Editorial

Die versteckten Kosten der Effizienz

David Rosenthal über die Mühsal, mobile Geräte zu konfigurieren.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2003/14

     

Wenn sich die Anbieter von Computern, PDAs, Handys und Internet oder anderen Errungenschaften der Informationstechnik in einem einig sind, dann ist es das Versprechen, unsere Arbeit effizienter gestalten zu können. Ich selbst glaube ganz offensichtlich an dieses Versprechen: Nicht nur kaufe ich mir immer wieder einen neuen PDA oder ein Handy mit noch mehr Funktionen. Ich setze diese Technik auch mit all ihren Möglichkeiten ein. So etwa beim Schreiben dieser Kolumne auf einer Insel in einem norwegischen Fjord. Zwar muss ich hier mit einem Plumpsklo auskommen, und eine normale Telefonverbindung ist ebenfalls keine vorhanden. Doch dank meinem Arsenal an moderner IT verfüge ich über eine mobile Internetanbindung in den Rest der Welt. Obwohl mir letzterer im Urlaub eigentlich egal sein sollte.



Das ist freilich Nebensache, denn die Technik hat ihr Versprechen erfüllt. Ich konnte eilige Klientenanfragen auch hier in der Wildnis zeitgerecht beantworten (obwohl ich eine Stellvertretung hätte). Ich habe auch andere Arbeiten erledigen können und werde bei meiner Rückkehr nicht jene Hunderte von unbeantworteten Mails finden, über die meine Kollegen nach dem Urlaub klagen. Doch ist das wirklich Effizienz? Für meine Klienten sicherlich. Für meinen Stellvertreter wohl auch. Und teilweise selbst für mich und mein Gefühl, über die Geschehnisse informiert zu sein und nichts zu verpassen.




Doch das ist nur der eine Teil der Rechnung. Die Effizienz und dauernde Verfügbarkeit der Informationstechnik bedingt nämlich auch einen erheblichen Aufwand. Da wären zum einen die direkten Kosten. Sehen wir von der Anschaffung der Hard- und Software einmal ab, so kann zum Beispiel die Telekommunikation auf Reisen ausserhalb des eigenen Büros horrend teuer werden. Obwohl ich hier in Norwegen über mein Handy auf die Nummer eines lokalen Internetproviders anrufe und mich vorgängig über das günstigste Handynetz informiert habe, dürfte mich die Verfügbarkeit in meinen Ferien mehrere Hundert Franken an Roaming-Gebühren kosten. Das ist kein Einzelfall. Würde ich auf Geschäftsreisen beispielsweise die von Hotels angebotenen Internetzugänge in den Zimmern nutzen, müsste ich für das Lesen einiger Mails täglich 20 Franken oder mehr bezahlen. Internet-Cafés sind zwar günstiger, doch danach suchen will ich nach einem langen Arbeitstag nicht.



Die indirekten Kosten sind oft noch höher. Zwar kann ich mit meinem Palm, Handy und Notebook meine Mails überall abrufen. Doch von selbst haben sich diese Geräte nicht konfiguriert. Ich habe Stunden damit verbracht, die verschiedenen Systeme einzurichten und aufeinander abzustimmen. Kaufe ich ein neues Handy, fängt der Spass von neuem an. Dabei halten die Hilfsprogramme dieser Geräte ebensowenig wie Windows das, was sie versprechen. Auf den ersten Anhieb klappt es nie. Keinerlei Probleme hatte ich bisher nur bei WLAN, nur sind diese Zugänge nicht wirklich zahlreich. Dabei frage ich mich regelmässig, wie denn jene, die etwas weniger über ihren PC wissen, all die Technik nutzen, die sie ja auch kaufen. Die Antwort ist müssig: Sie nutzen eben nur einen Teil der Möglichkeiten. Fazit: Der Weg zum Effizienzgewinn durch Technik ist beschwerlich. Wer ihn gehen will, muss viel Zeit und Geld investieren. Ob sich diese Investition rechnet, scheint eine Frage, für die sich niemand ernsthaft interessiert - weder die eifrigen Nutzer der Technik wie ich noch deren Verschmäher.




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