Ein Programmheft für 25 Franken

Die Swisscom vermietet mit Bluewin TV 300 einen Harddisk-Recorder, der trotz integriertem TV-Guide enttäuscht.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2005/10

     

Der Einstieg der Swisscom ins Fernsehgeschäft besteht aus der Vermietung eines Festplatten-Recorders unter dem Namen Bluewin TV 300, wie Fernsehliebhaber vor einigen Wochen konsterniert feststellen mussten. Nichts war's mit der erwarteten Einführung von Fernsehen über ADSL als Alternative zum Cablecom-Einheitsbrei. Offenbar geht es der Swisscom darum, im Fernsehmarkt präsent zu sein – auch wenn das nur mit einem Service anstelle eines eigenen Programms ist.
Doch für 24.90 Franken im Monat plus einer Aufschaltgebühr von 95 Franken darf man etwas erwarten, sollte man zumindest meinen.


Funktions-Fülle

Im Prinzip bekommt man für sein Geld nichts anderes als einen elektronischen Programm-Guide (EPG) sowie den Recorder zur Miete. Beides ist wenig revolutionär, denn Harddisk-Recorder kennt man (meist kommen diese heute im Gegensatz zum Swisscom-Gerät mit integriertem DVD-Recorder), und auch elektronische Programm-Guides findet man in der Schweiz bereits, beispielsweise beim Teleclub – doch zu diesem Thema später mehr.





Der Anschluss des Bluewin-TV-300-Geräts an den Fernseher erfolgt problemlos via Scart. Beim ersten Einschalten werden die TV-Programme automatisch gesucht und geordnet. Über die (ziemlich grosse) Fernbedienung kann man nach kurzer Eingewöhnung komfortabel durch die Kanäle zappen und sich Informationen zu den Sendungen der nächsten Tage inklusive verschiedenen nützlichen Sortierfunktionen auf den Bildschirm holen. Hier kommt der erste Schwachpunkt. Die verfügbaren Informationen zu den Schweizer Sendern – gerade von TSI und TSR – lassen zu wünschen übrig, was damit zusammenhängen dürfte, dass der deutsche Anbieter tvtv für den Inhalt verantwortlich zeichnet.






Zudem werden über die Fernbedienung die Aufnahmefunktionen gespeichert. Beispielsweise gibt es einen Timeshift-Modus, um laufende Aufnahmen zeitversetzt anzuschauen, und über den EPG kann man Aufnahmen programmieren. Dabei gibt es nützliche Zusatzfunktionen, so dass man beispielsweise via Auto-Rec gewisse Programm-Serien – sagen wir sämtliche Formel-1-Rennen der Saison – aufnehmen kann. Auch Sendungen im Zweikanalton werden mit beiden Sprachen aufgenommen. Und da der Recorder mit eigenem TV-Tuner kommt und über den AV-Kanal in den Fernseher gespeist wird, kann man auch eine Sendung aufnehmen und via TV-Tuner eine andere Sendung anschauen. Alles recht hübsch.


Keine digitalen Filme

Als Filmfreak mit Teleclub-Anschluss wünscht man sich natürlich auch, das digitale Programm des Pay-TV-Anbieters aufnehmen zu können. Doch hier macht sich Enttäuschung breit. Das Teleclub-Programm wird vom EPG nicht erfasst, so entfallen auch alle Aufnahme-Funktionen. Man kann das Teleclub-Programm zwar aufnehmen, dazu muss man aber vor dem TV sitzen und die Rec-Taste drücken. Zudem nützen einem die ganzen digitalen Zusatzfunktionen von Teleclub (Deutsch/Originalton, verschiedene Bildformate) nichts, all dies muss vor der Aufnahme festgelegt werden. Der Harddisk-Recorder spielt nur ab, womit er während der Aufnahme gefüttert wird.


Programmierung via Web

Ein hübsches Gimmick ist hingegen das Feature «Fernprogrammierung». Damit ist es möglich, den Recorder über das Internet zu bedienen. Auf www.tv300.bluewin.ch findet sich ein umfangreiches Programm-Magazin. Will man, dass eine Sendung aufgenommen wird, braucht man lediglich auf den Aufnahmebutton auf der Website zu klicken – so dass man beispielsweise problemlos die Tagesschau aufnehmen kann, wenn man bei der Arbeit merkt, dass es wieder einmal etwas später wird
am Abend.



Noch ein Negativ-Punkt zum Abschluss. Offenbar geht man bei der Swisscom davon aus, dass der Recorder permanent eingeschaltet ist. Um nämlich vom Stand-by-Modus hochzufahren, braucht das Gerät über eine Minute, was ziemlich ärgerlich ist, will man nur kurz überprüfen, wann eine bestimmte Sendung beginnt.

(mw)


Artikel kommentieren
Kommentare werden vor der Freischaltung durch die Redaktion geprüft.

Anti-Spam-Frage: Welche Farbe hatte Rotkäppchens Kappe?
GOLD SPONSOREN
SPONSOREN & PARTNER