Neuorientierung bei B2B-Anbietern

Mit der Value-Chain-Management-Ankündigung durch Ariba und die Übernahme des Marktplatzanbieters Rightworks durch i2 zeichnet sich neue Konstallationen ab.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2001/12

     

Die Neuausrichtung von Ariba und i2 zeigt eines: Die Unternehmen fokussieren sich zunehmend auf die vollständigen Prozessketten und nicht mehr nur auf den Marktplatz als Mittler zwischen den Unternehmen.



Die Koinzidenz dieser strategischen Entscheidungen von zwei der führenden Unternehmen im B2B-Bereich macht deutlich, dass die bisherigen Ansätze nicht mehr ausreichen. Es geht nicht mehr darum, nur einen Marktplatz zu realisieren, sondern vielmehr darum, die Wertketten innerhalb und zwischen den Unternehmen vollständig zu unterstützen. Eine zentrale Herausforderung für Anbieter wie Ariba und CommerceOne stellt dabei der Trend zum Peer-to-Peer-Networking dar.


Prozessoptimierung im Fokus

Für die meisten Transaktionen, die zwischen einem Unternehmen und seinen Lieferanten abgewickelt werden, braucht es keinen Marktplatz im klassischen Sinne. Denn das Ziel ist nicht mehr primär, neue Lieferanten zu finden oder die günstigsten Angebote auszuwählen, sondern die Prozesse zu optimieren und damit Einsparungen zu erzielen. So spricht Olaf Koch, Vice President E-Business Development bei DaimlerChrysler, beispielsweise von 17 Prozent Einsparungen beim E-Procurement. Die Einsparungen bei diesen Beschaffungsprozessen, die schon heute zu beachtlichen Teilen über den Marktplatz Covisint abgewickelt werden, entstehen dabei aber nicht primär durch das Ausspielen von Lieferanten gegeneinander und besseren Konditionen, sondern durch reduzierte Prozesskosten.



Unter diesem Aspekt sind die Ankündigungen der beiden Firmen sehr konsequent. Während i2 als Unternehmen aus dem Bereich des Supply Chain Management seine Palette dabei um Marktplatzlösungen erweitert hat, fokussiert sich Ariba auf die Prozesse entlang der Wertkette, die seine Marktplatzlösungen mit den Systemen der beteiligten Unternehmen integrieren. Allerdings darf man nicht übersehen, dass gerade beispielsweise das VCM-Konzept von Ariba bisher vor allem eine Ankündigung ist. Und von dort bis hin zur Implementierung ist es noch ein weiter Weg. Denn die Realisierung dessen, was versprochen ist, gestaltet sich gerade auch im B2B-Bereich oft deutlich schwieriger, als sich das Kunden und Dienstleister erhofft haben. So waren bei CommerceOne im Oktober 2000 von 107 vereinbarten Marktplätzen gerade einmal 47 operativ. Und nicht umsonst lautet das Ziel des Unternehmens für das Jahr 2001 auch Execution, also die Umsetzung der vereinbarten Marktplätze.





Zusammenarbeit zählt

Zudem schläft die Konkurrenz nicht. Microsoft hat mit dem BizTalk Server eine Lösung auf den Markt gebracht, die für Peer-to-Peer-Lösungen und Dienste für die Integration von Wertketten eine exzellente Ausgangsbasis bietet.



Mit UDDI, einer von IBM, Microsoft und Ariba getriebenen Initiative mit derzeit über 220 Mitgliedsunternehmen, oder Microsofts bCentral entstehen Standards, Technologien und Lösungen, mit denen Unternehmen in vergleichsweise einfacher Form Verbindungen zu anderen Unternehmen herstellen können, die dann zukünftig als Peer-to-Peer-Lösungen direkt abgewickelt werden sollen. Im Bereich der Prozessintegration kommt aber Konkurrenz auch aus anderen Bereichen. Etablierte SCM-Anbieter wie SAP, Spezialisten für die Implementierung und Erweiterung solcher Lösungen und Anbieter für die Prozess- und Systemintegration sowie die Informationslogistik spielen hier eine zentrale Rolle.




Ariba spricht in seiner Ankündigung denn auch davon, mit strategischen Partnern zusammenzuarbeiten. Letztlich wird kein Unternehmen die gesamten Anforderungen alleine abdecken können. Die Frage, die sich stellt, ist aber, ob die Spezialisten für die Integration entlang von Wertketten oder die Anbieter von Marktplätzen besser für die zukünftigen Herausforderungen aufgestellt sind.



Einiges spricht hier dafür, dass das Integrations-Know-how und die Beherrschung der Abwicklung von Transaktionen, Informationsprozessen und gezielter Informationsauslieferung wie auch der Unterstützung von Kollaborationsprozessen entlang der Wertkette eine wichtigere Rolle spielen wird als das B2B-Marktplatz-Thema.



B2B-Lösungen werden sich verändern. Der Fokus liegt dabei in der optimalen Ausführung von Prozessen und in der vollständigen Unterstützung derselben auf allen Ebenen - mit dem Austausch von Dokumenten und der Transaktionsabwicklung, der Information über Produkte und den Austausch von Konstruktionsdaten bis hin zu den Kollaborationsprozessen und entscheidungsunterstützender Informationslieferung. Zudem spielt in einer Prozessorientierung das Wissen über die Prozesse und damit auch ein Branchen-Wissen eine zunehmend wichtige Rolle - hier werden mehr und mehr Spezialisten gefragt sein, die Lösungen optimal umsetzen.



Bei B2B-Lösungen stehen derzeit drei Unternehmen im Mittelpunkt: Ariba, CommerceOne und i2, deren Konzepte und Strategien im folgenden kurz skizziert werden.




End-to-End-Strategie bei Ariba

Ariba hat neben der neuen Ankündigung des VCM (Value Chain Management) seinen Fokus darauf, mit der Ariba B2B E-Commerce-Platform eine umfassende und offene End-to-End-Infrastruktur für den Online-Handel und ergänzende Kollaborationsprozesse zu bieten. Der Schwerpunkt liegt auf dem E-Procurement, also den Beschaffungsprozessen. Die Supply Chain-Unterstützung ist dagegen derzeit noch auf die Ariba Supplier Solution fokussiert - also eine Supply-, aber keine echte Chain-Unterstützung. Das zentrale Tool des Unternehmens ist der Ariba Buyer als E-Procurement-Lösung. Ariba Sourcing ist eine Lösung für ausschreibungsbasierte Beschaffung.



Hinzu kommen die eigenen Softwarelösungen, um komplette Marktplätze zu betreiben. Um eine optimale Integration der Ariba-Lösungen mit bestehenden IT-Infrastrukturen zu ermöglichen, hat das Unternehmen im Herbst letzten Jahres einen Vertrag mit TIBCO abgeschlossen. TIBCO liefert Realtime-Infrastruktur-Software und ist eines der führenden Unternehmen im Bereich der Anwendungsintegration.





CommerceOne: Fokussierung auf den Marktplatz

Das zweite Unternehmen, das im Blickpunkt zahlreicher Betrachtungen im B2B-Umfeld steht, ist CommerceOne. Hier wurde der Fokus primär auf den Betrieb von Marktplätzen gelegt. Im Lösungsbereich gibt es einerseits das Produkt MarketSet. Dabei handelt es sich um ein gemeinsames Angebot von SAPmarkets und CommerceOne. Es ist das technologisch leistungsfähigste und anspruchsvollste Produkt von CommerceOne mit einem Fokus auf die Anpassung an Supply Chains und die Unterstützung von Kunden aus produzierenden Industrien wie der Automobilindustrie.



Das zweite Produkt, CommerceOne MarketSite, fokussiert auf regionale und horizontal ausgerichtete B2B-Marktplätze im Bereich von Dienstleistungskunden wie beispielsweise Banken. Schliesslich gibt es noch die Net Market Maker Solution, die für Marktplätze für kleine und mittlere Unternehmen gedacht ist.




Die Lösungen basieren alle auf der gleichen Infrastruktur und unterstützen auch die selben Standards. Die Produkte bieten eine Reihe von Diensten wie Auktionen, Katalog-Content und Procurement an. Über das CommerceOne Global Trading Net und CommerceOne.net werden eine Reihe weiterer Dienste angeboten. Dazu gehören beispielsweise auch Payment Services.




i2: Ursprünge im Supply Chain Management

Einen deutlich anderen Fokus hat i2. Das Unternehmen kommt aus dem Supply Chain Management und Intelligent Decision Support. Unter dem Produktnamen i2 TradeMatrix wird ein Baukasten für E-Business-Lösungen angeboten. Auf dieser Basis finden sich Produkte primär für die Entscheidungsunterstützung beim Umgang mit privaten und öffentlichen Marktplätzen. Der Fokus von i2 wird besonders deutlich, wenn man die im Februar dieses Jahres vorgestellte Lösung für das Supplier Relationship Management (SRM) betrachtet. Damit werden Content-Informationen beispielsweise zu Teilen, Lieferanten, Aufträgen und Designs zusammengeführt und allen beteiligten Mitarbeitern entlang der Supply Chain zur Verfügung gestellt.



Im Bereich des Content liegt der Schwerpunkt von i2 auf standardisierten Informationen zu Teilen und Lieferanten für Konstruktion und Beschaffung. Zwar unterstützt auch i2 Marktplatzlösungen mit Auktionen und anderen zentralen Verfahren. Im Gegensatz zu Ariba oder CommerceOne lag der Schwerpunkt aber bisher viel stärker auf dem Management der Informationen entlang der Supply Chain und spezialisierten Diensten für standardisierbaren Content, um damit Entscheidungen zu unterstützen. Ein wichtiges Ziel dabei ist auch die Integration von Informationen aus verschiedenen Marktplätzen beziehungsweise die Ausspielung von Verkäuferdaten auf unterschiedliche Marktplätze.




Mit der Akquisition von Rightworks hat das Unternehmen allerdings nun auch einen Anbieter von "klassischen" B2B-Marktplatzlösungen im Stile beispielsweise von Ariba erworben. Rightworks unterstützt Procurement- und E-Commerce-Lösungen. Damit können die Stärken von i2 im Bereich von Supply-Chain-Lösungen mit den technologisch hochstehenden von Rightworks kombiniert werden. i2 könnte sich hierdurch eine führende Position im B2B-Markt verschaffen, da das Unternehmen im Gegensatz zu CommerceOne und Ariba wesentliche Teile der geforderten Funktionalität aus eigener Hand abdecken kann.




Weitere B2B-Player

Der B2B-Markt beschränkt sich aber keineswegs auf diese drei Unternehmen.
Wenn man die aktuellen Entwicklungen betrachtet, dann wird sich das auch noch weiter ändern. So adressiert Microsoft mit Lösungen wie dem BizTalk Server und bCentral ebenfalls diesen Markt. Allerdings fehlt Microsoft als Anbieter das Know-how, um spezifische Anforderungen von Kunden zu bedienen und Komplettlösungen anbieten zu können. Im Gegensatz zu Ariba oder CommerceOne ist Microsoft primär ein Produkt- und kein Lösungsanbieter.



Zudem darf man nicht übersehen, dass der Markt wesentlich breiter ist und sich noch weiter ausdehnen wird, da immer mehr Lösungsspezialisten mit konkretem Wissen zu Branchen und Prozessen gefragt sein werden. Zweifelsohne wird ausserdem auch der eine oder andere kleinere Anbieter seinen Marktanteil noch signifikant vergrössern können.




Es spricht einiges dafür, dass sich der B2B-Markt in den nächsten Jahren fundamental ändern wird. Anbieter aus dem Supply-Chain-Umfeld und Hersteller von Netzplattformen, die auch über starkes Know-how im Bereich der Enterprise Application Integration (EAI) verfügen, werden zu den Gewinnern gehören.



Die Anbieter von Marktplatzlösungen werden dagegen nur dann erfolgreich sein, wenn es ihnen gelingt, auch als Integratoren wirklich glaubwürdig zu werden. Denn mit den Marktplätzen allein wird in Zukunft nur in den wenigsten Bereichen Geld zu verdienen sein. Nur wer die Unternehmen auch bei der Reduktion von Prozesskosten effizient unterstützt, ist in der Lage, hochskalierbare Geschäftsmodelle durchzusetzen.



Artikel kommentieren
Kommentare werden vor der Freischaltung durch die Redaktion geprüft.

Anti-Spam-Frage: Welche Farbe hatte Rotkäppchens Kappe?
GOLD SPONSOREN
SPONSOREN & PARTNER