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Urs Binder: Keine Online-Musik für Europa

Was Napster nicht geschafft hat – der in Aussicht gestellte kostenpflichtige Relaunch lässt nach wie vor auf sich warten – kommt jetzt bei Real Systems – zumindest auf den ersten Blick.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2001/44

     

Was Napster nicht geschafft hat - der in Aussicht gestellte kostenpflichtige Relaunch lässt nach wie vor auf sich warten - kommt jetzt bei Real Systems - zumindest auf den ersten Blick. Der in den USA grossspurig angekündigte RealOne-Service ist nämlich alles andere als eine "Musiktauschbörse" wie weiland Napster.



Nein, es handelt sich laut Press Release um "die nächste Medienrevolution". Das Gesamtpaket setzt sich aus dem kostenlos downloadbaren RealOne Player - eine aufgemotzte Variante des Real Player mit dreigeteiltem Interface zum besseren Auffinden der gewünschten Inhalte - sowie zwei Content-Komponenten zusammen.


Content kostenpflichtig

Für 9 Dollar 95 erhält der RealOne-Abonnent Zugang zu den sogenannten "Premium Channels", in denen er im On-Demand-Verfahren allerlei exklusive News-, Enter- und Infotainment-Emissionen von ABCnews (Nachrichten), Allfood (Kochsendungen), AnimalChannel (alles rund ums Tier) und CBS Survivor Insider (Hintergrundinfos zu einer offenbar beliebten Survival-Serie) erhält, um nur einige zu nennen. Das klingt nett, aber Fernsehen ist sonst eigentlich gratis.



Der zweite Bestandteil des RealOne-Pakets nennt sich RealOne Music. Er ermöglicht es den Abonnenten, die dafür noch einmal 9 Dollar 95 springen lassen, "erstmals in einem kommerziellen Service qualitativ hochwertige Downloads und Streams aller Arten von Musik", die aus den Katalogen von Arista, BMG, EMI, Virgin, Warner und diversen anderen Entertainment-Giganten stammt. Für die Grundgebühr darf man monatlich hundert Titel herunterladen und 100 Streams anhören.





For US only

Wie gerüchteweise verlautet, seien die heruntergeladenen Titel nur einen Monat lang abspielbar und liessen sich weder auf CD brennen noch auf einen portablen Musikplayer laden - so zumindest die Anmerkung eines InfoWeek-Online-Teilnehmers. Dem steht allerdings der Hinweis auf das "faster CD burning" entgegen, das die RealOne-Pressemitteilung mehrfach erwähnt.



Überprüfen kann man das hierzulande vorerst nicht: Der RealOne-Service ist, vermutlich aus Urheberrechtsgründen, bis anhin ausschliesslich auf dem nordamerikanischen Kontinent verfügbar - Europa hat zu warten. Der europäische Surfer erfährt denn auch unter www.real.com nichts vom neuen Abo-Glück; nur wer unter www.realnetworks.com nachschaut, darf wenigstens die Neuerung zur Kenntnis nehmen - um dann beim Klick auf "Try RealOne today" ohne weiteren Hinweis zwangsweise und vollautomatisch zur Homepage des bisherigen Real Player 8 umgeleitet zu werden. Nicht die feine englische Art.




Überhaupt scheint RealOne eher etwas für Content-Kreatoren als für die Benutzer selbst zu sein: Die Anbieter von Inhalten werden auf den RealOne-Seiten allenthaben mit süssesten Worten umworben; die Site sprüht überdies nur so von Pressemitteilungen der RealOne-Partner, die ihre Angebote besingen. Es bleibt zu hoffen, dass sich für diese Wunder der Web-basierten Inhaltsverbreitung auch wirklich zahlende Kunden finden.




Alternative vorhanden?

Keine Kochrezepte-on-Demand, dafür Musikproduktionen unabhängiger Labels, gibt es bei Rhapsody, einem ebenfalls neuen Musikservice der von Online-Musikkatalogen und Internet-Radiostationen bekannten Firma Listen.com.



Im Gegensatz zu RealOne lässt sich Rhapsody auch in unseren Breitengraden herunterladen und in einer Minute installieren. Die Enttäuschung folgt aber sofort: Der Drei-Tage-Gratis-Trial und das anschliessende Abonnement bleiben auch bei diesem Dienst US-Einwohnern vorbehalten - der Anmeldedialog sieht unter "Country" ausschliesslich "USA" vor. Auch in diesem Fall also für uns Europäer ausser Spesen nix gewesen.



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