Der Tablet mit dem gewissen Touch

Der erste Tablet-PC von Dell kann überzeugen. Insbesondere der kapazitive Touchscreen des Latitude XT hat es in sich, auch wenn die Dual-Touch-Funktion zwar möglich wäre, aber noch fehlt.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2008/08

     

Tablet-PCs sind eigentlich etwas ganz Bequemes, tragbare Notizblöcke quasi, die man per Stift oder Finger direkt auf dem Bildschirm bedienen kann, auch im Stehen oder Gehen. Convertibles, eine Form der Tablet-PCs, lassen sich sogar auch als «normale» Notebooks nutzen und verfügen über eine vollständig integrierte Tastatur. Trotzdem ist diesen Geräten bis heute der grosse Durchbruch vorenthalten geblieben. Ihr Marktanteil ist immer noch relativ klein.



Woran liegt das? Einerseits am vergleichsweise hohen Preis, andererseits war die Bedienung der Geräte bis anhin noch nicht überragend. Durch das Aufkommen der Ultra Mobile PCs (mit Touch-Bedienung), dank Betriebssystem-Weiterentwicklungen wie beispielsweise Windows Vista, das die Funktionalität für Tablet-PCs erweitert hat, und durch neue Bedienkonzepte à la iPhone könnte sich die Anzahl von Tablet-PC-Usern in den nächsten Jahren aber deutlich vergrössern.
In einer Marktübersicht in der InfoWeek-Ausgabe 06/2008 haben wir deshalb einmal sieben aktuelle Tablet-PCs beziehungsweise Convertibles näher vorgestellt. Unter den Geräten stach einer heraus: Dells erster Tablet-PC, der Latitude XT. Er verfügt nämlich über ein innovatives Bedienkonzept mit kapazitivem Touchscreen und Multi-Touch-Funktion. Wir haben getestet, wie ausgereift das Konzept ist und was der Erstling sonst noch bietet.


Dünn und leicht soll er sein

Lange hat die Testredaktion auf den Latitude XT von Dell gewartet, der letzten Dezember angekündigt wurde. Und um es vorneweg zu nehmen: Das Warten hat sich gelohnt. Aber beginnen wir am Anfang. Dell preist den Latitude XT als den flachsten 12,1-Zoll-Convertible-Tablet-PC auf dem Markt an. Das hat bereits unsere vorletzte, erwähnte Marktübersicht bestätigt. Der Tablet ist tatsächlich kaum dicker als beispielsweise ein normales MacBook. Möglich ist das, weil der Latitude XT kein integriertes optisches Laufwerk hat. Zum Test mitgeschickt wurde dafür die MediaBase von Dell, die neben einem 8fachen DVD-RW-Laufwerk noch diverse zusätzliche Anschlussmöglichkeiten bietet. Allerdings nimmt dadurch natürlich die Dicke des Tablets sofort zu. Und auch das Gewicht.


Apropos: Die von Dell angegebenen 1,61 Kilogramm wiegt der von uns getestete Latitude XT, auch ohne MediaBase, nicht. Er fühlt sich in der Hand deutlich schwerer an, als man vermutet hat. Die paar zusätzlichen Gramm vergisst man nach ein paar Testminuten aber.



Weiter hat Dell in der Produktelancierung das innovative Design gelobt. Betrachtet man das Gerät genau, so fällt einem vor allem etwas auf: Es wirkt nüchtern, Business-like halt. Dank einer rauen Metallic-Oberfläche, die das Design bestimmt, ist der Latitude vor Kratzern sicher. Das Gehäuse und der Tablet an sich sind sehr stabil verbaut.
Den einzigen Schwachpunkt, den wir dem Gerät in dieser Sparte anlasten können, liegt beim Display. Da es sich beim Latitude XT um einen Convertible handelt, dürfte Folgendes nicht sein: Beim Drehen des Displays, das übrigens nur in eine Richtung möglich ist, stellt man fest, dass es im Notebook-Zustand nicht so stabil ist. Das heisst, es wackelt, es fehlt eine Einrastfunktion. Das bemerkt man auch beim Schliessen des Gerätes: Die Verschlussmechanik funktioniert ab und zu nicht, weil das Display nicht ganz genau passt und noch ein bisschen verdreht ist.


Multi-Touch möglich, aber ...

Während die äusseren, mechanischen Funktionen des Displays nicht restlos überzeugen, so tun es seine «inneren Werte». Das 12,1 Zoll grosse WXGA-Display bietet eine Auflösung von 1280x800 Pixeln und ist dank einer LED-Hintergrundbeleuchtung sehr hell und gut lesbar, auch aus ganz verschiedenen Betrachtungswinkeln. Jedoch musste man die Standard-Helligkeit je nach Situation deutlich erhöhen, in der Regel fast auf das Maximum. Allerdings gäbe es auch noch eine hellere Version mit 400 cd/m² anstelle der 220 cd/m² im Testmodell.


Bedient werden kann der Dell-Tablet im Notebook-Zustand mittels einer standardmässigen Tastatur, unterstützt durch ein Touchpad, das allerdings etwas klein geraten ist, was die Navigation damit etwas erschwert. Oft rutscht man an den oberen Rand und muss den Finger neu ansetzen. Ebenfalls vorhanden ist ein Trackpoint.



Aber eigentlich ist das Latitude XT ja mehr Tablet als Notebook – übrigens dreht sich der Screen beim Wechsel automatisch mit. Und dort spielt das Gerät seine grossen Stärken aus: Das Display bietet nämlich im Gegensatz zu Konkurrenten kapazitive und nicht nur restitive Touch-Möglichkeiten. Konkret bedeutet das, dass das Display eine Multi-Touch-Bedienung à la iPhone ermöglicht. Dafür sorgen soll, neben der Hardware, eine von N-Trig entwickelte Technologie. Aber: Multi-Touch konnte man noch nicht testen. Das Gerät wäre zwar fähig dazu, die nötigen Treiber und die Software sind aber noch nicht vorhanden, sie sollen demnächst kommen.


Mit Finger und Stift zugleich

Bedient werden kann der Latitude XT mit dem Finger oder einem Stift. Man kann beide Eingabemöglichkeiten gleichzeitig nutzen, was Sinn macht, aber auch die eine oder andere deaktivieren. Wozu das gut ist, zeigte sich im Test: Bei intensivem Abwechseln der beiden Methoden kam es in einem Fall, bei dem das System sonst schon viel zu tun hatte, zu Verzögerungen und dadurch zu falschen Klicks.



Beim ersten Aufschalten des Tablets empfiehlt es sich, sich mit den beiden Methoden vertraut zu machen. Dafür gibt es Trainingsprogramme. Zudem lassen sich sowohl Stift- wie Handeingabe personalisieren, sprich anpassen. Zum Stift, der zwei Tasten hat (klicken und löschen) liefert Dell zudem zwei verschiedene Arten von Spitzen mit, eine feinere und eine härtere. Im Test schnitt die feinere besser ab, mit ihr liess es sich geschmeidiger über das Display gleiten. Trotzdem tauchten auch hier gelegentlich leise Quietsch-Geräusche auf. Übrigens muss man das Display an sich gar nicht berühren: Es erkennt, wenn sich der Stift ein paar Millimeter über dem Display befindet. Das ist nett, führte aber im Test da und dort zu Fehlklicks.


Der moderne Notizblock

Die Texteingabe funktioniert im Tablet-Modus mit dem Stift auf drei verschiedene Arten. Und zwar erscheint an den Orten, wo Text hin soll, automatisch ein Input-Panel, wo ich dann zwischen drei Modi auswählen kann: Entweder nutze ich eine virtuelle Tastatur, die ich einblenden lassen kann, oder eine «Freistil-Box», wo ich die Wörter aneinandergereiht schreiben kann, oder ich schreibe durch eine Eingabemaske, in der ich die Buchstaben in Blockschrift schreibe. Im Test stellte sich letztere als mühsamste heraus. Für den Start ist sicher die virtuelle Tastatur empfehlenswert.

Leider ist sie aber etwas klein, was vor allem die zusätzlich mögliche Bedienung per Finger erschwert. Nach ein bisschen Übung ist aber die eigentliche Stifteingabe, die von uns «Freistil-Box» genannt wurde, die beste. Sie ist recht intelligent und erkennt auch weniger schöne Handschriften. Laut Dell soll sie auch lernfähig sein.



Zwar kein spezielles Feature des Tablets, aber am Rande doch bemerkt: Besonders interessant, um Notizen anzulegen, sind die beiden Programme Sticky Notes und Windows Journal. Mit ihnen wird der Latitude XT definitiv zum Notizblock. Beide Programme funktionierten auf dem Dell-Gerät wunderbar und machen Spass.


«Flicker» erstellen

Wenn sich Geräte mit dem Finger bedienen lassen, so heisst das nicht immer etwas Gutes. Manchmal ist es nämlich nur ein nettes Zusatz-Feature. Bei Dell ist das nicht so, hier hat man voll auf die Touch-Bedienung gesetzt. Das merkt man im Test sofort. Man navigiert sich mit dem Finger sehr präzis und schnell durch die Menüs von Windows Vista und den anderen Programmen. Nur die kleinen System-Tray-Icons sind sehr schwer anzuklicken. Dafür nimmt man lieber den Stift.
Wie gut das kapazitive Display ist, zeigt sich insbesondere beim Surfen oder in Bildergalerien:
Man kann nämlich so genannte «Flicks» erstellen. Konkret kann ich verschiedenen Tastenkombina­tionen Fingerbewegungen zuweisen.

Im Test wiesen wir zum Bei­spiel der Bewegung «Finger nach rechts ziehen» die Tastenkombination «ALT & F4» zu, um die verschiedenen Anwendungen schnell und einfach zu beenden. Eine weitere getestete Zuweisung war «CTRL & +» für «Finger nach rechts ziehen». Damit konnte man nun Bilder oder Websites mit einer Bewegung vergrössern und mit der Gegenkombination natürlich genauso wieder verkleinern. Alles funktioniert flüssig, ohne Verzögerungen. Insgesamt gibt es acht Bewegungsrichtungen, die man mit Funktionen belegen kann. Alleine diese Spielereien zeigen, wie viel Potential man bei Dell in dieser Richtung noch hätte.


Mini-Akku-Ladegerät

Neben all den Bedienungs-Features möchten wir natürlich auch noch ein paar andere Punkte aufgreifen. Insbesondere der Akku ist bei Tablets und Notebooks immer ein Thema. Dell gibt für den Latitude XT einen Wert von bis zu 9,5 Stunden an. Ob der erreicht werden kann, konnten wir leider nicht testen, da man dazu einen optionalen Zusatzakku benötigt, den man unten ans Gerät befestigen kann. Aber auch ohne Extra-Power und mit einem Lithium-Ionen-Hauptakku mit 6 Zellen erreichte unser Testgerät einen ordentlichen Wert. Im vordefinierten Powerplan «Dell recommended» – weiter gibt es noch Power Save und High Performance – hielt er rund vier Stunden. Und das trotz Windows Vista Business (optional gibt es auch Windows XP Tablet-Edition 2005 oder Vista Ultimate). Noch kurz etwas zum Aufladen des Akkus: Das geschieht mit einem mitgelieferten, extrem kleinen 45-Watt-Netzteil.



Zu der guten Akkuleistung trägt bestimmt der im Testgerät verbaute Intel-Core-2-Duo-Prozessor U7600 (1,2 GHz, 2 MB L2-Cache, 533 MHz FSB) bei, der übrigens den Tablet ordentlich antreibt und auch bei grösseren Anforderungen genug Speed bietet. Unterstützend wirken dabei natürlich auch die im Testgerät verbauten 2 GB Systemspeicher (maximal möglich: 3 GB). Davon zehrt die Grafikkarte, eine ATI Radeon Xpress 1250, die bis zu 896 MB nutzt und für ruckelfreie Bilder sorgt. Auch nicht ohne ist die verbaute 120 GB grosse 1,8-Zoll-PATA-Festplatte mit 5400rpm von Samsung. Sie ist die grösste erhältliche HD und sehr leise. Optional, aber sehr teuer, stattet Dell seine Latitude XTs auch mit Solid-State-Disks mit bis zu 64 GB aus.


Eine heisse Sache

Weniger toll als die Leistungswerte ist die daraus resultierende Wärmeentwicklung des Latitude XT. Im oben beschriebenen Normalgebrauch wurde das Gerät bereits nach wenigen Minuten recht warm, schon fast heiss. Bei einem Notebook, das man oft auf einem Tisch liegen hat, mag das gehen. Aber für einen Tablet, der dafür da ist, um auch einmal auf dem Schoss oder auf dem Arm im Gehen benutzt zu werden, ist es doch recht unangenehm. Hier sei aber auch gleich das grosse Plus erwähnt: Auch in voller Auslastung läuft das Latitude XT äusserst leise.


Abschliessend sei noch erwähnt, dass Dells Latitude XT über unzählige Anschlussmöglichkeiten verfügt (mit der MediaBase werden es noch mehr). Insgesamt gibt es drei USB-2.0-Stecker, was ganz praktisch ist, einen Fire-Wire-Port, VGA-Anschluss, SD-Slot, etc.



Auch die Konnektivität ist hervorragend. Vorhanden waren in unserem Testgerät eine Gigabit-Ethernet-Netzwerkkarte, eine WLAN-802.11a/g-Dual-Band-Mini-Karte, eine Bluetooth-2.0-Karte und eine Tri-Band-HSDPA-3.6-Minikarte. Die verschiedenen Karten konnten im Test alle auch ohne Probleme eingesetzt werden. Für den mobilen Arbeiter bietet das Latitude XT also jede gewünschte Verbindungsmöglichkeit.

(mv)


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