Serverherz für die Kommunikation

Microsofts Realtime-Communication-Strategie nimmt mit Presence Awarness, Conferencing und VoIP konkrete Formen an.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2005/21

     

Vor gut einem halben Jahr hat Microsoft ihre Plattform für die Echtzeit-Kommunikation in einer erneuerten Fassung auf den Markt gebracht, die der Unified-Communications-Vision von Bill Gates einen grossen Schritt näherkommt. Dahinter verbirgt sich die Idee, Kommunikationsmittel wie E-Mail, Instant Messaging, SMS, Telefonie und Online-Konferenzen unter einer einheitlichen Plattform zusammenzuführen. Im Mittelpunkt dieser Realtime-Communication-Plattform stehen der Live Communications Server (LCS), der serverseitig die nötige Infrastruktur bereitstellt, und der Office Communicator, der den Benutzern Zugang zu den verschiedenen Technologien ermöglicht.


Live Communications Server

Der Live Communications Server (LCS) – bisher als Enterprise-Plattform für Instant Messaging positioniert – avanciert mit der 2005er Ausgabe langsam, aber sicher zur universellen Drehscheibe für Echtzeitkommunikation. Denn neben Text-Chatting und Filetransfer bietet LCS 2005 auch Kommunikationsformen wie Audio-Übertragung, Video- und Internet-Conferencing (via Live Meeting) und Voice over IP (VoIP) an.
Um den Unternehmen den Einsatz von LCS schmackhaft zu machen, hat Microsoft ihren Messaging Server in den vergangenen Monaten um wichtige Schlüsselfunktionen erweitert. Dazu zählen die Aufzeichnung und Archivierung von Konversationen, Verschlüsselung von Nachrichten oder ein Filter, mit dem sich Instant-Messaging-Spam (SPIM) eindämmen lässt. Um Filialen und Partnerfirmen anbinden zu können, gibt es in LCS eine Federation-Funktion, mit der sich mehrere LCS-Systeme zusammenschalten lassen. Eines der zentralen Probleme des Instant Messaging war, dass die jeweiligen Instant Messaging-Clients nur innerhalb ihrer eigenen Umgebung funktionierten. So war ein Windows-Messenger-Benutzer nicht in der Lage, mit einem Anwender zu kommunizieren, der den Yahoo-Messenger einsetzte. Mit LCS lässt sich dieses Problem zumindest teilweise lösen, indem über den kostenpflichtigen Integrationsdienst Public IM Connectivity (PIC) Zugang zu einigen wichtigen Messaging-Diensten (MSN, AOL und Yahoo) geboten wird.






Mit den seit der 2005er-Ausgabe integrierten VoIP-Fähigkeiten wird deutlich, dass der Live Communications Server bereits mehr ist als eine reine Instant-Messaging-Lösung. So lässt sich LCS über entsprechende Gateways einerseits mit der firmeneigenen Telefonanlage integrieren und andererseits an das öffentliche Telefonnetz anbinden. Unterstützt werden dabei sowohl Verbindungen ins (PC-to-Phone) als auch aus (Phone-to-PC) dem öffentlichen Telefonnetz. Laut Microsoft lässt sich ein Grossteil der hierzulande eingesetzten Telefonanlagen über ein Gateway mit LCS integrieren. Um die Zusammenarbeit mit allen wichtigen Anlagen und Netzen zu gewährleisten, arbeitet der Softwarekonzern mit einer Reihe von Partnerfirmen aus dem Telekom-Umfeld zusammen.


Office Communicator 2005

Alternativ zum bisher in Windows XP integrierten Windows Messenger bietet Microsoft mit dem Office Communicator 2005 einen universell einsetzbaren Messaging Client. Mit neuen Tools sollen verschiedene Kommunikationsformen auch clientseitig unter einem Dach vereint werden. Dazu zählen neben Instant Messaging, Voice- und Video-Conferencing vor allem auch die Internet-Telefonie. Ähnlich wie bei Outlook, das als bevorzugter Client für Exchange fungiert, wird Communicator 2005 als der empfohlene Client für den Live Communications Server positioniert. Tatsache ist denn auch, dass sich das Feature-Arsenal von LCS nur mit Communicator 2005 ausreizen lässt. Hierzu gehört etwa der Zugang zu anderen Messaging-Systemen, aber auch die Nutzung der oben genannten Telefonie-Gateways des LCS. Für die Internet Telefonie stellt Microsofts neuer Messaging-Client die üblichen VoIP-Funktionen zur Verfügung. Dazu zählen das automatische Weiterleiten von Anrufen auf das eigene Mobiltelefon, das Umleiten oder Weiterverbinden von eingegangenen Telefonanrufen oder das Benachrichtigen über verpasste Gespräche per E-Mail. Zudem ermöglicht Office Communicator das schnelle Einberufen von Konferenzschaltungen. So kann eine laufende Instant-Messaging-Session ad-hoc um zusätzliche Teilnehmer erweitert werden oder auf Knopfdruck auch in eine Telefonkonferenz umgewandelt werden. Dabei wählt Office Communicator die entsprechenden Teilnehmer automatisch an und startet die notwendige Konferenzumgebung.
Bislang musste man in Windows Messenger die E-Mail-Adresse des Empfängers kennen, um diesen der Kontaktliste zufügen zu können. Communicator macht dies einfacher und bietet Zugang auf eine globale Adressliste (GAL), über die man einen gewünschten Benutzer unternehmensweit suchen kann.


Presence Awareness

Neben der Möglichkeit, direkt mit anderen Personen kommunizieren zu können, ist die sogenannte Presence Awareness der zweite wichtige Aspekt der Echtzeit-Kommunikation. Darunter versteht man die Möglichkeit, schon vorab zu sehen, ob ein bestimmter Benutzer zum aktuellen Zeitpunkt erreichbar ist. Damit lassen sich vergebliche Anwählversuche oder unerwünschte Störungen minimieren. Mit den einschlägigen Instant-Messaging-Werkzeugen war es bisher möglich, dies mit einfachen Statusmeldungen wie «online», «offline», «am Telefon» oder «in der Pause» zu signalisieren. Live Communications Server oder Office Communicator können nun detailliertere Angaben zum Abwesenheitsstatus liefern. So kann ein Benutzer beispielsweise einstellen, dass er gerade «besetzt» ist, in dringenden Angelegenheiten aber gestört werden darf. Ähnlich wie in Outlook erlaubt es Communicator 2005, «Out of Office»-Nachrichten zu aktivieren. Ausserdem wurde Communicator mit Outlook und Exchange soweit integriert, dass unter Outlook eingerichtete «Out of Office»-Nachrichten auch direkt in Communicator angezeigt werden.






Künftig wird der allgemeine Trend dahin gehen, dass nicht nur der Status des Benutzers, sondern auch der aktuell verwendete Gerätetyp und die darauf zur Verfügung stehenden Kommunikationstechnologien angezeigt werden. Ist er Adressat beispielsweise gerade nur per SmartPhone erreichbar, wird eingeblendet, dass im Moment nur Text- und Audio-Chat, aber keine Video-Kommunikation zur Verfügung stehen. In Zukunft wird die Integration zwischen Presence Awareness, Instant Messaging und VoIP sogar soweit gehen, dass der Benutzer nur noch den gewünschten Empfänger anwählen muss und das Kommunikationssystem automatisch die optimalste Verbindung zum Teilnehmer aufbaut.


Integration mit Office

Instant Messaging, VoIP und Presence Awareness lassen sich nicht nur mit einem Client wie Office Communicator nutzen, sondern stehen auch in zunehmendem Mass direkt in Office-Anwendungen zur Verfügung. So wird beispielsweise bereits in der aktuellen Outlook-Version im «Von»-Feld einer Nachricht nicht nur der Name des Absenders eingeblendet, sondern via LCS auch gleich der Online-Status des Users angezeigt. Bei allfälligen Rückfragen zur eingetroffenen Mail kann dann auf Knopfdruck Kontakt mit dem Verfasser aufgenommen werden. Auch in anderen Office-Anwendungen wie beispielsweise SharePoint, Word oder Excel stehen bereits an vielen Stellen Instant-Messaging- und Presence-Awareness-Funktionen bereit.


Zukunftsaussichten

Ganz nach dem Vorbild von Outlook Web Access plant Microsoft, auch Office Communicator in einer Web-Variante auf den Markt zu bringen. Anwender werden dadurch auch von unterwegs via Internet auf ihre Instant-Messaging-Dienste zugreifen können. Office Communicator Web Access befindet sich derzeit noch im Betastadium und wird in den kommenden Monaten als Add-On zum Live Communications Server auf den Markt kommen.
Microsoft plant zudem auch, eine mobile Variante des Communicators für auf Windows-Mobile-basierende Smart Phones und PDAs auf den Markt zu bringen. Neben den standardmässigen Instant-Messaging-Funktionen soll Communicator Mobile LCS-Usern unter anderem auch VoIP-Telefonate über firmeninterne Drahtlos-Netzwerke (WiFi) ermöglichen. Die mobile Communicator-Version befindet sich ebenfalls im Betatest und dürfte im Laufe des
1. Halbjahres 2006 auf den Markt kommen.
In künftigen Versionen von Office und Live Communications Server soll die VoIP-Funktionalität nochmals deutlich angehoben werden. Insbesondere plant Microsoft, die
e-Phone-Technologie des Schweizer Internet Telefonie-Spezialisten Media-Streams – den die Redmonder Anfang November übernommenen haben – in die Client- und Server-Produkte der Office-Plattform einfliessen zu lassen.


Teleo soll MSN um VoIP erweitern

Vor rund drei Monaten hat Microsoft die VoIP-Firma Teleo übernommen. Das noch junge Startup-Unternehmen ist auf Software und Dienste spezialisiert, um VoIP-Gespräche ins normale Telefonnetz zu ermöglichen. Mit der Übernahme planen die Redmonder, ihre MSN-Dienste um Telefoniefunktionen zu erweitern, so dass man VoIP künftig direkt aus MSN Messenger und anderen Microsoft-Client-Produkten wird nutzen können. Mit der Übernahme reagiert Microsoft offensichtlich auf die zunehmende Popularität von Skype, die mittlerweile von eBay geschluckt wurde, und auf Google, die mit Google Talk ebenfalls ins VoIP-Rennen eingestiegen ist. Obwohl der Teleo-Dienst vorerst ausschliesslich für den Ausbau des MSN-Angebots und damit für den Consumer-Markt gedacht ist, wäre in absehbarer Zukunft auch eine Anbindung an den Live Communications Server denkbar. Dadurch würde der VoIP-Dienst von MSN auch aus Firmennetzwerken mit Office Communicator nutzbar.




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