Internet-Jobs werden rar
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2001/42
Unsere Wirtschaft schwächelt, und dies nicht erst seit den US-Terroranschlägen und dem Swissair-Debakel. Einer der Hauptindikatoren für den ökonomischen Zustand ist schon seit je her die Situation auf dem Stellenmarkt. Diese ist bei den Printmedien bereits seit Jahresbeginn im Sinkflug, während der Online-Stellenmarkt parallel dazu laufend zulegen konnte. Im letzten Quartal jedoch sind auch die Stellenangebote über das Internet eingebrochen. Dies ist aus dem Jobpilot-Index zu entnehmen, der von der Fachhochschule Nordwestschweiz erhoben wird und auf Initiative des Online-Stellenportals Jobpilot.ch ins Leben gerufen wurde. Der Index ist gegenüber 113 Punkten im Juli auf 92 Punkte im Oktober gefallen, was sogar unter dem Basiswert von 100 im Januar 2001 liegt.
Der Jobpilot-Index setzt sich aus zwei Werten zusammen, dem Jobbörsen- und dem Unternehmens-Index:
Jobbörsen-Index: Dieser wird aus Zählungen der Stellenangebote bei den zehn grössten Schweizer Online-Jobsites (u.a. jobpilot.ch, jobwinner.ch, topjobs.ch, jobscout.ch) ermittelt. Der Start des Jahres lief bei den Jobbörsen verhalten, und der grosse Aufschwung kam erst im zweiten Quartal, wo der Index auf 120 Punkte schnellte. Im dritten Quartal hingegen erfolgte bereits die grosse Wende mit einem Rückgang auf 98 Punkte.
Unternehmens-Index: Der Unternehmens-Index wird aus den offenen Stellen auf Recruiting-Sites von zehn Schweizer Grossfirmen (u.a. Nestlé, Swisscom, Migros, Novartis, SBB, UBS) ermittelt. Während der Index der Unternehmen im ersten Quartal vom Basiswert 100 sprunghaft auf 114 anstieg, ging es im zweiten Quartal genauso rasant auf 98 Punkte herunter. Im dritten Quartal fiel der Unternehmensindex gar auf 80 Punkte.
Als Vergleich zu den beiden Indizes kann der Manpower-Index herangezogen werden, der den Stellenausschreibungsverlauf bei den Printmedien zum Ausdruck bringt. Er zeigt im Vergleich zum gesamten Jobpilot-Index einen stetigen Rückgang. Der Basiswert 100 vom Januar ist bis im Oktober gleichmässig auf lediglich noch 75 Punkte zurückgefallen. Damit liegt der Manpower-Index in etwa auf dem Niveau von Mitte 1998.
Ein Verlierer der veränderten Jobsituation auf den Schweizer Online-Jobbörsen ist - wenig überraschend - die Berufsgruppe Informatik und Telekommunikation mit einem Minus von 4 Punkten. Eine detaillierte Betrachtung der IT-Anzeigen bei Jobpilot.ch zeigt aber auf, dass in gewissen Bereichen nach wie vor Leute dringend gesucht werden. Jobpilot.ch hat neben dem Index über den gesamten Arbeitsmarkt die letzten vier Wochen im IT-Bereich für InfoWeek analysiert. In diesem Zeitraum wurden 1823 Angebote geschaltet, aufgeteilt auf 16 Untergruppen. Am meisten Leute, mit 392 Stelleangeboten, wurden im Bereich Software-Entwicklung/Einführung gesucht. Ebenfalls gefragt sind offenbar Experten in den Bereichen System- und Netzbetreuung (248 Angebote) sowie Datenbanken (163 Angebote). In der Sparte Online-Dienste/Internet/Multimedia ist die Zahl der bei Jobpilot ausgeschriebenen Stellen erwartungsgemäss nicht sehr hoch. Jedoch gibt es einige Bereiche, in denen die Chancen, eine Stelle zu finden, noch schlechter stehen - beispielsweise im Zweig Benutzerservice/Help Desk (62 Angebote), als Telekommunikationsspezialist (37 Angebote) oder im IT-Qualitätswesen (14 Angebote).
Generell lassen sich die Zahlen so auslegen, dass hochspezialisierte Experten aus den Bereichen Programmierung und Betreuung sowie Beratung nach wie vor eine grosse Auswahl an Jobs haben, während weniger spezialisierte Jobsuchende ein schmaleres Spektrum an offenen Stellen vorgesetzt bekommen.
Dies bestätigt auch Beat Mühlemann, Geschäftsführer von der Firma Mühlemann IT-Personal, die spezialisiert ist auf die Beratung und Vermittlung von Informatik-Fachkräften. "Der Markt im Bereich Low-End-PC-Support sowie für Web-Designer, Multimedia-Producer und Content-Manager ist komplett eingebrochen", gibt Mühlemann Auskunft. Auch im Telekomm-Bereich, beispielsweise für Cisco System Engineers, sieht die Situation alles andere als rosig aus. Nach wie vor Bedarf bestehe jedoch beispielsweise für Java- oder C++-Programmierer, Datenbankspezialisten oder Projektleiter. Nicht zu vergessen seien Sales-Experten, welche von der schlechten Wirtschaftslage eher profitieren würden.
Auf die Zukunft angesprochen, glaubt Mühlemann, dass der Markt im Telekomm-Segment wieder anziehen könnte, während die Situation für Web-Entwickler eher düster aussieht. Ebenfalls wenig positiv sieht die Zukunft beim Support und Unterhalt aus. Dies aus dem einfachen Grund, da die Systeme immer zuverlässiger werden und weniger Support brauchen. Ein Zukunftsarbeitsmarkt liege überdies auch im Security-Bereich.
Dass sich die Situation im nächsten Jahr für die Stellensuchenden verbessern wird, ist kaum anzunehmen, rechnet doch die Konjunkturforschung Basel für 2002 lediglich mit einem Wachstum des Bruttoinlandproduktes von 1,8 Prozent, was einem ähnlichen Wert wie in diesem Jahr entspricht (1,7 Prozent), jedoch deutlich unter dem Jahr 2000 liegt (3 Prozent).