Urs Binder: ADSL - Now Ready for Prime Time!

Vor einigen Monaten habe ich mich über die ADSL-Technologie eher negativ geäussert: Die Angebote waren kostspielig, ausfallschwanger und hauptsächlich auf Privatkunden ausgerichtet. In der Zwischenzeit hat sich jedoch einiges getan.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2001/36

     

Vor einigen Monaten habe ich mich über die ADSL-Technologie eher negativ geäussert: Die Angebote waren anfangs kostspielig, ausfallschwanger und hauptsächlich auf Privatkunden ausgerichtet, deren mehr oder weniger legale Ton- und Bild-Downloads dank 256 oder 512 Kilobit etwas schneller als bisher über die Bühne gingen.


Heute auch für anspruchsvolle Kunden

In der Zwischenzeit hat sich einiges getan. Zum ersten gibt es ADSL zu einigermassen erschwinglichen Konditionen nicht nur bei Massenanbietern wie Bluewin und Tiscali, sondern auch bei vielen kleineren und grösseren Providern, die auch punkto Supportpolitik und Zusatzdienstleistungen am anspruchsvolleren KMU-Kunden orientiert sind.



Neben Selbstverständlichkeiten wie fixe IP-Adresse oder Basis-Download-Volumen grösser als ein Gigabit pro Monat entwickeln diese Provider Netzwerk- und Security-Konzepte, kommen auch mal ins Haus, wenn es etwas Komplexeres als bloss ein ADSL-Modem an der Single-User-Workstation zu installieren gibt und verlangen nicht vier Franken dreiundzwanzig pro Minute Beanspruchung eines oft selber hilflosen Supportmitarbeiters.




Zum zweiten vernehme ich seit einigen Wochen verschiedene Stimmen sehr zufriedener ADSL-Kunden - und zwar nicht bloss von MP3-geilen Datensaugern: Ein Mac-Händler findet sich unter den ADSL-Begeisterten ebenso wie ein IT-Security-Berater.




Providerqualität massgeblich

Diese frischgebackenen ADSL-Adepten beklagen sich weder über Mängel bei Beratung und Installation noch über irgendwelche Ausfälle, schlechte Ping-Zeiten oder nicht erreichbare
Sites. Das ist kein Wunder: Solche Missliebigkeiten haben mit der ADSL-Technologie selbst überhaupt nichts zu tun. Sie sind vielmehr ein Indikator für die Qualität des Providers - und hier gibt es gewaltige Unterschiede, sowohl in bezug auf die Sorgfalt bei der providerseitigen ADSL-Implementation als auch ganz generell.



Es fällt unter anderem auf, dass im Gegensatz zu manch anderer Branche - in Kassensturz-Vergleichstests von Joghurt bis Mückenvertilger schneiden oft die billigen Migros-Produkte am besten ab - oft die wenigen übriggebliebenen unabhängigen, regional tätigen Provider die besseren Karten haben. Zwar kostet der Anschluss deutlich mehr als beim Massen-ISP, aber sowohl der Service als auch die Dienstqualität des Internetzugangs sind besser. Warum? Ein Grund dafür mag das Verhältnis zwischen der Anzahl Abonnenten und der Kapazität der providerseitigen Backbone-Anbindung sein. Bei meinem Provider zum Beispiel sind die Leitungen zu MCI Worldcom und IP-Plus höchstens zu absoluten Spitzenzeiten bis zu 75 Prozent ausgelastet; die durchschnittliche Belastung liegt unter der Hälfte.





Bald echter Highspeed

Was mich betrifft, ist die Lage klar. Spätestens Ende Jahr werde ich definitiv meine derzeitige 128-Kilobit-SDSL-Leitung durch ADSL ersetzen. Zwar kann ich die bisher eingesetzte "Pipeline" dann nicht mehr für den Zugang verwenden; es muss ein neuer ADSL-Router her. Aber ich habe, zum etwa gleichen Preis wie bis jetzt, achtmal mehr Download- und immerhin noch doppelt soviel Upload-Speed (1 Megabit/256 Kilobit), und der ist nicht nur beim Bezug spezieller "Breitbandinhalte" von Nutzen (ein Terminus, mit dem Bluewin dieser Tage neue ADSL-Kunden gewinnen will), sondern auch beim simplen Austausch meiner oft megabytegrossen, da bildbefrachteten E-Mails. Nichts ist lästiger als minutenlange Wartezeiten vor dem erlösenden "Sie haben neue Post".



Ein Blick auf die ersten Preisankündigungen zeigt, dass sich die echten Breitbandangebote (erst ab einem Megabit pro Sekunde kann man ja wirklich von Breitband sprechen) preislich kaum an den Durchschnitts-User richten - es dürfte sich also nicht so schnell etwas an der bisher spärlichen ADSL-Penetration ändern. Bluewin und andere vor allem am Privatanwender orientierte ISPs haben folgerichtig noch gar keine 1- und 2-Megabit-Preise publiziert.




Für Kunden, die ein kleines Netzwerk ans Internet bringen wollen, sind die neuen ADSL-Kategorien jedoch ideal. Mit einer Preisspanne zwischen 150 und 250 Franken je nach Provider ist ein Megabit-Anschluss durchaus erschwinglich, zumal sich bei manchem Angebot auch das inbegriffene Datenvolumen sehen lassen kann: Mein persönlicher ISP zum Beispiel wird mir ab Dezember neun Gigabyte zugestehen - das reicht selbst bei hoher Nutzung ziemlich weit in den Monat hinein.



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