Vom CIO zum Operations Director

Der «Communication Gap» zwischen CIO und CEO ist immer noch ein grosses Problem. Bestseller-Autor David Taylor zeigt, wie er überwunden werden kann.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2005/22

     

Das Kommunikationsproblem zwischen CEO und CIO ist ein Kernthema seit die IT Einzug in die Geschäftswelt gehalten hat. Das Erstaunliche daran: Obwohl sich beide Seiten seit rund 40 Jahren darum bemühen, den Verständigungsgraben zwischen IT und Business zuzuschütten, ist das Problem in zahlreichen Unternehmen immer noch akut. Das belegt eine Umfrage, die BMC Software aus wie in solchen Fällen üblich nicht ganz uneigennützigen Motiven vom Marktforschungsunternehmen Winmark durchführen liess.


Abstimmungsprobleme

Befragt wurden 447 IT-Entscheidungsträger aus der EU und der Schweiz. Das Resultat ist alarmierend: Nur 48 Prozent der Befragten gaben an, dass in ihren Unternehmen eine enge Abstimmung zwischen IT und Business bestehe. Ausserdem enthüllt die Studie, dass bloss fünf Prozent der IT-Entscheider E-Commerce als «wichtigsten Geschäftsprozess, der der Unterstützung der IT-Abteilung bedarf» einstufen.
Diese und weitere Resultate der Studie veranlassten BMC dazu, jetzt einen Management Guide mit dem Titel «Bridging the European Communication Gap» nachzuliefern. Wie Europa-Chef Hans van Stek explizit festhält, hilft bei der Überwindung dieses Grabens kein Software-Tool und keine fixfertige Lösung. Etwas überspitzt formuliert Phil Manchester, der regelmässig für die «Financial Times» über IT-Themen schreibt, in der Einleitung des Guide die Grundvoraussetzung für die Lösung des Problems. Er rät den CIOs, die integrierten Business-Prozesse für einmal zu vergessen und stattdessen über eine integrierte Business-Kultur nachzudenken.


Alle haben dasselbe Ziel

Für ihn ist klar, dass die IT-Führungsleute den ersten Schritt machen müssen. Der Grund dafür ist laut Manchester einfach: Solange die IT-Techniker untereinander ihre Arbeitskollegen in den anderen Abteilungen als «Kunden» und «Endanwender» bezeichnen, lässt sich der Graben nicht zuschütten. Denn in diesem Fall sehen die IT-Leute nicht, dass sie dasselbe Ziel haben wie «das Business» – nämlich das Unternehmen wettbewerbsfähiger und effizienter zu machen, den Gewinn zu steigern und sich einen Spitzenruf bei den Kunden der Firma zu erarbeiten.
Noch provokativer und fordernder als Manchester argumentiert David Taylor. Er kann auf langjährige Erfahrungen als CIO und Manager zurückgreifen und hat mit «The Naked Leader» einen absoluten Bestseller der Business-Literatur gelandet. In seinem zentralen Beitrag des Leitfadens stellt er klar, dass es so etwas wie ein IT-Projekt nicht gibt. Denn einzelne Projekte und jede Handlung muss zu mindestens einem der vier Ziele, die ein Unternehmen anstrebt, in Beziehung gesetzt werden:


• Finanziell – Gewinnsteigerung, Kostenreduktion oder Erhöhung des Shareholder Value.


• Kundenzufriedenheit – messbar verbesserter Kundendienst.


• Arbeitsmoral – sichtbar höhere Motivation der Mitarbeiter.


• Reputation – höheres Ansehen in der Branche, in der Region oder in der Welt.
Taylor fordert deshalb die IT-Führungskräfte dazu auf, all ihre Tätigkeiten auf eines oder mehrere dieser Ziele auszurichten. Dann sei die Abstimmung zwischen IT und Business kein Thema mehr.
Dass das nicht so einfach ist, weiss allerdings auch Taylor. Er redet den CIOs deshalb weiter ins Gewissen und weist sie darauf hin, dass die meisten CEOs nicht glauben, dass die IT einen echten Business-Wert darstellt. Er erwähnt ein Nachtessen mit europäischen Top-CEOs.


Was der CEO vom CIO will

In der Diskussion mit ihnen hätten sich vier positive und vier negative Hauptforderungen an die CIOs herausgeschält:


• Positionieren Sie sich im Herzen des Unternehmens. Hören Sie auf, den Ausdruck «das Business» zu verwenden, wenn Sie jemand aus einer anderen Abteilung meinen – Sie sind das Business.


• Hören Sie auf, ein Kostenposten zu sein, werden Sie ein Profit-Center. Alles was Sie tun, muss ein Business-Projekt sein. Treten Sie so auf, dass klar wird, dass Sie einen wichtigen Beitrag für das Erreichen der Geschäftsziele leisten.


• Sie sind jetzt im Schaufenster und für die Kunden des Unternehmens sichtbar. Ich will auf Sie und die IT stolz sein. Übernehmen Sie die volle Verantwortung über die Website und sorgen Sie dafür, dass Sie innerhalb der IT auch Marketing-Know-how haben.


• Richten Sie den Fokus darauf, was Technologie tut und nicht darauf, was sie ist. Mir ist gleichgültig, was Technologie ist. Ich will, dass Sie unseren Kunden helfen, neue gewinnen und die bestehende Klientel erfreuen. Führen Sie Ihre technischen Diskussionen im engen Kreis.


Was der CIO unterlassen soll

Doch ein CIO muss an sich selber und seinen Resultaten arbeiten.


• Die Projekte müssen flexibler sein und schneller Resultate liefern. Ich will Ergebnisse innert Tagen und nicht erst innert Wochen sehen. Die IT ist das letzte grosse Handwerk und das muss sich jetzt ändern. Investieren Sie in automatisierte Code-Generatoren.


• Hören Sie auf, jedes Jahr höhere Budgets zu beantragen – ausser Sie können gültige, messbare und von Dritten bestätigte Beweise vorlegen, dass Sie mehr Mittel verdienen. Wo ist Ihr Beweis? Liefern Sie ihn. Keine Ausreden.


• Ihre Antwort lautet «Nein» – aber welches ist die Frage? Immer wenn ich etwas will, ist die Antwort «Nein». Sagen Sie «Ja» und dann beginnen wir dort. Ihre Kollegen werden Sie meiden, wenn Sie damit fortfahren, sie zurückzuweisen. Bieten Sie Alternativen, damit das realisiert werden kann, was gebraucht wird.


• Beleidigen Sie mich oder meine Kollegen nicht mit dem Vorwurf, wir verstünden nichts von Technologie. Vielleicht finden Sie all diese Abkürzungen und kryptischen Bezeichnungen faszinierend. Ich nicht. Leute, die sich dahinter verschanzen, sind nicht clever – ganz im Gegenteil. Stellen Sie sicher, dass ihre Leute Ausdrücke verwenden, die auch ihre Eltern verstehen würden.
Taylor ist überzeugt, dass der «Communication Gap» nur überwunden werden kann, wenn sich die CIOs an diese Forderungen der CEOs
halten. Sein Fazit: In der kommenden und bereits angebrochenen Busi-
ness-Ära wird es keinen CIO mehr geben, wohl aber den Operations Director. Die IT werde dann (endlich) vollkommen ins Unternehmen integriert sein.




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