Lohnt sich das Bachelor-Studium?

Vor drei Jahren begannen die ersten Studenten der Fachhochschulen mit der Bachelor-Ausbildung im Bereich Informatik. Nun sind sie durch, und es wird Zeit für ein Fazit.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2008/11

     

«Nach der Schnupperlehre war für mich klar: Ich will Informatiker werden»; Fabio F. ist 25 Jahre alt und hat seine vierjährige Informatikerlehre bei der Raiffeisen Bank 2003 abgeschlossen. Die Schwerpunkte der Ausbildung lagen dabei im Client- und Server-Support, der Netzwerktechnik und der Telefonie. Im Sommer 2004 schliesslich stand F. vor der Entscheidung, entweder bei der Raiffeisen Bank weiterzuarbeiten und sich on the Job weiterzubilden, oder aber ein Studium aufzunehmen.

Obwohl er für die Aufnahme an einer Fachhochschule erst die Berufsmatura nachholen musste, entschied er sich für ein Informatik-Bachelorstudium an der Hochschule für Technik in Rapperswil: «Bei der Wahl des Studiums achtete ich gezielt auf den IT-Lehrplan. Und da die technische Hochschule in Rapperswil einen ausgezeichneten Ruf hat, war für mich klar, dass ich dorthin gehen will.»


«Für mich die richtige Entscheidung»

Wer sich für einen Bachelor entscheidet, sollte sich bewusst darauf einstellen, auch wirklich zu studie-ren. Seit der Bologna-Reform ist das Klischee des faulen und sich durchmogelnden Studenten nämlich endgültig überholt. Egal ob Teilzeit-, berufsbegleitendes oder Vollzeitstudium: Der Aufwand ist in jedem Fall nicht zu unterschätzen.



F. aber ist sich sicher, dass das Studium in Rapperswil für ihn das Richtige war. Das dreijährige Vollzeitstudium – die ersten berufsbegleitenden Bachelor-Stu­diengänge werden nächstes Jahr ihren Abschluss machen – kann er bloss jedem empfehlen, wie er selbst sagt. Allerdings findet auch er, dass die Anforderungen nicht ganz ohne seien. Für ein Bachelorstudium werden insgesamt
180 Kreditpunkte (ECTS-Punkte) verlangt. Ein einzelner Kreditpunkt entspricht dabei immerhin
30 Stunden Arbeitsaufwand.




Und 180 Kreditpunkte auf sechs Semes­ter verteilt bedeutet eine erwartete Leistung von gut 1800 Stunden pro Semester. «Während den 14-wöchi­­gen Semestern müssen nun verschiedene Module besucht werden. Ein Modul wie zum Beispiel ‹Mathematik› bringt beispielsweise vier ECTS-Punkte ein, was einen Arbeitsaufwand von 120 Stunden bedeutet. Es besteht aus einer zweistündigen Vorlesung und einer zweistündigen Übungseinheit pro Woche. Hochgerechnet auf das ganze Semester ergibt dies einen Frontalunterricht von 56 Stunden», führt F. aus. Im Klartext also: Neben den obligatorischen Schulstunden sollten für das Modul «Mathematik» pro Woche gut viereinhalb Stunden aufgewendet werden.



Doch das ist erst der Aufwand für vier von insgesamt 30 zu erreichenden Kreditpunkten pro Semester. Laut F. gibt es aber auch Module, in welchen der Arbeitsaufwand nicht so hoch ist. Und fügt schmunzelnd hinzu, dass Studenten manchmal auch einfach den Weg des geringsten Widerstandes wählen.


Wissen benutzen

Die reinen Studienzeiten und der private Lernaufwand sind allerdings nicht alles. Am Ende des Bachelorstudiums erwartet die Studierenden die mit Abstand anspruchsvollste Aufgabe der Weiterbildung: die Bachelorarbeit. Dabei handelt es sich um eine oftmals zig Seiten starke Abhandlung über eine frei gewählte, natürlich im thematischen Umfeld des Studiums angesiedelten Problematik. Und diese ist mitnichten bloss theoretischer Natur: «In meiner Diplomarbeit zum Schluss des Studiums befasse ich mich mit wechselnden Themen an Ausstellungen. Die Technologie, die als Infrastruktur eingesetzt wird, demonstriert die Leistungsfähigkeit von Firmen und Forschungseinrichtungen.

So entwickelte ich zusammen mit einem Studienkollegen eine Software, womit die Besucherströme mittels der RFID-Technologie exakt verfolgt werden können.» So tragen bereits Studenten der Fachhochschule dazu bei, dass sich die Technologien weiterentwickeln. Und Beispiele, bei welchen eine Diplomarbeit zum Start-up-Unternehmen geführt hat, gibt’s mehr als genug.


Zukunftsaussichten

Die Liste von all dem Gelernten sei sehr umfangreich, möchte F. betont haben. Ausserdem könne man sich dieses Wissen unmöglich in einzelnen Kursen und sonstigen Weiterbildungen aneignen, da die Dichte der Informationen einfach zu gross sei. Wer ein Bachelor­studium im Bereich Informatik abgeschlossen hat, sollte anschliessend also in der Lage sein, komplexe Projekte auf dem Gebiet der Software-Entwicklung, des Netzwerkaufbaus und dessen Pflege sowie in den Bereich Dienstleistungen und Produktion kompetent mitzuarbeiten. Doch wie sieht es eigentlich auf dem Arbeitsmarkt aus?


Dass die Informatikbranche verzweifelt kompetente Fachkräfte sucht, ist längst bekannt. Zurzeit fehlen dem Sektor mehrere tausend IT-Profis, was sich natürlich auch auf den Arbeitsmarkt auswirkt. Wer heute IT-Erfahrung und eine gute Ausbildung vorzuweisen hat, kann aus dem Vollen schöpfen. Das erfährt auch F. nun am eigenen Leib: «Wenn ich Ende September 2008 schliesslich mein Diplom erhalte, werde ich wieder in die Geschäftswelt einsteigen und das Gelernte umsetzen. Die Job-Angebote sind bereits jetzt hervorragend, und ich freue mich auf die neuen Herausforderungen.»



Abschliessend lässt sich sagen, dass ein Bachelorstudium in vielerlei Hinsicht mehr Vor- als Nachteile mit sich bringt. Nicht bloss kann man seine Kompetenzen in den verschiedenen Bereichen weiter ausbauen, es vergrössert auch den eigenen Marktwert. Und obwohl der Arbeits- und Lernaufwand im Studium hoch sind, kommt die praktische Anwendung des Gelernten nicht zu kurz. Das gilt insbesondere natürlich für die Varianten des Teilzeitstudiums oder des berufsbegleitenden Studiums.




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