OS-Groupware als Alternative

Groupware-Lösungen unterstützen die E-Mail-Kommunikation, Terminplanung und Kontaktverwaltung. Wie gut erfüllen Open-Source-Programme diese Anforderungen?

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2008/15

     

G roupware kam ursprünglich als Mail-Lösung in Grossunternehmen zum Einsatz. Mit der Zeit wurden die Systeme mit Kalender und Kontaktverwaltungen erweitert. Heute setzen auch mittlere und kleine Unternehmen auf Groupware. Diese Entwicklung hängt einerseits mit dem Wachstum des Internets zusammen, andererseits auch mit der Verfügbarkeit günstiger oder gar kostenloser Lösungen, die eine gleichwertige Alternative zu proprietären Systemen wie Groupwise von Novell oder Microsoft Outlook und Exchange bilden. Auch Groupware-Entwickler der ersten Stunde haben diesen Trend erkannt und bieten ihre altbekannten Lösungen zunehmend als Open Source (OS) an.



Diese Vielzahl an Systemen und die unterschiedliche Auffassung der Hersteller über Groupware machen den Markt unübersichtlich. Der Begriff Groupware ist sehr weit gefasst. Die einen verstehen darunter nur Mail, Adressen und Termine. Andere sehen darin alle Applikationen, die ein gemeinsames Arbeiten ermöglichen. Wenn ein Unternehmen heute auf eine Groupware-Lösung umsteigen will, muss es die verschiedenen Systeme sorgfältig evaluieren, um zu einer dauerhaft tragfähigen Entscheidung zu gelangen.




Das Standard-Angebot wie E-Mail-Kommunikation, Terminplanung, Kontaktverwaltung, Aufgabenplanung und Notizen wird je nach Anbieter ergänzt mit Projektmanagement und Dokumentenverwaltung. Weitere Fragen, die sich Unternehmen stellen müssen, betreffen den Zugriff auf die Lösung, der entweder per Web oder mittels Fat Client erfolgen kann, sowie die Lizenzen, die zum Einsatz kommen. Ebenso wichtig ist, welche standardisierten Schnittstellen für den Datenaustausch angeboten werden. Auch die Wahl zwischen einer Komplettlösung oder einer Kombination verschiedener Programme will gut überlegt sein.



Qualität und Community der OS-Groupware


Grenzenlose Zusammenarbeit

Als Software soll Groupware die Zusammenarbeit einer Gruppe über zeitliche oder örtliche Distanzen ermöglichen. Immer noch verstehen viele unter Groupware aber lediglich jene Funktionen, die sie im Büro am meisten verwenden, wie E-Mail und Kontaktverwaltung. Die meisten dieser Features können aber bestens unter Personal Information Manager (PIM) zusammengefasst werden. Erst wenn die heutigen PIMs mit Funktionalität ergänzt werden, die einen Austausch von Aufgaben, Kontakten, Terminen und Dokumenten erlauben, kann man von Groupware sprechen.


Anforderungen an Groupware

Eine zentrale Authentifizierung, beispielsweise mittels Lightweight Directory Access Protocol (LDAP), ist sowohl bei proprietärer als auch bei Open-Source-Groupware wichtig. Ebenso entscheidend sind die standardisierten Schnittstellen zum Groupware-Server. So soll ein einfacher Zugriff mittels Fat Clients ebenso möglich sein wie der Zugang via Webbrowser. Ausserdem muss die Lösung für alle Datenschnittstellen über standardisierte Proto­kolle verfügen. Dies ermöglicht eine einfache Integration in bestehende Umgebungen und, wenn nötig, später auch eine einfachere Ablösung. Zudem können Lösungen dank der Standardschnittstellen erweitert und gewisse Teile durch andere Komponenten ersetzt werden.


Was gerade bei Open-Source-Lösungen nicht zu unterschätzen ist, sind die Lizenz und die Grösse der Community, die hinter der Software steht. Gut beraten ist man mit einer Software, die unter der GNU General Public License (GPL) steht. Diese garantiert unter anderem die Freiheit, die Software jederzeit eigenen Bedürfnissen anpassen zu dürfen. Je grösser die Community hinter einem Projekt ist, umso flüssiger geht die Weiterentwicklung vorwärts, und umso besser ist der Support.

Es gibt auch Firmen, die ihre Lösung ganz oder teilweise unter eine Open-Source-Lizenz stellen und gewisse Komponenten ihrer Software gegen eine Gebühr zur Verfügung stellen. Ein Kunde kann dadurch Support und andere Dienstleistungen erkaufen. Ob es nun besser ist, eine vollständig durch die Community entwickelte Open-Source-Lösung einzusetzen oder eine Software, hinter der eine Firma steht, die vielleicht nur Teile der Software als Open Source freigibt und wichtige Funktionen zusammen mit dem Support verkauft, darüber sind die Meinungen geteilt. Bei der Community-Lösung ist die Freiheit für die Weiterentwicklung grösser, bei der Software einer Firma kann dafür in vielen Fällen garantierter Support in Anspruch genommen werden.



Allerdings sind beide Varianten auf ihre Art unsicher in der Weiterentwicklung, wobei die Community-Lösung durch ihre Open-Source-Lizenz in jedem Fall immer wieder von jemandem weiterentwickelt werden kann. Bei einer Software hingegen, die teilweise proprietär ist, müssen gewisse Funktionen durch eine Community neu entwickelt werden.


Import- und Export-Möglichkeiten sollten bei der Entscheidung für oder gegen eine offene Lösung ebenfalls eine Rolle spielen, denn die Migration zu einer anderen Software muss jederzeit möglich sein. Auch die Synchronisation der Daten auf dem Mobiltelefon ist für den Anwender heutzutage von grosser Bedeutung. Für die Datenübertragung aufs Handy wird SyncML verwendet. Als Synchronisation Server wird in vielen Fällen der Funambol Server eingesetzt. Ebenfalls populär sind, abgesehen von den altbekannten Mailprotokollen IMAP und SMTP, unter anderem WebDAV und CardDAV. Sie zeigen, nebst der wachsenden Zahl an OS-Groupware-Lösungen, dass sich das Segment im Aufwind befindet.



Offene Groupware-Lösungen


Gleichwertiger Ersatz

Open-Source-Groupware-Lösungen gibt es viele. Die Auswahl einer Lösung für den Einsatz ist nicht einfach. Die Erwartungen, die man an die Software hat, und die benötigten Funktionen müssen vor der Entscheidung gut überlegt sein. Allerdings erfüllt jede der Lösungen in der Tabelle die eingangs erwähnten Anforderungen, wenn auch die Notizen teilweise nur als Aufgaben erfasst werden können. Somit sind die OS-Groupware-Lösungen eine gute Alternative zu den proprietären Angeboten. Bezüglich Kompatibilität mit den proprietären Marktführern hat sich in letzter Zeit einiges getan.

Einerseits haben die Hersteller proprietärer Lösungen vermehrt auf Internetstandards gesetzt und verwenden immer mehr die im Internet gebräuchlichen Schnittstellen und Protokolle. Diese erlauben zumindest teilweise einen Austausch mit OS-Lösungen. So ist Mailverkehr zwischen proprietärer und Open-Source-Groupware schon lange kein Problem mehr.



Schwieriger ist der Austausch von Terminen. Von Outlook versendete Termine können nicht von allen Open-Source-Systemen mit wenigen Klicks als Termin gespeichert werden. In den meisten Fällen werden die Termineinladungen als normales Mail angezeigt. Kompliziert ist auch der Austausch von Vcards. In Outlook können Kontakte mit sehr vielen unterschiedlich bezeichneten Feldern gespeichert werden. Benutzt ein Anwender diese Möglichkeiten extensiv, kann es beim Übertragen eines Kontakts mittels Vcard an eine Open-Source-Lösung sein, dass nicht alle Felder korrekt zugewiesen oder überhaupt nicht gespeichert werden.





Die Wahl eines Open-Source-Produktes hat gegenüber einer proprietären Software aber in jedem Fall einen grossen Vorteil: Man ist nicht an den Hersteller einer Lösung gebunden, sondern hat die freie Wahl, sowohl bei der Weiterentwicklung der Lösung als auch bei der Firma, die einen dabei unterstützt.


Der Autor

Martin Gafner ist Stellvertretender Bereichsleiter Operations bei Puzzle ITC.




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