Eine neue Identität, frisch, modern, einfach, auf den Kunden ausgerichtet und voller Emotionen. Auf den ersten Blick sieht alles gut aus bei der «neuen» Sunrise. Und trotzdem ist man skeptisch. Trotzdem sind die Medienreaktionen nicht überschwänglich, sondern tragen mehrheitlich den Unterton eines «letzten Aufbäumens».
Sunrise hat zusammen mit dem neuen Auftritt eine neue, vereinfachte Tarifstruktur im Mobilfunkbereich lanciert. Ausserdem will man mit neuen Sunrise-Shops der Konkurrenz Handy-Kunden abspenstig machen. Das kostet. Nicht zu knapp. Und bringt kaum etwas. So hat das Bakom in einer Studie eben erst herausgefunden, das drei Viertel aller Mobiltelefoniekunden in der Schweiz noch nie ihren Anbieter gewechselt haben. Und selbst wenn: Die mobile Zielkundschaft, die Sunrise mit dem neuen Image abzuzügeln versucht, hat bereits ein Zuhause gefunden: bei Orange. Orange verkauft die Werte «frisch», «modern» und «urban» bereits seit Jahren erfolgreich. Und vertreibt mit Optima ein ebenso einfaches wie erfolgreiches Tarifkonzept.
Sunrise hat es also erneut verpasst, sich ein eigenständiges Profil zu geben – nachdem man bereits jahrelang kein wirkliches Image aufbauen konnte. Oder wenn, dann bestenfalls das des Billiganbieters. Nun wirkt man einfach wie eine Orange-Kopie.
Unverständlich scheint, warum Sunrise seine Neuorientierung von überarbeiteten Mobilfunkangeboten begleitet (die zugegebenermassen attraktiv sind). Der Markt ist gesättigt, sowohl in Bezug auf den Umsatz als auch auf die Kundenzahl ist Wachstum überaus schwierig. Warum hat Sunrise keine Breitband-Offensive gestartet? Dieser Markt steht seit Jahren so gut wie still (siehe S. 8). Warum schaffen es kleine Provider wie VTX oder Solnet, die Entbündelung der letzten Meile (trotz überrissener Swisscom-Gebühren, die entrichtet werden müssen) in neue, attraktive Angebote umzusetzen, während Sunrise als Nummer 2 im Geschäft mit dem Internet übers Telefonkabel hier weiter stillsteht?
Steht Sunrise für solche Angebote die eigene Grösse im Weg? Bevor die Behörden nicht entschieden haben, wo der endgültige Ubundling-Preis zu liegen kommen soll, scheint es Sunrise nicht riskieren zu wollen, aufs Geratewohl Angebote zu lancieren. Würde sich das Risiko nicht lohnen? Selbst in Anbetracht dessen, dass für die nächsten paar Monate bei jedem Kunden, der eines der entbündelten Angebote bestellen würde, draufgezahlt werden müsste.
Oder hätte man nicht zumindest versuchen müssen, Geld in wirklich innovative Produkte zu investieren – so wie es die
Swisscom gerade eben wieder vorgemacht hat (siehe S. 7)?
Mit der jetzigen Strategie aber wird Sunrise die ewige Nummer 2 (wenn überhaupt) bleiben. Und so wird man auch 2008 weiter darüber spekulieren können, wer denn nun Sunrise übernehmen wird. Doch vielleicht geht es genau darum. Vielleicht will sich das Unternehmen mit dem neuen, peppigen Äusseren in Tat und Wahrheit nur schick machen, um auf eine erfolgreiche Übernahme-Balz zu gehen.
(mw)