Mitarbeiterbefragung - ein Weg zum zufriedenen Angestellten
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2000/41
Im Sommer dieses Jahre sorgte eine Webseite, die von zwei Mittelschülern ins Netz gestellt wurde, für rote Köpfe unter den Pädagogen. Bei dem Projekt mit dem Namen "Schulnoten andersrum" ging es darum, dass Schüler ihre Lehrer anonym qualifizieren konnten. Die Site löste aber einen so grossen Disput aus, dass das Projekt kurz darauf eingestellt werden musste. Die Pädagogen sprachen von einem "weltöffentlichen Pranger" und einer "anderen Art von Diktatur". Vereinzelte Lehrkräfte drohten sogar mit der Kündigung.
Vielleicht haben die Schüler nicht den optimalen Weg gewählt, um sich gegen Missstände in den Schulen und gegen ihre "Vorgesetzten" zu wehren - die anonyme Beurteilung von Vorgesetzten in Unternehmen kann aber durchaus ein Weg sein, Miseren aufzudecken.
Um Missstände in einer Firma aufzudecken, muss erst einmal erkannt werden, dass interne Probleme vorhanden sind. Auch wenn viele Vorgesetzte eine Verschlechterung des Arbeitsklimas unter Umständen nicht feststellen können - oder wollen, gibt es genug Hinweise, die auf Miseren innerhalb einer Firma oder Abteilung hinweisen. Der deutlichste dürfte wohl die Verschlechterung der Arbeitsleistung und der Qualität der Arbeit sein. Aber auch eine überdurchschnittliche Fluktuation oder die verminderte Bereitschaft, Überstunden zu leisten sowie hohe Abwesenheitszeiten können als klare Zeichen gewertet werden, dass etwas im Firmen- oder Abteilungsumfeld nicht stimmt.
Diesen Ursachen gilt es auf den Grund zu gehen. Da fängt jedoch in der Regel die Problematik erst an. Es gibt offensichtliche Gründe wie Umstrukturierungen, Führungswechsel, Fusionen oder Rationalisierungsmassnahmen in einer Firma, die zu Unzufriedenheit unter den Angestellten führen können. Was aber, wenn keiner dieser Fälle zutrifft? Was, wenn die Unternehmensführung die Ursache für die Unzufriedenheit nicht eruieren kann? Wirksames Mittel könnte eine Mitarbeiterbefragung sein.
An erster Stelle eines guten Mitarbeiter-Managements sollte die Motivation sowie das gute Arbeitsumfeld eines jeden Mitarbeiters stehen. Diese beiden Punkte werden im wesentlichen durch den Vorgesetzten beeinflusst. Für das Management ist es jedoch in der Regel schwierig zu eruieren, auf wie viel Akzeptanz ein Vorgesetzter stösst beziehungsweise wie gut er seiner Aufgabe nachkommt, da sie seine Führungspraktiken nicht selbst zu spüren bekommen. Hier wird das Feedback durch die Angestellten enorm wichtig. Dieses Feedback kann zum einen durch das persönliche Gespräch gesucht werden. Wie aussagekräftig diese Statements sind, hängt aber enorm stark vom jeweiligen Mitarbeiter und seiner Aufrichtigkeit ab. Für viele Angestellte ist es enorm schwierig, Kritik zu üben, wenn sie dies nicht unter Anonymität tun können.
Ein äusserst wirksames Mittel, um ein repräsentatives Feedback zu erhalten, ist deshalb die schriftliche Mitarbeiterbefragung und Vorgesetztenbeurteilung. Anonymität sollte hier an oberster Stelle stehen. Nur so kann man mit einem ehrlichen Rücklauf rechnen.
Aufgrund der Ergebnisse der Befragung können die Probleme leichter evaluiert werden und die Kommunikation zwischen Mitarbeiter und Führung wird wesentlich vereinfacht. Gespräche mit Angestellten, mit Bezugnahme auf die Testergebnisse, können weitere Erkenntnisse bringen und helfen, einen Lösungsansatz zu finden.
Die Lösung könnte auch eine Konfrontation des Vorgesetzten mit den Befragungsergebnissen sein. Vorgesetzte sind sich oftmals ihrer Fehler und Schwächen nicht bewusst und werden mit diesen auch nicht konfrontiert, da in diesem Bereich eine Kommunikation zwischen Mitarbeiter und Kaderkräften nicht stattfindet. Immer wieder finden verschiedenste Workshops für Führungskräfte statt, die sich genau mit diesen Problemen auseinander setzen und Lösungsansätze bieten.
Ein gutes, gesundes Arbeitsklima ist das A und O eines erfolgreichen Unternehmens. Mitarbeiterbefragung, ob mündlich oder anonym schriftlich, können der erste Schritt sein, Ursachen zu finden und Problemen entgegenzuwirken. Und Vorgesetztenbeurteilungen können den Kaderkräften helfen, sich zu orientieren und ihre Aufgaben besser wahrzunehmen - sofern die Kritik sachlich eingebracht wird und die Führungskraft auch bereit ist, die Kritik als Anregung aufzunehmen, den Job besser zu machen und eine Beurteilung nicht als persönlichen Angriff wertet.