Ordnung auf der Platte: Tools für das Cloning und Partitioning
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2001/28
Sowohl das immense Platzangebot moderner Harddisks - achtzig Gigabyte sind fast schon selbstverständlich - als auch der wachsende Platzbedarf der Anwendungen - ein komplettes Office frisst einige hundert Megabyte - machen Manipulationen an Struktur und Inhalt von Festplatten immer häufiger nötig: Da ist eine Systempartition zu klein, dort wechselt man zu einer grösseren Disk, hier sollen mehrere Betriebssysteme auf dem selben PC laufen, und irgendwie scheint die Platte nicht ganz in Ordnung zu sein.
Windows selbst hält zwar für die meisten Harddisk-Arbeiten Tools mit einer gewissen Grundfunktionalität bereit. Dateien werden mit dem Copy-Befehl verschoben, und über Fdisk weiss wohl jeder etwas, der einen Blick unter die Haube seines Computers gewagt hat. Aber eben: Die Windows-eigenen Werkzeuge beschränken sich auf elementare Funktionen und eine ebenso elementare Bedienung. Die Utility-Hersteller danken es Microsoft und bieten dem fortgeschrittenen PC-Anwender eine umfangreiche Palette von Harddisk-bezogenen Hilfsprogrammen an. Wir stellen die heute gängigen Tools der Kategorien Cloning (oft auch Imaging genannt) und Partitionierung vor. Die Tabelle enthält jeweils die Einzelplatzversion; die meisten Tools sind zusätzlich in einer Enterprise-Ausführung mit erweiterten Netzwerk- und Verwaltungsfunktionen erhältlich. In einer Übersicht präsentieren wir zudem die wichtigsten Harddisk-orientierten Tool-Suiten mit ihren Hauptfunktionen.
Die eigentliche Funktion der Cloning-Tools ist rasch umschrieben: Sie dienen dazu, den Inhalt einer ganzen Festplatte oder einzelner Partitionen originalgetreu zu duplizieren. Die Kopie, auch Image genannt, wird auf eine andere Platte, in eine andere Partition oder auf ein Wechselmedium geschrieben, wo sie zu verschiedenen Zwecken genutzt werden kann.
Während des Kopiervorgangs erlauben mit Ausnahme von Backmagic alle Cloning-Tools zudem eine Reihe von Mutationen: Die Grösse der kopierten Partitionen lässt sich ändern; Partitionen können aktiviert, neu erstellt und gelöscht werden.
Damit erfüllen die Cloning-Tools auch gleich einen Grossteil der Funktionen reiner Partitionierungs-Tools - aber eben nicht alle: Der Cloning-Vorgang - dies ist ja auch sein eigentlicher Zweck - erstellt in jedem Fall eine Kopie der in Frage stehenden Partition, die separat zwischengespeichert wird. Zur Änderung der Grösse einer Partition muss diese also zunächst in eine Image-Datei kopiert, dann gelöscht und in der neuen Grösse zurückkopiert werden. Spezialisierte Partitionierungswerkzeuge dagegen erlauben die Änderung der Partitionsgrösse in einem Schritt "vor Ort".
Ebenfalls nur rudimentär unterstützt ist das Konvertieren von Filesystemen, zum Beispiel von FAT16 auf FAT32 oder NTFS. Auch dafür bieten die speziellen Partitionierungs-Tools mehr Möglichkeiten.
Zwar sind Cloning-Tools prinzipiell auch für die Datensicherung geeignet: Sie erstellen eine genaue Kopie des Harddisk-Inhalts und gestatten die Archivierung auf Wechselmedien, wobei sich grosse Images auf mehrere Medien verteilen lassen (Splitting). Aber: Obwohl einige Tools die Extraktion einzelner Dateien aus einem Image und damit eine gezielte Restaurierung erlauben, wird prinzipiell die ganze Partition oder sogar die gesamte Harddisk kopiert.
Auch die Möglichkeit, Differenz-Images anzulegen, die nur die Unterschiede zur vorher gesicherten Version enthalten, kommt nicht an waschechte Backup-Software mit ihren ausgefeilten Versionierungs- und inkrementellen Backup-Features heran. Und Fragmentierungsprobleme werden durch einen Image-Restore auch nicht behoben: Zurückgespielt wird eine sektorweise Kopie der Harddisk und nicht eine Folge von Dateien, die im Fall eines echten, dateiweise gesicherten Backups wieder in unfragmentierter Form auf eine leere Partition geschrieben würden.
Cloning-Tools können Backup- und Defragmentierung-Software also nicht ersetzen. Sie eignen sich aber für verschiedene wichtige Aufgaben:
Kopieren bestehender Festplatten bei Hardwarewechsel: Soll in einen PC eine grössere Harddisk eingesetzt oder der bestehende PC durch einen neuen ersetzt werden, lässt sich der gesamte Festplatteninhalt mit einem Cloning-Tool schnell in Originalqualität wieder herstellen. Dazu werden entweder beide Festplatten für den Kopiervorgang temporär im gleichen Computer betrieben, oder man verbindet die PCs per Kabel-Direktverbindung beziehungsweise übers LAN (Single-Casting oder Peer-to-Peer-Kopie).
Sicherung der Systemkonfiguration vor Installation neuer Software: Um den PC nach einer missglückten oder letztendlich doch unerwünschten Software-Installation wieder in den ursprünglichen Zustand zu bringen, spielt man einfach ein unmittelbar vor der Installation erstelltes Image ein. Das Resultat ist eine lupenreine Rückkehr ohne die DLL- und Registry-Leichen, die von den meisten Deinstallationsroutinen zurückgelassen werden.
Rollout mehrerer PCs mit identischer Konfiguration: Installation einmal anfertigen, ausgiebig testen und dann vervielfältigen. Die Enterprise-Versionen einiger Tools erlauben auch die Verteilung des Image an mehrere Computer übers Netz (Multicasting) sowie die automatische Personalisierung der einzelnen Systeme.
Das einfachste Produkt ist Backmagic 2.0: Es ist ein reines Cloning-Tool ohne Partitionierungsfunktionen und arbeitet auf der DOS-Ebene mit einer eigenen Kommandosprache. Damit lassen sich recht komplexe Kopiervorgänge automatisieren; auf der anderen Seite erfordert bereits die Sicherung einer Disk mit mehreren Partitionen ein Script. Der integrierte Script Wizard erleichtert dabei die Scripterstellung. Das Generieren von Bootdisketten, die beim Restore auf ein jungfräuliches System übers Netz benötigt werden, ist in das separat, aber kostenlos erhältliche Utility NetBoot ausgelagert. Zwei Spezialitäten von Backmagic sind die Manifold Disk Compression, die mehrfach vorhandene Dateien und identische Sektoren erkennt und damit eine optimale Kompression der Image-Datei erreicht, sowie die Möglichkeit inkrementeller Sicherungen.
Paragon Drive Backup 5.0 kommt sowohl in der Windows- als auch in der DOS-Variante mit übersichtlicher grafischer Oberfläche daher und bietet, ausser der Grössenänderung, integrierte Funktionen zur Partitionsverwaltung. Im Lieferumfang enthalten ist ein Utility zum Erstellen von Bootdisketten. Die ebenfalls erhältliche Enterprise-Version bietet zusätzlich Grössenänderung von Partitionen auf Netzwerk-Festplatten und erlaubt Multicasting.
Die Personal Edition von Norton Ghost 2001 basiert auf dem Enterprise-Sofwareverteilungstool Symantec Ghost und lässt das direkte Brennen von Images auf CD zu. Das Produkt unterstützt neben FAT- und NTFS-Filesystemen auch Linux ext 2. Das eigenständige, befehlszeilenorientierte Utility GDisk dient der Partitionsverwaltung; gezielte Grössenänderung ist allerdings nicht möglich. Ebenfalls enthalten: Ghost Explorer, womit einzelne Dateien und Verzeichnisse per Drag&Drop aus einem Image restauriert werden können. Für die Direktduplizierung zwischen zwei PCs bietet Norton Ghost die vielfältigsten Optionen: Neben Peer-to-Peer-Übertragung über IP-LAN kann der Disk-Inhalt auch via USB- oder Parallelkabel übertragen werden.
Drive Image 4.0 von Powerquest, unser Produkt des Jahres 2000 in der Kategorie Utilities, wartet mit hoher Geschwindigkeit und freundlicher Oberfläche auf. Die SmartSector-Technologie garantiert, dass bei der Image-Erstellung nur Sektoren kopiert werden, die tatsächlich Daten enthalten. Auch Drive Image erlaubt die selektive Wiederherstellung einzelner Dateien. Mitgeliefert wird ausserdem der DataKeeper, der die automatische Backup-Erstellung unterstützt.
DriveCopy ist die günstige Alternative zu Drive Image im Fall eines Hardwarewechsels: Dieses Powerquest-Utility bietet als einzige Funktion die Übertragung des gesamten Inhalts von einer Harddisk auf eine andere - Partitionsverwaltung und Sicherung auf Wechselmedien sind nicht Sache von DriveCopy. Es werden Festplatten bis 80 Gigabyte unterstützt. Für den Restore-Vorgang müssen keine Bootdisketten erstellt werden; die Bootinformationen sichert DriveCopy in einer "virtuellen Diskette" auf der Harddisk.
Eine Partition ist ein logisch völlig von den anderen Partitionen getrennter Teilbereich einer Harddisk: Die Partition kann vom Betriebssystem separat formatiert werden und erscheint als eigenständiges Laufwerk. Es gibt viele Gründe, eine Festplatte in mehrere Partitionen zu unterteilen - und je mehr Platz die Platte insgesamt bietet, desto eher wird man sie partitionieren wollen:
Beschränkungen im Betriebssystem: Nicht jedes Windows unterstützt Partitionen beliebiger Grösse - siehe Tabelle. Nur schon, um eine grosse Harddisk überhaupt vollumfänglich nutzen zu können, muss sie in mehrere Bereiche eingeteilt werden. Unabhängig von dieser betriebssystemseitigen Einschränkung kann es noch weitere Fallen geben: Auch das BIOS älterer PCs wird mit grossen Harddisks eventuell nicht fertig; deshalb liegen den Festplatten oft Sector-Translation-Utilities bei, die das Problem beheben, indem sie dem BIOS eine kleinere Disk vorgaukeln - das Betriebssystem erkennt dann trotzdem die volle Grösse. Achtung: Der Einsatz solcher Utilities ist wirklich nur in alten PCs der Vor-Pentium-III-Ära nötig, und sie funktionieren nicht mit allen Betriebssystemen.
Installation mehrerer Betriebssysteme: Sollen auf einem PC abwechselnd verschiedene Betriebssysteme genutzt werden, zum Beispiel Windows 2000 und Linux, ist die Einteilung in Partitionen unerlässlich. Mit den integrierten Boot-Managern erlauben die Partitionierungs-Tools die bequeme Wahl des Systems bei jedem Aufstarten des PC.
Trennung von Systemdateien und Anwenderdaten: Für einen sauberen Betriebssystem-Update formatiert man die Systempartition und installiert das Betriebssystem komplett neu. Die vom Anwender erstellten Dokumente werden davon nicht tangiert. Die Trennung von System und Anwenderdaten führt auch zu einer gewissen Leistungssteigerung und hilft, Beschädigungen an den Systemdateien zu vermeiden.
Harddisk-Platz sparen: Kleinere Partitionen arbeiten mit kleineren Default-Cluster-Grössen. Vor allem bei zahlreichen kleinen Dateien lässt sich durch eine Reduktion der Cluster-Grösse viel Platz einsparen: Pro Cluster kann nur eine einzige Datei gespeichert werden. Kommt zum Beispiel eine Vier-Kilobyte-Datei auf einen 64-Kilobyte-Cluster zuq liegen, gehen 60 Kilobyte Plattenplatz ungenutzt verloren. Von Vorteil ist auch ein Wechsel von FAT16 zu FAT32: Das 32-Bit-Filesystem, das seit Windows 95 OSR2 implementiert ist, verwendet durchwegs kleinere Cluster.
Datensicherheit: In Windows 2000 kann eine Partition mit der EFS-Funktion (Encrypted File System) verschlüsselt werden. Besonders sensitive Dateien lagert man am besten auf einer separaten EFS-Partition; weniger Geheimes sowie System und Programme dagegen aus Performancegründen auf gewöhnlichen Partitionen.
Schnellere Defragmentierung, schnelleres Backup: Wenn System und Anwenderdaten auf verschiedenen Partitionen liegen, können die Bereiche einzeln defragmentiert und gesichert werden. Eine mögliche Strategie: Die für die Funktion des Computers wichtige Systempartition mit Defragmentier-Tool optimieren; die Anwenderpartition dagegen in einem Backup sichern, formatieren und wiederherstellen - das geht in vielen Fällen schneller.
Eine Warnung vorweg: Die im folgenden beschriebenen Tools wirken wahre Wunder. Insbesondere das Vergrössern einer bestehenden Partition ohne Neuformatieren der Harddisk ist verlockend - jeder PC-Anwender weiss, wie schnell sich zum Beispiel die Systempartition mit DLLs füllt, wenn immer neue Programme erstellt und dauernd im Internet gesurft wird. Man erstelle aber unbedingt vor jeder Manipulation an der Harddisk-Struktur ein Backup, am besten gleich ein Gesamt-Image per Cloning-Tool. So ist man vor Fehlern sicher, die trotz ausgereifter Software passieren können, man denke nur an einen Stromausfall während des Umpartitionierens.
Paragon Partition Manager unterstützt in der fünften Version auch Windows 2000 und enthält einen NTFS-FAT-Konverter. Das Programm offeriert seine Funktionen in einer übersichtlichen Oberfläche, arbeitet zufriedenstellend und unterstützt beliebig grosse Disks. Neben dem Partition Manager bietet der Hersteller auch ein Paket namens Festplatten Manager an, das zusätzlich Tools für Cloning und vollständige Datenlöschung (Disk Wiper) enthält.
System Commander 2000, so Hersteller V-Communications, macht die Vorbereitung des Computers für ein neues Betriebssystem mit dem OS Wizard besonders einfach. Er unterstützt alle PC-konformen Betriebssysteme - neben DOS, sämtlichen Windows-Varianten und Linux auch Solaris. Weitere Highlights sind BackStep, eine Undo-Funktion, mit der eine bereits erfolgte Partitionierung wieder rückgängig gemacht werden kann, und TrueDOS, mit dem auch unter Windows Me ein DOS-Prompt zur Verfügung steht. Der ebenfalls erhältliche Partition Commander verfügt nur über einen abgespeckten Funktionsumfang. Der Hersteller hat jedoch mit der Suite DriveWorks auch ein Gesamtpaket, das neben Partitionierung auch Cloning und Disk-Copy bietet.
Partition Magic von Powerquest, in den nächsten Wochen in der neuen Version 7 verfügbar, ist das Paradepferd unter den Partitionierungs-Tools. Zu den besonders interessanten Funktionen gehört eine Windows-ähnliche Verzeichnisstruktur mit Mehrfachansicht und Drag&Drop-Manipulation der Partitionen, das Aufteilen einer bestehenden Partition in zwei Teile und die Wiederherstellung einer gelöschten Partition, falls sie noch nicht überschrieben wurde. Partition Magic unterstützt sämtliche gängigen Partitionstypen: FAT16, FAT32, NTFS, HPFS, Linux ext 2 und Swap und bietet umfangreiche Möglichkeiten zur Konversion zwischen den verschiedenen Dateisystemen und Partitionstypen.