Mail-Attachments können Bewerbungsmappe ersetzen

Mit der Möglichkeit, Bewerbungen online entgegenzunehmen, kann eine Firma die Prozesse optimieren und dadurch Zeit einsparen.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2001/35

     

Beinahe 25 Prozent der 2 Millionen Schweizer Internet-User nutzen das World Wide Web regelmässig zur Stellen- und Wohnungssuche, so die neuesten Zahlen der WEMF. Und das mit gutem Grund: Nirgends ist das Auffinden der gewünschten Stelle so einfach wie im Netz. Man kann den Tätigkeitskreis, in dem man eine Beschäftigung sucht, klar einschränken und bekommt letztlich nur die Stellen vorgesetzt, die einen auch wirklich interessieren - da kann keine Tageszeitung mithalten. Doch die Arbeitssuche im Netz bringt noch einen weiteren Vorteil mit sich. Findet man eine offene Stelle, die einem zusagt, hat man oft die Möglichkeit, sich online über eine vorgefertigte Eingabemaske zu bewerben. Diese Möglichkeit mutet viel komfortabler an, als aufwendig die Bewerbungsunterlagen zusammenzustellen, ansprechend zu verpacken und zu verschicken. Unterstrichen werden diese Vorteile beispielsweise durch die Tatsache, dass 70 Prozent der Studierenden sich über das Internet bewerben.


Wenn es denn schnell gehen soll

"Für uns ist die Online-Bewerbung ein schnelles, zusätzliches Rekrutierungsmittel zur konventionellen Bewerbung", so Verena Scheitlin, Personalleiterin bei der Excom. Kommt ein Bewerber in Frage, muss er jedoch trotz der Online-Bewerbung seine umfassenden Unterlagen nachreichen. Dabei kommt es offenbar nicht selten vor, "dass ein Bewerber sein komplettes Dossier inklusive Foto via Mail sendet", so Scheitlin weiter. In dieser Form könnte sich die Bewerbung über das Internet in ein paar Jahren durchaus auch als ebenbürtige Alternative zur Bewerbung per Post einbürgern, glaubt die Personalleiterin.



Bislang steht aber vor allem die Zeitersparnis bei der Vorentscheidung im Vorderund. Laut der deutschen Site "Stellenratgeber" (www.stellenratgeber.de) dauert der konventionelle Rekrutierungsprozess rund 90 Tage, während die Personalsuche via Internet in einer bis vier Wochen abgeschlossen ist.




Auch Daniel Moschin, CEO der Online-Jobplattform Jobpilot, hebt die Zeiteinsparung der Online-Bewerbungen als Vorteil hervor. Dazu kommt, dass die eingereichten Daten für eine Firma, die entsprechend ausgerüstet ist, wesentlich einfacher zu verarbeiten und zu analysieren sind. Die Bewerbung via Post hingegen erfordert zeitraubende manuelle Aufarbeitung. "Überall, wo es einen entsprechenden Link hat, wollen die Firmen dementsprechend die Bewerbung auch via Internet", so Moschin.




Eingabemasken mit Nachteilen

Während für den Arbeitgeber also vor allem die Zeitersparnis im Vorderund steht, ist diese für den Bewerber eher fraglich.



Auf den ersten Eindruck lässt die Online-Bewerbung die Vermutung offen, man könne dank der Eingabemasken erheblich Zeit einsparen, schliesslich entfällt das lästige Kopieren von Lebenslauf und Zeugnissen, Mappe erstellen und verschicken der altertümlichen Bewerbung. Doch falsch gedacht: Bei jedem Unternehmen sieht die Maske, in die man seine Daten eingibt, anders aus - einmal mehr und einmal weniger durchdacht. Jedes Mal gilt es deshalb, seinen gesamten Lebenslauf neu einzugeben oder zumindest aufzuarbeiten.




Ein zweiter und für viele sorgfältige Bewerber entscheidender Nachteil ist die Anonymität des Web. Zugegeben, eine ansprechende Bewerbungsmappe zusammenzustellen erfordert einen gewissen Zeitaufwand wie auch etwas Erfahrung. Aber genau mit dieser hübsch aufbereiteten persönlichen Visitenkarte kann man sich von Mitkonkurrenten für eine entsprechende Stelle abheben.
Genau dasselbe gilt übrigens auch für die Firma, welche die Stelle ausgeschrieben hat. Eine "schludrige" Bewerbungsmappe eines an sich vielversprechenden Bewerbers kann unter Umständen ziemlich aufschlussreich über dessen Persönlichkeit sein. In der Anonymität des Web hingegen sind wir alle gleich.



Für eine Vorausscheidung, bei der es lediglich darum geht, von der Qualifikation her geeignete Kandidaten zu finden, ist die Bewerbung online via Eingabemaske jedoch schnell und einfach zu vergleichen und deshalb für die Firma ideal.




Die komplette Bewerbung elektronisch verschicken

Wird es dann aber konkreter, wird man sich wohl kaum auf die Online-Angaben des Bewerbers verlassen, sondern die kompletten Unterlagen mit Zeugniskopien verlangen. Doch auch an diesem Punkt muss das Internet noch lange nicht ausgespielt haben.



Die beste Möglichkeit, Bewerbungen über das Netz zu verschicken und trotzdem die eigene Individualität herauszustreichen, ist die von Verena Scheitlin angesprochene Möglichkeit, das Dossier als Attachment zu mailen. Auch Daniel Moschin hebt diese Variante heraus. Wer sich mittels Attachment über das Internet bewirbt und seine Zeugnisse einscannt und entsprechend aufarbeitet, qualifiziert sich bereits dadurch, dass er sich mit diesem Medium auskennt, so der Online-Jobexperte. Die Firmen hätten denn auch gute Erfahrungen mit dieser Variante gemacht, so Moschin weiter: "Denn es handelt sich um eine höher qualifizierte Gruppe, die sich online bewirbt, was sich auch auf die Qualität der Bewerbung positiv auswirkt."




Ansonsten ist der Nutzen für eine Firma eher gering, da man davon ausgehen kann, dass die Bewerbung, die via Mail eintrifft, ohnehin ausgedruckt wird und sich damit nur noch marginal von den per Post erhaltenen Dossiers unterscheidet.




Homepage als weiterer Kanal

Eine Möglichkeit, das Internet als Bewerbungs-Medium zu nutzen, die noch nicht angesprochen wurde, ist der Link zu einer eigenen, speziell für die Bewerbung aufbereiteten Website, welche den Job-Interessenten präsentiert. Bei der Swisscom beispielsweise wird dieser Weg sehr geschätzt und, falls vorhanden, auch empfohlen. Die Vorteile liegen beim Grosskonzern auf der Hand, so Martin Camenisch, Public Relations Swisscom und zuständig für Fragen des Personalwesens. Ein Bewerber, der einen Link seiner Präsentations-Homepage an eine der rund 30 Personalabteilungen der Swisscom schickt, für diese Abteilung aber nicht in Frage kommt, macht es dem Human-Resources-Mitarbeiter sehr einfach, seine Bewerbung - sprich den Link - an eine andere, geeignetere Abteilung weiterzuleiten.



Auch bei Orange hat man nichts gegen ein Bewerbungsdossier via Homepage, so Personaldirektor Christian Luginbühl. Während bei der Swisscom eher darauf tendiert wird, dass über die Homepage nur die harten Facts geliefert werden, schätz man bei Orange eine gesunde Mischung aus Präsentation und Bewerbungsdossier. Hauptsache, die Seite bleibe übersichtlich, so Luginbühl weiter.




Bei beiden Telekomunternehmen bevorzugt man überdies die Bewerbung in elektronischer Form, da sie die Prozesse intern wesentlich vereinfachen würde und den Ablauf beschleunige, so die einhellige Aussage. Jedoch sei es kein Nachteil für einen Bewerber, wenn er die Unterlagen auf konventionellem Weg einschicke, geben Swisscom- und auch Orange-Verantwortliche Auskunft.



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