Personal-Rekrutierung zunehmend digital

Elektronische Kanäle gewinnen beim Personalmarketing an Bedeutung. Mittlerweile werden in der Schweiz über die Hälfte aller Einstellungen über Internet-Medien generiert.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2008/22

     

Das Internet gewinnt rund zehn Jahre nach dem ersten grossen Durchbruch in vielen geschäftsrelevanten Bereichen die Überhand. Das ist mittlerweile auch bei der Personalbeschaffung nicht anders. Internetkanäle zur Ausschreibung von neuen Stellen sowie E-Mail oder Webformulare als Mittel, seine Bewerbung einzureichen, werden heute so selbstverständlich genutzt wie früher die klassische Bewerbungsmappe.



Personalverantwortliche, die sich über den Einsatz von digitalen Mitteln bei der Ausschreibung von Stellen oder der Generierung von Einstellungen im Unklaren sind, werden vielleicht überrascht sein, dass selbst in diesem diskreten Bereich bereits letztes Jahr zum ersten Mal mehr als die Hälfte aller Einstellungen in der Schweiz über Internetkanäle generiert wurden. Dies jedenfalls hat die Studie «Recruiting Trends 2008 – Schweiz» zu Tage gebracht, die das Centre of Human Resources Information Systems der Universitäten Frankfurt am Main und Bamberg in Zusammenarbeit mit dem Personalvermittler Monster Worldwide bei den 500 grössten Unternehmen der Schweiz durchgeführt hat.




Die Studienteilnehmer gaben an, im vergangenen Jahr 51,4 Prozent aller Einstellungen über das Internet getätigt zu haben. Dies bedeutet ein Anstieg gegenüber dem Jahr 2006 um 11,9 Prozent. Gemäss den Aussagen der Studienteilnehmer ist nicht mal mehr jede dritte Stelle auf eine Anzeige in Printmedien zurückzuführen. Hier beträgt der Rückgang im Vergleich zum Vorjahr 5,5 Prozentpunkte. Arbeitsämter verzeichnen im Jahresvergleich einen leichten Rückgang von 11,5 auf 10,2 Prozent aller Nennungen. Andere Rekrutierungskanäle wie Zeitarbeitsfirmen, Personalberatungen und -vermittlungen oder Job-Messen verlieren bei den befragten Unternehmen im selben Ausmass wie die Printmedien an Bedeutung. Nur noch 8,9 Prozent (im 2006 waren es noch 14 Prozent) aller Einstellungen werden über diese Kanäle realisiert.



Interessant in diesem Zusammenhang ist die Tatsache, dass die Praxis bei den Bewerbungsverfahren im Gegensatz zu der Art und Weise steht, wie Stellen ausgeschrieben werden. Hier klafft im wahrsten Sinne des Wortes eine digitale Lücke. 43,5 Prozent aller Befragten Studienteilnehmer geben nämlich an, klassische Bewerbungsmappen per Post zu bevorzugen. An zweiter Stelle folgt die Bewerbung per E-Mail mit 27,9 Prozent aller Antworten. Nur 15,1 Prozent aller Unternehmen bevorzugen Formularbewerbungen, 11,6 Prozent der Teilnehmer haben keine Präferenz. Dass nach wie vor die meisten Personalverantwortlichen eine klassische Bewerbung per Post bevorzugen, interpretieren die Autoren der Studie dahingehend, dass es offenbar den Unternehmen heute grösstenteils noch nicht möglich ist, die Vorteile der Formularbewerbung zur Effizienzsteigerung zu nutzen. Bewerbungen per strukturiertem Formular, sei dies nun über die eigene Website oder via Internet-Stellenbörsen, haben den Vorteil, dass Unternehmen nur die für sie tatsächlich relevanten Informationen abfragen und so den Rekrutierungsprozess standardisieren und vereinfachen könnnen. Dies bedingt allerdings, dass eine medienbruchlose Speicherung und Weiterverarbeitung in Bewerbermanagement-Systemen oder Kandidaten-Datenbanken möglich ist – und letztere auch vorhanden sind.



So ist es auch nicht erstaunlich, dass die Umfrageteilnehmer sich in allen Prozessen der Personalbeschaffung eine stärkere Unterstützung der Informatik wünschen, am meisten werden sie bisher in der Personalwerbung mit Informationstechnologie versorgt. Sechs von zehn Arbeitgebern sind allerdings der Ansicht, dass die Unterstützung durch IT in diesem Bereich stark oder sehr stark sein sollte.



Für Stellenbewerber dürfte nicht unwesentlich sein, wie viele Bewerbungsverfahren Arbeitgeber überhaupt akzeptieren. Von den vier verschiedenen Verfahren (Post, E-Mail sowie Formularbewerbung über Unternehmenswebsite oder Online-Stellenvermittler) lassen nur 3,8 Prozent aller Umfrageteilnehmer lediglich ein Verfahren zu. 17,5 Prozent erlauben drei Bewerbungskanäle und jeweils 40 Prozent zwei oder vier Arten der Bewerbung. Die Autoren der Studie haben überdies gefragt, wie sich die Art der Stellenbewerbungen bis im Jahr 2012 verändern könnte. Die Teilnehmer gehen davon aus, dass der Anteil der Bewerbungen mittels klassischer Bewerbungsmappe per Post von heute 57,8 auf 37,8 Prozent reduzieren wird. Dies würde eine Verringerung der eingehenden Briefumschläge bei den Personalverantwortlichen um immerhin ein Drittel bedeuten. Im Gegensatz dazu sagen die Umfrageteilnehmer den Bewerbungen per E-Mail eine Steigerung von heute 28,7 auf 38 Prozent und bei den Formularbewerbungen beinahe eine Verdoppelung von 11,5 auf 22,4 Prozent in vier Jahren voraus.



Bei den Bewerbungen dürfte die klassische Post und damit das Papier innerhalb der nächsten Jahre massiv an Bedeutung verlieren. Bleibt zu hoffen, dass Unternehmen die Vorteile der digitalen Formen der Personalrekrutierung zur Prozessoptimierung nutzen und nicht dennoch alle Bewerbungsunterlagen ausgedruckt werden, nachdem sie digital beim Empfänger angelangt sind.



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