Durch dick und dünn mit smarten Clients


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2004/03

     

Web-basierte Clients haben in den vergangenen Jahren einen regelrechten Boom erlebt. Der Grund: Die dünnen, auf dem Browser beruhenden Client-Anwendungen machen einige gewichtige Defizite ihrer fetten Kontrahenten, den Rich Clients, wett. So bieten die schlanken Web-Applikationen dank ihrer zentralen Architektur Vorteile bezüglich Installation und Wartung, stellen geringere Anforderungen bezüglich Hardware-Power und bieten ein grosses Mass an Plattformunabhängigkeit. Trotz der vielen Vorzüge ist das Web-Modell aber alles andere als perfekt, denn im Gegensatz zu den Fat Clients verlangen die leichtgewichtigen Front-ends nach einer permanent stehenden Netzwerkverbindung und warten wegen ihren Einschränkungen bezüglich der User-Interface-Gestaltung und den oft trägen Antwortzeiten mit einer nur mässigen User Experience auf.



Seit einigen Monaten propagieren Marktforscher und Hersteller ein neues Client-Modell, das das Beste aus der dicken und dünnen Client-Welt vereinen soll. Demnach werden sogenannte Smart Clients - von Gartner auch Hi-Fidelity-Client und von Macromedia Rich Internet Client genannt - einen Mischbetrieb aus Online- und Offline-Modus unterstützen, die User Experience der herkömmlichen Rich-Clients zurückbringen, eine zentrale Verwaltung und einfaches Deployment bieten sowie die lokal vorhandene Rechenpower besser ausreizen. Ein wichtiges Kernelement des Smart-Client-Modells ist deren Einbettung in Server-orientierte Architekturen (SOA). Statt wie bei den fetten Clients eine Unmenge von Applikationslogik in die Anwendung zu stecken, können Smart Clients wichtige Funktionen per Web Services konsumieren, um selber möglichst schlank zu bleiben. Parade-Beispiel für eine bereits verfügbare Smart-Client-Anwendung ist das Workgroup-Werkzeug Groove, das für die Team- und Kollaboration-Funktionen mit einem zentralen Server per Web Services interagiert und dem Benutzer eine freundliche Umgebung und einen Offline-Modus zur Verfügung stellt.




Microsoft und Macromedia sind die zwei Hersteller, die das Smart-Client-Modell am stärksten promoten. So preisen die Redmonder ihr .Net schon seit längerem als Smart-Client-Plattform an. Ausserdem wird der Softwareriese bei seiner nächsten Windows-Version mit neu integrierten Technologien wie etwa Avalon, ClickOnce oder WinFS den Fokus auf das neue Client-Modell noch weiter verstärken. Macromedia propagiert Flash mit den ergänzenden Technologien Central und Flex als die ideale Plattform für schlaue Clients.



In der Tat bieten Technologien für Smart Clients eine ganze Reihe von Vorteilen und werden in nicht allzu ferner Zukunft neuartige und clevere Anwendungen ermöglichen. Wer in seinem Unternehmen neue Applikationen plant, sollte sich in jedem Fall mit den aktuellen und kommenden Möglichkeiten der verschiedenen Smart-Client-Techniken auseinandersetzen. Dabei muss man sich gleichzeitig auch im Klaren sein, dass hinter den Initiativen beider Protagonisten nicht nur Motive für eine bessere Applikations-Welt, sondern auch Eigeninteressen stecken. Smart Clients sind für Macromedia gefundenes Fressen, um ihre Flash-Technologie endlich vom Image des Web-Animationstools zu befreien und in eine echte Applikationsplattform umzupositionieren. Bei Microsoft geht es bei den Smart Clients nicht zuletzt darum, die auf den Web-Client abgewanderten Entwickler zurück auf die Windows-Plattform zu holen. Und damit ist eines bereits jetzt abzusehen: Neben einer ganzen Reihe von technischen Vorteilen werden die smarten Clients wohl oder übel auch wieder eine höhere Abhängigkeit von einzelnen Herstellern bringen.




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