Editorial

ADSL mit Pleiten, Pech und Pannen

Es wird noch eine Weile dauern, bis sich das ADSL-Angebot der Swisscom die Sporen abverdient hat und mit gutem Gewissen für den Firmeneinsatz eingesetzt werden kann.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2001/21

     

Vor mehr als zwei Jahren, als in Zürich-Oerlikon gerade die Internet Expo stattfand, war mir zu Ohren gekommen, dass The Blue Window, wie der Swisscom-Provider damals noch hiess, mit einer neuen Breitbandtechnik herumexperimentiere. Ich hatte Kontakt zum Projektverantwortlichen, und der lud mich ein, einen Augenschein zu werfen. Das wollte ich mir nicht entgehen lassen. Vor allem auch, weil wir gerade dabei waren, einen dieser berühmt berüchtigten Provider-Tests durchzuführen. So konnten wir schliesslich den bereits bestehenden Internetzugang via TV-Kabel in der Region Zug mit der aufstrebenden Breitbandtechnik über das altgediente Kupferkabel oder eben ADSL vergleichen.



Es war ein wenig wie in einem Krimi, als ich spät abends durch das menschenleere Zürcher Industriequartier Richtung Swisscom-Gebäude schlenderte. Ich läutete und schaute möglichst vertrauenswürdig in die Kamera, die über der Klingel angebracht war. Der Projektverantwortliche öffnete die Tür und führte mich in einen grossen Raum, wo ziemlich verloren ein PC stand mit einem kleinen, unscheinbaren Gerätchen von 3Com daneben - das ADSL-Modem. Der Speed war im Vergleich mit einem konventionellen Zugang atemberaubend. Allerdings hätte ich nicht gedacht, dass danach noch fast zwei Jahre ins Land ziehen, bis der ADSL-Access schliesslich für die breite Masse angeboten wird. Vielmehr noch, weil doch die Entwicklung von xDSL-Technologien, deren berühmtester Abkömmling ISDN ist, bereits in den 60er Jahren begann.




Aber auch heute, zwei Jahre nach dem Schweizer Pilotversuch, kann allerdings von breiter Masse noch keineswegs die Rede sein. Es sind die viel zitierten Early Adopters, die bereits auf den Breitband-Zug aufgesprungen sind, den die Swisscom zum Weiterverkauf anbietet. Die User wollen den Power-Zugang für Downloads (MP3 & Co.), Online-Gaming (Quake & Co.) und Streaming-Media (was schauen die sich wohl für Inhalte an?) nutzen. Und sie erleben das Schicksal, das jenen blüht, die zu den Ersten gehören. Da gibt es Anbieter, die Pleite gehen (Callino) und solche, die ihre Kunden mit langen Wartezeiten (Tiscali Datacomm) oder mit dürftigem Support verärgern (Bluewin). Unser Online-Forum spricht Bände. Dort wurde in letzter Zeit auch häufig über die Firma ProfiTEL debattiert. Dieser Anbieter hatte Anfang Mai die ADSL-Infrastruktur und die Kunden vom gestrauchelten WLL- und ADSL-Anbieter Callino übernommen - mit einigen Problemen und Folgen. Was würden Sie als Firmeninhaber sagen, wenn der Internetzugang während einem ganzen langen Tag nicht verfügbar ist?



Es wird noch eine Weile dauern, bis sich das ADSL-Angebot der Swisscom die Sporen abverdient hat und mit gutem Gewissen für den Firmeneinsatz eingesetzt werden kann. Und auch bis die breite Masse mit 256 kbps und mehr durch die Weiten des Internet surft. Wenn man bedenkt, dass sich der durchschnittliche Schweizer Web-User nur 6 Stunden pro Monat online begibt, wäre ein Breitbandzugang für dieses Nutzerprofil gegenwärtig ohnehin noch zu teuer.



Irgendwann einmal, schrieb Sun-Präsident Ed Zander, werden grossspurige Internetzugänge in jedem Haus zu finden sein, wie Strom- und Wasserleitungen heute. Bis das soweit ist, werden noch viele Terabytes Daten durchs Netz der Netze fliessen.




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