Corel Linux 1.2

Mit der Second Edition von Corel Debian-Derivat rückt Linux näher an den Desktop.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2000/34

     

Corel hatte bereits mit der ersten Ausgabe seines Linux-OS vorwiegend den Desktop-Markt im Auge (vgl. PC Guide 4/2000). Nun lancierte der inzwischen etwas angeschlagene kanadische Softwarehersteller ein erstes Update seines Linux-basierten Betriebssystems. Die meisten Neuerungen in Corel Linux OS, dessen Versionsnummer nun 1.2 beträgt, sind dem Alltagsuser verborgen unter der Oberfläche anzutreffen. Neuerungen betreffen etwa so langerwartete Features wie Unterstützung für USB oder WinModems.




Corel Linux gibt es nach wie vor in drei Ausgaben: Die Download-Edition, die gratis aus dem Internet geladen werden kann und in diesem Artikel besprochen wird, besteht aus dem Kernel 2.2.16, einem angepassten KDE 1.1.2, ausgewählten Debian-Paketen sowie einer Reihe weiterer Applikationen. Die Standard-Edition umfasst demgegenüber zusätzlich das Loki Entertainment-Pack und bietet 30 Tage Support via E-Mail an. Die Deluxe-Edition schliesslich beinhaltet noch eine ganze Reihe kommerzieller Anwendungen wie WordPerfect 8 und PhotoPaint 9, 200 TrueType- und Type-1-Fonts sowie Support via Telefon.


Zügiges Installationsprozedere

Das Herunterladen von Corel Linux ist nur als 600 MB grosses ISO-Image möglich, das dann anschliessend mit einer entsprechenden Brennersoftware auf eine CD-ROM gebrannt werden muss. Die so angefertigte CD-ROM ist bootfähig, und die Installation kann auf den meisten neueren Rechnern mit einem Neustart der Maschine begonnen werden. Besitzt man einen PC, dessen BIOS das Booten einer CD-ROM nicht unterstützt, kann unter Windows mit Hilfe eines komfortablen Wizard rasch eine Boot-Diskette erstellt werden.



Die eigentliche Installation wird ebenfalls mit einem Wizard abgewickelt und läuft über bloss drei Stufen: Wahl eines Usernamens, Wahl der Installationsart und Wahl der Zielpartition. Fortgeschrittene Anwender können dabei auch eine benutzerdefinierte Installation wählen, wobei die meisten Pakete von Hand ausgewählt werden können.




Bei der Wahl der Zielpartition kann Corel Linux die ganze Harddisk oder eine freie Partition beanspruchen. Alternativ kann aber auch in eine Windows-Partition installiert werden. Schliesslich haben kundige Linux-User auch die Möglichkeit, die Partitionstabelle von Hand einzurichten. Wenn man bereits etwas Erfahrung mit Linux hat, ist dies bestimmt die sicherste Lösung, insofern man so die volle Kontrolle darüber hat, wie und wo Corels Linux installiert wird.



Nachdem man zu allen Punkten Stellung genommen hat, ist es Zeit für eine Tasse Kaffee, während sich das Installationsprogramm um den Rest kümmert. Sogar die Einrichtung des LILO-Bootloader geschieht automatisch. Darüber hinaus werden eventuell vorhandene Windows-9x- und -NT-Partitionen automatisch erkannt und ins Bootmenü eingetragen.




Bedienungsfreundlichkeit wird grossgeschrieben

Mit der Desktop-Umgebung KDE, die von vornherein stark an Windows angelehnt ist, dürfte die Bedienung von Corel Linux Um- und Einsteigern nicht allzu schwer fallen. Dazu kommt, dass Corels eigens entwickelter CorelExplorer ganz besonders auf den Explorer unter Windows ausgerichtet ist.



Hardware-Einheiten werden, sofern diese unterstützt sind, normalerweise ohne Probleme erkannt und zweckmässig eingerichtet. Somit dürfte im Normalfall das Fine-Tuning nur noch geringfügige Anpassungen erfordern, die weitgehend vom Kontrollzentrum aus erledigt werden können.




Die Installation weiterer Software-Pakete oder ein Upgrade des Systems wird bequem von CorelUpdate aus erledigt, wobei auch distributionsfremde DEB- und RPM-Pakete installiert werden können. Dazu ist allerdings zu bemerken, dass das Auffinden nicht erfüllter Abhängigkeiten aufgrund eines Programmfehlers in CorelUpdate nicht gerade leicht ist. Dafür geht ein Upgrade via FTP-Server von Corel oder Debian sowie von der CD-ROM wie geschmiert.


Schönheitsfehler

Während die Erstausgabe von Corels Linux noch eine ganze Reihe von Kinderkrankheiten hatte, sind viele dieser Mängel unterdessen behoben worden. Allerdings ist auch die Second Edition nicht ganz frei von Schönheitsfehlern. Beispielsweise kann das linke Rahmenfenster, das das Inhaltsverzeichnis für das umfassende Online-Manual beinhaltet, nach wie vor nicht in der Breite angepasst werden, was das Suchen nach bestimmten Abschnitten unnötig erschwert. Ebenso weist Corels FileManager Probleme mit dem Rendern von Web-Inhalten auf.



Glücklicherweise ist die Mehrheit dieser Fehler jedoch nur noch kosmetischer Art und beeinträchtigt die Funktionsweise von Corel Linux OS nicht wesentlich.





Nicht für jeden PC

Weit schlimmer ist, dass die Kompatibilitätsliste von Corel Linux immer noch einige Lücken aufweist. Auf einigen Maschinen, beispielsweise der IBM IntelliStation M Pro, lässt sich Corel Linux OS überhaupt nicht installieren. Während sich bei anderen Linux-Distributionen oft eine Lösung findet, so dass "problematische" Einheiten wenigstens teilweise unterstützt werden, ist dies bei Corel Linux OS nicht immer möglich. Die Bedienungsfreundlichkeit hat ihren Preis. Nicht selten erscheint Corel Linux trotz Debian-Basis geschlossener als andere Distributionen.




Daher wird vor dem Erwerb einer kommerziellen Ausgabe von Corel Linux das eingehende Studium der Hardware-Kompatibilitätsliste auf Corels Website dringend empfohlen. Zur Vorabklärung kann probehalber auch die Download-Version installiert werden. Falls dabei keine Probleme auftreten, ist Corel Linux OS eine gute Alternative für ein Desktop-Betriebssystem.



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