Arbeitsrecht: Ferien dienen der Erholung
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2005/13
Jeder Arbeitnehmer hat pro Kalenderjahr Anspruch auf mindestens vier Wochen Ferien. Wann er diese beziehen kann, bestimmt der Arbeitgeber unter Rücksichtnahme auf die Wünsche des Arbeitnehmers. Mindestens zwei Wochen müssen jedoch zusammenhängend gewährt werden.
Ferien dienen der körperlichen und geistigen Erholung und der Selbstverwirklichung. Sie sollen es dem Arbeitnehmer ermöglichen, sich von der Arbeit zu entspannen, am kulturellen, gesellschaftlichen und besonders auch am familiären Leben intensiver teilnehmen zu können oder gar einmal schlicht nichts zu tun (dolce far niente) (Rehbinder, Berner Kommentar N1 zu Art. 329a OR).
Ferien als zusammenhängende freie Tage müssen diesen der Erholung und der Regenerierung der Kräfte dienenden Zweck
erfüllen können. Damit dieser Zweck auch wirtschaftlich optimal erfüllt werden kann, muss der Arbeitgeber während der Ferien den vollen Lohn weiterbezahlen.
Ist ein Arbeitnehmer aufgrund von Erkrankung oder Unfall vollständig arbeitsunfähig, so ist in aller Regel die ordentliche Erfüllung des Ferienzwecks nicht möglich. Geplante Ferien können in diesem Fall nicht bezogen werden. Tritt eine solche Erkrankung oder ein Unfall während der Ferien ein, so besteht für solche ärztlich attestierten Krankheiten/Unfälle ein Nachbezugsrecht der verlorengegangenen Ferientage.
Eine teilweise Arbeitsunfähigkeit bedeutet noch nicht zwangsläufig, dass auch eine Ferienunfähigkeit vorliegt. Je nach Ursache der Arbeitsunfähigkeit kann der Ferienzweck immer noch oder eben nicht mehr erfüllt werden. Verunmöglicht die teilweise Arbeitsunfähigkeit eine sinnvolle Freizeitgestaltung, dann kann der Arbeitnehmer seine Ferien nicht antreten und muss zum ärztlich attestierten, möglichen Teil die Arbeitsleistung erbringen und die restliche Zeit zur Genesung nutzen. Die Ferien müssen auf einen Zeitpunkt verschoben werden, in dem der Erholungszweck erfüllt werden kann und die Ferienfähigkeit gegeben ist.
Verreist der Arbeitnehmer aber trotz teilweiser Arbeitsunfähigkeit in die Ferien, so bringt er damit zum Ausdruck, dass er sich als ferienfähig betrachtet und den geplanten Urlaub wunschgemäss verbringen und den Ferienzweck erfüllen kann. In diesem Fall werden die Ferien voll angerechnet. Wann immer der Erholungszweck gewährleistet ist, dürfen die bezogenen Ferien voll und nicht nur teilweise im Grade der Arbeitsfähigkeit angerechnet werden (Arbeitsgericht Zürich 1.6.1995, in JAR 1997, 145).
Gregor Ruh, Büro für Arbeitsrecht, Beratung, Ausbildung und Information
von Unternehmen, www.arbeitsrecht.ch