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Web Services: Wo bleibt die Killerapplikation?

Der Grund, warum ich bislang noch nie mit einem aufklärenden Beispiel einer Killerapplikation aufwarten konnte, ist einfach: Es gibt sie nicht.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2003/19

     

Immer wieder werde ich gefragt, welches denn die Killeranwendung bei den Web Services sei? Jedesmal, wenn ich versuche darauf eine passende Antwort zu geben, verstricke ich mich in verwirrenden Erklärungen, die von der branchenweiten Einigkeit bei den Web-Service-Spezifikationen über die Integration von Anwendungen innerhalb heterogener Umgebungen bis hin zu Workflow- und Business-Process-Management reichen.



Meine Ausführungen wurden zwar - wohl aus reiner Höflichkeit - immer mit einem dankenden Nicken quittiert, der etwas konfuse Gesichtsausdruck des Adressaten deutete jeweils auf ein unmissverständliches "Mission failed"-Signal hin. Der Grund dafür ist wohl, dass ich zwar immer mit technischen Ausführungen die Vorteile und Möglichkeiten beim Einsatz von Web Services aufzählen kann, das Benennen einer konkreten Anwendung, die den Business-Value dieser Technologie quasi von selbst erklärt, jeweils aber schuldig bleibe. Mittlerweile ist mir auch klar geworden, warum ich bislang noch nie mit einem aufklärenden Beispiel einer Killer-Applikation aufwarten konnte. Die Antwort ist schlicht und einfach: Es gibt sie nicht.




Lassen Sie mich hier zur Erklärung etwas ausholen: SOAP, die Kerntechnologie der Web Services lässt sich am ehesten mit TCP/IP vergleichen, das vor rund 10 Jahren als Enabling-Technologie für das Internet für Furore gesorgt hat. SOAP wie auch TCP/IP sind Standards für die Infrastruktur, die von der ganzen IT-Branche akzeptiert werden. Und analog wie TCP/IP die universelle Connectivity zwischen Geräten ermöglicht, verspricht SOAP durchgängige Kommunikation zwischen Applikationen. Beides sind äusserst nützliche Infrastrukturtechnologien, die aber für sich alleine betrachtet, noch keinen Business-Nutzen bringen. Der Durchbruch solcher Technologien kommt erst mit darauf aufbauenden Anwendungen, die klare Wettbewerbsvorteile wie beispielsweise geringere Kosten, mehr Effizienz oder besserer Service bringen.



Bei TCP/IP stellten unter anderem E-Mail, das Usenet oder das Web solche Killeranwendungen dar, die für die durchschlagende Verbreitung dieses Kommunikationsprotokolls sorgten. Ganz so einfach wie bei TCP/IP ist es bei den Web Services jedoch nicht. Denn der Nutzen schlummert hier in den bereits vorhandenen Applikationen. Web Services stellen lediglich die Enabling-Technologie zum Zusammenführen dieser Anwendungen - wie beispielsweise E-Shop, ERP-System, CRM oder Finanzbuchhaltungssoftware - zur Verfügung und ermöglichen dadurch, deren Potential vollständig auszuschöpfen. Mit proprietären Adaptern ist die Integration zwischen verschiedenen Systemen schon bis anhin möglich, dies war jedoch meist mit hohen Kosten verbunden. Die Integration mit SOAP wird aber in der Regel deutlich preiswerter und universeller sein. Und da künftig jeder mit jedem kommunizieren kann, steigt der Wert der vorhandenen Software-Infrastruktur mit jeder hinzugefügten Web-Service-Schnittstelle.
Wie heute TCP/IP werden SOAP und seine ergänzenden Web-Service-Spezifikationen in einigen Jahren allgegenwärtig sein. Softwareapplikationen kommen dann standardmässig mit
SOAP Schnittstellen und lassen sich dadurch mit geringem Aufwand mit anderen Systemen koppeln. Das ist zwar keine Killeranwendung, aber eine verheissungsvolle Killerperspektive.




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