projekte überhaupt erst möglich machen. Einige Projekte arbeiten zudem mit sogenannten Sprints: In mehrtägigen Treffen kommen die Kernprogrammierer zu Extreme-Programming-Sitzungen zusammen und geben dem Projekt einen Quantensprung. Die Folge: FOSS-Projekte kommen oft schneller zum Ziel als proprietäre Entwicklungen. Amateurhaftes ist da weit und breit nicht zu erkennen.
Die Schweizer FOSS-Szene lebt. Vor allem bei zahlreichen Content-Management-Projekten sind Schweizer Entwickler massgeblich beteiligt - angefangen von Apache Lenya, das hierzulande seinen Anfang nahm, noch heute von der Zürcher Firma Wyona vorangetrieben wird und zum Beispiel bei der NZZ seinen Dienst verrichtet, über das Zope-basierte, auf Intranet-Anwendungen zugeschnittene Plone bis zu Xaraya, einem der neuesten CMS-Projekte auf PHP-Basis. Interessant: Auch bei den Firmenausstellern dominierten fast ausschliesslich CMS-Produkte - offenbar nicht nur an der Internet Expo der gegenwärtige Haupttrend.
(ubi)