Ferien: Gleiche Rechte für alle
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2001/07
Wem stehen wie viele Ferientage zu, wann können diese bezogen werden und wie muss dies dem Arbeitgeber kommuniziert werden? Diese Fragen führen häufig zu Streitigkeiten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Grundsätzlich gilt in der Schweiz folgendes: Jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf mindestens vier Wochen Ferien pro Jahr, unter 20-jährige fünf Wochen. Dagegen ist es ein weitverbreiteter Irrtum, dass über 50-jährige in jedem Fall Anspruch auf fünf Wochen Ferien haben.
Ein Anspruch auf mehr Ferientage ist nur dann durchsetzbar, wenn dies in einem Einzel- oder Gesamtarbeitsvertrag (GAV) vereinbart wurde. So hat beispielsweise die Swisscom im neuen ab Januar 2001 gültigen GAV den Ferienanspruch von vier auf fünf Wochen pro Jahr angehoben. Es setzt sich immer mehr durch, dass Firmen ihren Angestellten fünf anstatt nur vier Ferienwochen gewähren, so schreiben auch die neuen Gesamtarbeitsverträge der SSM (Schweizer Syndikat Medienschaffender) oder der Maschinenindustrie fünf Ferienwochen vor.
Ein weiterer Diskussionspunkt bieten immer wieder verfallene Ferienguthaben. Nicht bezogene Ferientage können nach OR während fünf Jahren nachgeholt werden. Abweichende Bestimmungen in einem Arbeitsvertrag oder Firmenreglement sind ungültig, Ausnahmen können für Angestellte der öffentlichen Hand gelten, da sie nicht dem Obligationenrecht unterstehen.
Gemäss Rechtssprechung der Arbeitsgerichte muss der Zeitpunkt der Ferien mindestens drei Monate im voraus festgelegt werden, das Obligationenrecht (OR) schreibt zudem vor, dass mindestens zwei Ferienwochen am Stück gewährt werden müssen. In Notlagen dürfen die Ferien von unentbehrlichen Spezialisten und Kadermitgliedern kurzfristig widerrufen werden, oder, wenn nötig, können diese aus den Ferien zurückgerufen werden - die entstehenden Kosten gehen in diesem Fall vollumfänglich zu Lasten des Arbeitgebers.
Grundsätzlich darf der Arbeitgeber den Zeitpunkt der Ferien bestimmen, er muss aber auf die Wünsche und berechtigten Interessen (z.B. Schulferien) des Arbeitnehmers Rücksicht nehmen. Der Arbeitgeber muss den Zeitpunkt der Ferien rechtzeitig festlegen, in der Regel mindestens drei Monate im voraus.
Eine etwas andere Regelung kommt bei Teilzeit-Arbeitnehmern zum Tragen: Bei Teilzeitangestellten und unregelmässig Beschäftigten wird statt bezahlter Ferien meist ein entsprechender Zuschlag (mindestens 8,33%) auf den Stundenlohn geschlagen. Auch in diesen Fällen muss der Arbeitgeber aber die Möglichkeit gewähren, dass der Arbeitnehmer mindestens vier Wochen pro Jahr der Arbeit fernbleiben kann - natürlich ohne Lohn, da dieser bereits durch die Zulage abgedeckt ist.
Bei der Swisscom gibt es keine Unterschiede: Alle Mitarbeiter haben Anspruch auf gleich viele Ferientage. "Eine Ausnahme bildet das mittlere Kader ab dem 50. Altersjahr. Diese erhalten eine zusätzliche Ferienwoche", sagt Pressesprecher Sepp Huber.
Auch bei Tech Data wird das Kader gleich behandelt wie die übrigen Angestellten. Dafür operiert man beim IT-Distributor mit zusätzlichen leistungsabhängigen Ferientagen, so Geschäftsleiter Andreas Dürst.
Um die Attraktivität der Firma als Arbeitgeber zu steigern, sind weder für die Swisscom noch für Tech Data zusätzliche Ferientage eine Option, um bei Neueinstellungen die Bewerber zu ködern.
Urlaub und Freizeit sind wichtig für die Gesundheit und das Wohlbefinden. Unser Gesetz bestimmt, dass Ferien der Erholung der Angestellten dienen und diese auch bezogen werden müssen. Grundsätzlich ist es verboten, die Ferien auszuzahlen - es gibt zwei Ausnahmen:
Erlaubt ist die Ferienauszahlung bei unregelmässiger und stark schwankender Teilzeitarbeit.
Erlaubt ist die Barauszahlung der Ferien am Ende des Arbeitsverhältnisses, jedoch nur dann, wenn der Arbeitgeber den Vertrag gekündigt hat.
Dass die Ferien zur Erholung genutzt werden müssen, wird sogar gesetzlich geregelt: Das OR sieht dazu vor, dass der Arbeitgeber den Lohn während der Ferien verweigern oder bereits bezahlten Lohn zurückverlangen kann, falls ein Arbeitnehmer in seinen Ferien anderswo gegen Bezahlung arbeitet. Der Arbeitgeber soll nach Urlaubsabwesenheit mit frisch ausgeruhten Mitarbeiter rechnen können.
Im Informationszeitalter kommt immer mehr die Frage auf, ob eine fixe Zuteilung von Ferien überhaupt noch Sinn macht. Am Strand E-Mails schreiben, Berichte auf dem Laptop verfassen und diese per Internet übermitteln ist gang und gäbe. Dank den Möglichkeiten der neuen Technologien ist die Gleichung Arbeitszeit = Präsenzzeit im Büro überholt, und man muss sich überlegen, ob nicht neue flexiblere Regelungen zur Anwendung kommen sollten.