Editorial

Pfui Microsoft

Wer künftig die neueste Version des Internet Explorers will, muss sich auch das neueste Microsoft-Betriebssystem zulegen.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2003/11

     

Erinnern Sie sich? Vor rund zwei Jahren stand Microsoft vor Gericht, wobei es darum ging, den Internet Explorer unabhängig und ungekoppelt von Windows anzubieten. Microsoft argumentierte damals, dass man das ja gern tun würde, dass jedoch der Browser so eng mit Windows verzahnt sei, dass eine Abkoppelung nur eines zur Folge hätte: Windows werde nicht mehr funktionieren, und man müsste das OS so vom Markt nehmen.



Jetzt wird der gegenteilige Weg eingeschlagen: Den Internet Explorer werde es künftig nicht mehr als Standalone-Produkt geben, heisst es aus Redmond. Die Sicherheit wäre nicht mehr gewährleistet. Wenn der Browser besser werden soll, müsste zuerst das Betriebssystem, das darunter liegt, verbessert werden. Ein Scherz? Nein, leider nicht, sondern Verkaufsstrategie: Wer künftig die neueste Version des Internet Explorer will, muss sich auch das neueste Microsoft-Betriebssystem zulegen. Das ist das einzige Argument, das für diese Taktik spricht. Wie unsinnig jede andere Begründung ist, führte mir letzthin Scott McNealy vor Augen. Er referierte an einer Keynote über die Freiheit seiner Klientel mit dem Solaris-Betriebssystem.




"Wir bieten unseren Kunden die absolute Wahl. Wenn ein Kunde keinen Solaris-Kernel mag, kann er ihn einfach gegen einen Red-Hat-Kernel austauschen - kein Problem. Wir müssen aber auch nicht vor dem Department of Justice (DoJ) antreten, um denen zu erzählen, dass wir unser Betriebssystem vom Markt nehmen müssen, wenn wir den Browser nicht mehr mit dem Betriebssystem koppeln können." Wohlgemerkt: McNealy sprach über den Kern des Betriebssystems. Stellen Sie sich vor, Sie könnten den Windows- durch einen Linux-Kernel ersetzen!



Aber nichts da: Wer die neueste Internet-Explorer-Version will, braucht das neueste Windows. Wer dieses Spiel nicht mitspielt, darf weiter mit seiner alten Version surfen, kann dann aber auch nicht mit irgendwelchen Patches und Sicherheits-Updates rechnen. Die Dominanz des Microsoft-Browsers wird gezielt als Druckmittel zum Windows-Upgrade missbraucht, und Microsoft fährt frohen Mutes mit seiner Monopol-Strategie, die beinahe zur Zerschlagung des Konzerns geführt hätte, weiter. Wir sagen: Pfui Microsoft. Hoffentlich geht dieser Schuss nach hinten los.

(mw)


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