Evolutionäre Mäuse im Test

Wer denkt, Maus ist Maus, irrt. Wir haben die Top-Modelle Microsofts und Logitechs getestet, die unterschiedlicher nicht sein könnten.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2007/04

     

Im Geschäft mit Computermäusen innovativ sein zu wollen, ist zweifelsohne herausfordernd – eine Maus ist schliesslich eine Maus und Experimente wie mit den Trackballs waren von mässigem Erfolg gekrönt. Jüngst aber haben sowohl Microsoft wie auch Logitech Mäuse mit einem innovativen, wenn auch völlig unterschiedlichen Ansatz lanciert. Wir haben mit beiden Eingabegeräten gearbeitet.


Revolution mit Motor

Logitechs Entwicklung heisst wenig kleinlaut MX Revolution und preist sich auf der Verpackung immerhin als die (r)evolutionärste Maus der Welt an. Der Schweizer Peripheriehersteller setzt auf Hightech. Dies insbesondere zwischen den beiden Maustasten beim Scrollrad in edlem Metall, das Logitech als MicroGear Präzisionstastenrad mit SmartShift-Technologie bezeichnet. Im Prinzip bietet das Scrollrad dank einer aufwendigen Konstruktion mit integriertem Elektromotor zwei Funktionen: das herkömmliche Scrollen, bei dem das Rad immer wieder einrastet, sowie einen Freilaufmodus, bei dem einmal am Rad gedreht wird und dieses dann frei durchläuft. So ist es möglich, mit einem «Schwung» durch Dutzende Seiten oder Hunderte von Excel-Kolumnen zu blättern. Wie viel Schwung für den Freilaufmodus nötig ist, kann auf Wunsch über die Logitech-Anwendung SetPoint für jede Applikation separat definiert werden. Dies ist jedoch relativ aufwendig und mit Ausprobieren verbunden. Die Standardeinstellungen entsprechen hingegen wahrscheinlich nicht immer ganz dem Gusto.




Nun: Was taugt die Technologie? In einem Programm wie Excel beispielsweise kommt Begeisterung auf. Das Rad klinkt aus, wie es sollte, und mit einem kräftigen Dreher kommt man gut und gerne 2000 Kolumnen weit – kann dazwischen aber auch präzise stoppen. In einer Applikation wie Acrobat hingegen ist die Funktion relativ nutzlos. Zwar kann man auch hier durch kräftiges drehen Seitenweise herunterscrollen. Jedoch ist man limitiert durch den Rechner, der bei so schnellem Scrollen den Vorgang ausbremst und es beispielsweise durch diese Verzögerung schwierig macht, den Scrollvorgang bei einer bestimmten Seite abzubrechen – da wird munter weitergescrollt, gemäss dem letzten Befehl, den der Rechner verarbeiten konnte. Ein weiteres, etwas störendes Phänomen kann beispielsweise bei Word oder auch beim IE beobachtet werden. Scrollt man hier mit Schwung an den Seitenanfang, rastet das Rad ein und scrollt dabei die Seite oftmals wieder ein Stückchen nach unten. Ausserdem scheint die Scrollfunktion, egal ob im Freilauf- oder im Normalmodus, bei Websites nicht immer zu funktionieren. Dies, so scheint es, könnte mit der Anordnung von Bannerwerbung oder dem Einsatz von Frames zusammenhängen, welche die Scrollfunktion der Maus irgendwie aus dem Konzept zu bringen scheinen.





Nebst dem Hightech-Rad findet sich an der Revolutuion MX eine Reihe weiterer Buttons (plus nochmals ein Rad), die man an einer Standard-Maus vergebens sucht. So liegt hinter dem Scrollrad der Button für die «OneTouch-Suche». Markiert man in einer Applikation ein Wort, kann man die Suchmaschine seines Vertrauens – zum Beispiel Google – mittels Knopfdruck nach diesem Wort suchen lassen. Auch hier ein Schwachpunkt: Klickt man den Button im Browser an, wird leider kein neues Browserfenster geöffnet, sondern Google wird über der Seite, auf der man sich befand, geladen, und man muss wieder den «Zurück»-Knopf drücken, um auf die alte Seite zu gelangen. Zumindest gibt es für die Funktion (genauso wie für «vorwärts») ebenfalls zwei Knöpfe im Daumenbereich der Maus. Dort, wo der Daumen aufliegt, findet sich zudem das angesprochene zweite Rad. Dieses ist dazu gedacht, die Funktion des Task-Managers zu übernehmen. Dreht man am Rad, wird ein kleines Fenster geöffnet, in dem sämtlichen offenen Programme angezeigt werden. So kann zwischen Applikationen gewechselt werden. Aber: Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, und hat man sich erst mal an den Shortcut «Alt» + «Tab» gewöhnt, wird diese Funktion der MX Revolution wohl brachliegen.





Die Ergonomie einer Maus zu bewerten, ist immer schwierig. Eigentlich müsste man eine Maus zuerst einige Tage testen können, bevor man sie kauft, denn trotz einer ausgetüftelten ergonomischen Form – und die besitzt die MX Revolution mit Sicherheit – ist jede Hand anders. Für den Verfasser dieses Berichts, der seine Griffel als «normal grosse Männerhände» bezeichnen würde, fällt das Heck der Maus etwas zu steil ab beziehungsweise ist die Wölbung zu stark nach vorne gerutscht, so dass die Maus irgendwie immer nur mit vier Fingern gehalten wird, die Hand aber gar nicht aufliegt – ein bisschen als ob man ein rohes Ei halten würde. Testerhand und Maus scheinen jedenfalls nicht kompatibel.
Ansonsten lässt das Logitech-Gerät eigentlich nichts vermissen. Die Laserabtastung arbeitet präzis, die Maus ist leicht zu bewegen. Ein Akku ist integriert, die Batteriestandsanzeige wird via LED auf der Maus angezeigt. Die dazugehörige Ladestation mit Netzteil, aber ohne Empfängerfunktion, wird mitgeliefert. Als Empfänger kommt eine separate Komponente in der Grösse eines USB-Stick zum Zug, der in den USB-Port gesteckt wird.


Baseball-Maus

Wie erwähnt, verfolgt Microsoft mit seiner Natural Wireless Laser Mouse 6000 einen gänzlich anderen Ansatz als Logitech. Anstatt Hightech lautet das Motto bei Microsoft Ergonomie. So zieht die Laser Mouse 6000 auch eher verwunderte Blicke auf sich, erinnert sie von der Form her doch eher an einen Baseball denn an eine Computermaus. Dadurch aber soll die Hand nicht mehr unnatürlich flach auf dem Tisch aufliegen, statt dessen beschreibt die Handfläche entlang der Y-Achse auf der Microsoft-Maus aufliegend etwa einen 45-Grad-Winkel zur Tischfläche. Ob man so nun gesünder arbeitet, ist schwer zu beurteilen. Tatsache ist, dass zu Beginn mit dem neuen Eingabegerät nach einigen Stunden regelmässig die Mittelhandknochen des Ring- und Mittelfingers zu schmerzen begonnen haben. Nach einigen Tagen war damit aber Schluss, und man bekommt zumindest das Gefühl, man arbeite weniger verrenkt. Jedoch ist das Ganze auch etwas ungewohnt. Und der Umgewöhnungsprozess wird dadurch gebremst, dass privat vermutlich weiter mit einer herkömmlichen Maus gearbeitet wird. Ausserdem hätte sich geneigter Tester gewünscht, dass die Maus hinten noch etwas länger gezogen wäre, so dass auch das Handgelenk aufliegt. So aber ist es entweder in der Luft oder (meistens) leicht unnatürlich abgewinkelt auf der Tischfläche. Doch gilt auch hier: Jede Hand ist anders – für eine kleinere Hand ist die Ergonomie unter Umständen perfekt.




Was sich jedoch auch nach zwei Testwochen nicht verändert hat, ist die Tatsache, dass es mit der Microsoft-Maus schwieriger ist, exakt zu arbeiten. Dies liegt weder am Laser (der arbeitet mit Sicherheit präzis) noch an der Gleitfähigkeit. Aber: Sei es durch Gewohnheit, sei es durch die Handstellung – doch das präzise Navigieren mit dem Gerät ist etwas mühsamer als mit einer herkömmlichen PC-Maus.






An der Microsoft-Maus finden sich nebst dem linken und rechten Button sowie dem Scrollrad wie beim Logitech-Produkt zwei zusätzliche Tasten in der Daumenregion, eine, um zurückzublättern, die zweite, um einen Ausschnitt des Bildschirms zu vergrössern. Selbstverständlich können auch diese Tasten anders konfiguriert werden. Eine Besonderheit verbirgt zudem das Scrollrad. Wenn man darauf drückt, erscheinen sämtliche offenen Applikationen und Fenster in einer Thumbnail-Ansicht (das Ganze nennt sich Instant Viewer) auf dem Desktop – ein bisschen Vista-Feeling auch unter Windows XP.
Zum Schluss noch ein Schwachpunkt des Microsoft-Eingabegeräts: Es wird mit herkömmlichen Batterien betrieben, obwohl sich die Empfangsstation aufgrund seiner Grösse geradezu aufdrängt als Ladestation für einen Akku.

(mw)


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