Gute Zeiten für alle IT-Quereinsteiger

Quereinsteiger erobern die Informatikbranche. Zusatzwissen aus anderen Branchen ist in der IT-Wirtschaft gefragt.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2001/12

     

Alle reden über den Personalmangel in der Informationstechnologie. Dass der Bedarf an hochqualifiziertem Personal auf Jahre hinaus nicht gedeckt werden kann, hört man an jeder Ecke. Und weil die Zahl der Absolventen einer Informatikausbildung nicht einfach per Mausklick erhöht werden kann, und auch die aus dem Ausland kommenden IT-Spezialisten nicht alle Probleme lösen werden, müssen sich die Firmenchefs etwas einfallen lassen. Die Lösung sind in viel Betrieben Quereinsteiger. Ingenieure und Naturwissenschaftler, Kaufleute, aber auch viele andere Berufstätige haben inzwischen in der Informatik eine neue berufliche Heimat gefunden. Oft entscheiden sie sich für eine Tätigkeit, die sie zum Zeitpunkt ihrer Berufswahl übersehen hatten, oder die es noch nicht gab.


Welche Kenntnisse sind notwendig?

Aber hat jemand, der sich für PCs interessiert, privat auch schon mal ein LAN einrichtet und sich vielleicht ein bisschen im Programmieren versucht, überhaupt eine Chance, einen Job im IT-Bereich zu erhalten? Wenn ja, welche Grundvoraussetzungen müssen dafür erfüllt sein? Gute Kenntnisse im Office-Bereich und im Internet reichen wohl nicht aus. Was sollte man also konkret mitbringen?



Stefan Conzelmann HR-Marketingverantwortlicher von Compaq meint dazu: "Wir bekommen viele Bewerbungen von Leuten aller Berufsgruppen und stellen auch des öfteren Quereinsteiger ein. User-Knowledge reicht zwar für den Backoffice-Bereich und manchmal auch für den Consumer-Bereich, aber für komplexere IT-Konzepte brauchen wir gut ausgebildete Mitarbeiter mit einem breiten Wissen."




Je nach Einsatzort und Stelle kann in Compaq's hausinternen Kursen und Schulungen Know-how dazu gewonnen werden. Grundsätzlich werden aber Quereinsteiger gerne eingestellt. "Betriebswirtschaftliches Feeling und gesunder Menschenverstand sind in manchen Berufen mindestens so wichtig wie erlerntes Fachwissen", erläutert Conzelmann.



Die Anforderungen der Firmen an die zukünftigen Mitarbeiter reichen von einem blossem Interesse am IT-Bereich bis zur Voraussetzung einer EDV-Ausbildung. Sehr gute Englischkenntnisse erweisen sich als ebenso relevant wie analytisches Denkvermögen. Von den heutigen Fachleuten des Informatiksektors hat ein Grossteil als Quereinsteiger über Erstberufe den Weg in die IT-Branche gefunden.




Die Ausbildungsmöglichkeiten

Sehr beliebt sind die Weiterbildungskurse zahlreicher Computerschulen, die den Abschluss mit dem Schweizerischen Informatik-Zertifikat (SIZ) anbieten. Um dem Mangel an IT-Personal entgegenzuwirken, hat das Bundesamt für Berufsbildung und Technologie letztes Jahr das Aktionsprogramm "softnet" entworfen, welches mit 30 Millionen Franken Unterstützung realisiert wird. Zusammen mit der Wirtschaftsinformatikschule Wiss sollen Quereinsteiger stärker gefördert werden. Auch die Zürcher Lehrmeistervereinigung Informatik bietet seit kurzem eine berufsbegleitende Ausbildung für Umsteiger an. Nach dem zweijährigen Lehrgang in Abendkursen schliesst der Auszubildende mit dem eidgenössischen Fähigkeitszeugnis als Informatiker ab.





Die Jobsuche ist nicht immer einfach

Meist können in Informatikberufen auch viele Anwenderkenntnisse und -erfahrungen aus bisherigen Berufstätigkeiten nutzbringend mitverwendet werden. Grosse Hilfe bieten dabei die unternehmenseigenen Personaldienste, die Interesse daran haben, geeignete Kandidatinnen und Kandidaten als Umsteiger für das Gebiet Informatik gewinnen zu können. Sie kennen die Karrierechancen und die Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten; sie kennen aber auch die Anforderungen und Hürden und sind manchmal sogar bereit, einen Teil der Schulkosten zu übernehmen.



Quereinsteigerin Nathalie Hauswirth kommt ursprünglich aus der Handwerkbranche. Die gelernte Steinbildhauerin fand 1998 keinen Job mehr auf diesem Gebiet und liess sich in der Schule EB Wolfbach zur Webpublisherin umschulen. Heute arbeitet die 31-jährige in der Internetabteilung der Sonntagszeitung und übernimmt Aufträge auf Freelance-Basis. Doch ganz so einfach war es nach der Umschulung nicht, einen Job in der IT-Branche zu finden. Natalie Hauswirth: "Firmen suchen Mitarbeiter mit Berufserfahrung: Schulabgänger aber bringen diese noch nicht mit. Es ist sicher ratsam, sich bereits vor der Umschulung nach einer Firma umzusehen, die Quereinsteigern eine Chance gibt."




Die Informatik bietet weiterhin hervorragende Berufschancen für umsteigewillige Jobsuchende. Die dafür nötigen Abklärungen und Ausbildungsschritte (Spezialschulen, Kurse oder ganze Studiengänge usw.) müssen aber sorgfältig geplant werden, am besten in Absprache mit einem künftigen Arbeitgeber. Dadurch lassen sich utopische Hoffnungen und entsprechende spätere Enttäuschungen vermeiden.



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