Zeichnen und Pinseln mit Acrylic

Die Beta von Microsofts «Acrylic» überrascht positiv mit ihren kombinierten Vektor- und Pixel-Möglichkeiten.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2005/14

     

Microsoft arbeitet an Photoshop-Konkurrenz, war zu Beginn dieses Sommers zu lesen, als Microsoft die Verfügbarkeit einer Beta von «Acrylic» bekanntgab. «Acrylic» basiert auf der Lösung Expression 3 der Software-Schmiede Creature House, die von Microsoft vor gut zwei Jahren gekauft wurde. Von einer Photoshop-Konkurrenz zu sprechen, ist aber falsch, wie ein erster Blick auf die Vorabversion zeigt. Vielmehr handelt es sich um einen Mix aus einer Art Illustrator light und Photoshop light, mit dem Nachteil, dass weniger Funktionen als bei den grossen Originalen verfügbar sind, aber dem Vorteil, innerhalb eines Tools Pixel- und Vektorgrafik-Elemente zu kombinieren.


Layer und Effekte

Wie Photoshop arbeitet «Acrylic» mit Layern. Wird ein neuer Layer erstellt, kann festgelegt werden, ob es sich um einen «Pixel Layer» oder einen «Vector Layer» handeln soll (je nach Typ ändert auch die Werkzeug-Palette). Gerade bei Schriften ist das sehr praktisch, denn anders als bei Photoshop muss ein Text nicht gerastert werden, um ihn zu bearbeiten oder verlustfrei zu skalieren, sondern er kann auf einem «Vector Layer» erstellt und trotzdem mit Filtern etc. versehen werden. Die Auswahl der Filter überdies ist bereits ziemlich breit – neben Blur-Effekten und Malfiltern findet man auch spannende und wirkungsvolle Spielereien wie «Neon Glow», der ein Neon-Leuchten imitiert. Schade nur, dass es keine Vorschau-Aktivierung/Deaktivierung gibt.
Positiv ist zu den Layern noch anzufügen: Bei einem Klick auf einen Layer und dann auf den Suchen-Button kann ein Objekt auf einem Bild direkt lokalisiert werden, zudem kann man mittels Mausklick direkt darauf zoomen. Die Möglichkeit, Layer in Ordnern abzulegen, fehlt hingegen. Dafür kann man via Mausklick Vektor- in Pixel-Ebenen umwandeln und umgekehrt. Neben der eigentlichen Arbeitsebene findet sich zudem noch eine schmale Spalte mit einer zusätzlichen Layer-Übersicht, inklusive der Möglichkeit,
diese zu ordnen und neue Layer zu erstellen.


Für kleine Picassos

«Acrylic» erlaubt ziemlich gute (soweit das mit der Maus möglich ist – ein Grafiktablett hilft) Malergebnisse. Dazu steht – im Vektor-Modus – eine Unmenge von verschiedenen Pinseln zur Verfügung, die in Ordnern in diverse Kategorien unterteilt sind (z.B. «Ink», «Oil», «Design Elements», «Photos» oder «Shapes»). Mit einem «Photo»-Pinsel ist es beispielsweise möglich, eine Metallkette oder eine griechische Säule entlang eines Zeichenpfads zu ziehen. Zudem können auch gezeichnete Flächen direkt mit einer Bitmap gefüllt werden.






Etwas gewöhnungsbedürftig, aber ganz praktisch und schnell ist die Möglichkeit, Zahlenwerte wie die Pinselbreite einzustellen. Das Ganze erinnert optisch an einen Kilometerzähler im Auto. Will man eine Zahl verändern, klickt man in das Zahlenfeld und fährt mit der Maus rauf und runter.
Weiter findet sich die Möglichkeit, ein Bildelement direkt mit einer URL zu versehen, um dann eine Bildkomposition als HTML-File komplett mit Links zu exportieren. Ausserdem kann ein Bild inklusive Layern im Photoshop- oder Illustrator-Format exportiert werden (dauert ewig), um es dann weiterzuverwenden.


Bildbearbeitungs-Mankos

Bei der Bildbearbeitung fehlen bei «Acrylic» Funktionen, die man in Photoshop nicht missen möchte. Zum Beispiel gibt es kaum Retuschier-Tools, einzig ein Werkzeug gegen rote Augen und ein Cloning-Stempel (der auch nach 15 Minuten probieren plus Konsultation des Help-Menüs nicht funktionieren wollte), eine Pipette zur Farbaufnahme plus ein Zauberstab werden geboten.
Auch das Mixen von Farben beispielsweise im Effekte-Menü gestaltet sich mühsam. Man kann weder eine Pipette nutzen noch die RGB-Werte angeben, sondern muss mühsam mit den RGB-Reglern herumspielen, um den gewünschten Farbton zu erhalten. Automatische Bildkorrektur-Möglichkeiten fehlen, abgesehen von «Auto Contrast». Ansonsten müssen Bilder von Hand optimiert werden.
Ebenfalls gewöhnungsbedürftig ist das Scrollen innerhalb der eigentlichen Arbeitsfläche. Es gibt keine Scrollbalken, vielmehr verwandelt sich der Mauszeiger in eine Hand, wenn man ihn über die Lineale am Rand bewegt. So wird letztlich der Bildausschnitt hin- und hergeschoben. Gezoomt wird über das Scrollrad der Maus oder über vorgegebene Zoomstufen unten rechts an der Arbeitsfläche. Ein Navigator fehlt, genauso übrigens wie eine Protokoll-Palette.
Eher auf den Betastatus dürften Fehlermeldungen bei der Anwendung von Filtern sowie die grundsätzlich eher schwache Performance zurückzuführen sein.

(mw)


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