Strategie-Tool: Balanced Scorecard

Balanced Scorecards untermauern IT-Strategien mit Zahlen.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2003/19

     

Die Balanced Scorecard (BSC) ist ein Management- und Kennzahlensystem, das sowohl bei Konzernen als auch bei mittelständischen Unternehmen in den letzten Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen hat. Der wesentliche Grund für den Erfolg dieses Instruments besteht in der Überwindung eines der zentralen Probleme bei der Führung und Steuerung von Unternehmen: Mit Hilfe der BSC können erstmals strategische Überlegungen der Unternehmensführung zur Zukunftssicherung in operative Ziele (Kennzahlen) und zugeordnete Massnahmen übersetzt werden. Im einzelnen werden dabei häufig sehr allgemein formulierte Aussagen der Unternehmensstrategie in kaskadierende Ziele übersetzt, in Form von Kennzahlen messbar gemacht und schliesslich über Zielvereinbarungen verbindlich kommuniziert. Wichtig dabei: Neben traditionell finanziellen Kennzahlen (z.B. Rendite) finden auch qualitative Kennzahlen zur Kundenzufriedenheit und Marktposition ("Markt- und Kundenperspektive"), zur Effizienz und Qualität der Arbeitsprozesse ("Prozessperspektive") sowie zur Qualifikation, Motivation und Lernbereitschaft der Mitarbeiter ("Kompetenzperspektive") Beachtung. So lassen sich die Managementprozesse einer Organisation (Unternehmensplanung, Anreizsysteme, Veränderungsprozesse etc.) letztendlich nicht nur steuern, sondern auch systematisch und strategiekonform weiterentwickeln.




Die BSC ist nicht nur ein Instrument zur ganzheitlichen Unternehmensführung. Auch innerhalb von Unternehmen lassen sich damit unterschiedlichste Prozesse optimal steuern: von einzelnen Unternehmensbereichen (beispielsweise Produktentwicklung, Informationsverarbeitung) über Mergers und De-Mergers bis hin zu verschiedenen Organisationstypen (privatwirtschaftliche Unternehmen, Non-Profit-Organisationen etc.).


Auch im IT-Bereich stark

Eine individuell für den IT-Bereich konzipierte Balanced Scorecard ist auf der einen Seite eng mit der unternehmerischen Gesamtstrategie verknüpft, auf der anderen Seite stark auf IT-Themen konzentriert. Den klassischen Scorecard-Perspektiven lassen sich folglich IT- Themen wie IT-Prozesskosten, Service Level Agreements, IT-Infrastruktur, Knowledge Management und vieles mehr zuordnen. Diese allgemeinen Themen münden dann in operationale strategische Ziele mit eindeutigen (quantifizierbaren) Zielvorgaben und entsprechenden Messgrössen. Was den Nutzen einer BSC in der IT anbelangt, so geht dieser weit über den IT-Bereich hinaus. Besonders hervorzuheben ist dabei die Verbindung von IT- und Unternehmensstrategie, die kritische Überprüfung der IT-Strategie im Rahmen der Konzeptionsphase sowie die Fähigkeit zu einer stringenten Strategiekommunikation. Des weiteren forciert die BSC eine Versachlichung und Strategiefokussierung der Diskussion zwischen IT- und Top-Management. Konkret heisst das, dass sich die Diskussionsinhalte zunehmend von IT-Kosten oder Budgets hin zu qualitativen und strategierelevanten Themen verlagern. Zudem erlaubt die BSC eine verstärkte Ausrichtung der IT-Organisation auf Service & Delivery und kann als Managementsystem für sämtliche IT-Prozesse (z.B. operative Performance-Steuerung) genutzt werden. Die Initiierung strategischen Lernens als Managementprozess sowie die Verwendung der Scorecard für die Lebenszyklen von IT-Investitionen auf der Basis strategischer Vorgaben bilden weitere wichtige Nutzenpotentiale.





Wie wird die BSC eingeführt?

Voraussetzung für eine erfolgreiche Entwicklung und Implementierung der IT BSC ist eine klare Unternehmensstrategie. Gerade die strategische Rolle der Informationsverarbeitung sowie deren Organisationsform ist dabei von entscheidender Bedeutung.



Vor allem die Entwicklung geeigneter Kennzahlen stellt immer wieder eine grosse Herausforderung dar und bewegt sich stets im Spannungsfeld von Abstraktionsnotwendigkeit und organisationaler Komplexität. Hier empfiehlt sich eine genaue Betrachtung der wesentlichen kausalen Zusammenhänge der Funktionsweise eines Unternehmens. Darauf aufbauend können dann geeignete Kennzahlen in Abhängigkeit von bereits bestehenden Scorecards und gegebenenfalls bereits vorhandenen Kennzahlen in unterschiedlichen Detaillierungsgraden abgeleitet werden.




Die Balanced Scorecard ist derzeit zweifelsohne das beste Instrument für die konsequente Umsetzung strategischer Überlegungen in das operative Tagesgeschäft. Um die vielfältigen Nutzenpotentiale der BSC jedoch voll realisieren zu können, reicht eine gute Konzeption allein nicht aus. Unterstützung durch das Top-Management auf der einen Seite sowie Verständnis und Akzeptanz bei Anwendern und Betroffenen auf der anderen Seite sind unerlässlich. Denn wie für jedes andere Hilfsmittel gilt auch für die Balanced Scorecard: Selbst das leistungsfähigste Instrument nützt nichts, wenn es von den Anwendern und Betroffenen nicht richtig und gerne eingesetzt wird.




Die wichtigsten Funktionen und die Kosten

Zahlreiche Praxisbeispiele belegen, dass der Nutzen einer Balanced Scorecard im operativen Einsatz massgeblich von der Qualität des Entwicklungs- und Implementierungsprozesses abhängt. Aus den bisherigenErfahrungen lassen sich folgende Regeln für eine erfolgreiche Projektumsetzung ableiten:



Do's



• Stellen Sie die volle Unterstützung des Managements sicher.



• Beziehen Sie die Mitarbeiter in die Entwicklung der BSC ein.



• Weisen Sie schnell und regelmässig Erfolge mit einer vollständigen BSC in einem ausgewählten Pilotbereich nach.



• Identifizieren Sie schnell die geeignete Datenverarbeitungslösung.



• Stellen Sie eine kontinuierliche Weiterentwicklung der BSC sicher.



• Holen Sie regelmässig Feedback von den Nutzern der BSC hinsichtlich Verständlichkeit, Nutzungsgrad und Handhabbarkeit ein.



Don'ts



• Vermeiden Sie eine zu schnelle Anbindung der BSC an Ihr Vergütungssystem.



• Vermeiden Sie eine mangelnde Integration der BSC in das Berichtswesen (kein paralleles Managementinstrument).



• Verzichten Sie auf zu viele Kennzahlen, Redundanzen und Widersprüche.



• Verhindern Sie Informationsinseln und Wissensbarrieren.



• Vermeiden Sie eine Entkopplung des Prozesses der strategischen Planung von der Entwicklung der BSC.






Hinweis zu den Autoren:

Dr. Marc Schomann ist Partner der ESPRiT Consulting AG. Stephan A. Dössel ist als freiberuflicher Managementberater tätig. Kontakt: marc.schomann@esprit-consulting.de



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