JavaOne - zehn Jahre kontrollierter Darwinismus
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2005/12
Seit zehn Jahren gibt es Java und ebensolange die dazugehörige Entwicklerkonferenz JavaOne. Sie gilt als weltweit wichtigstes Treffen der Java Community. In letzter Zeit aber mehren sich Stimmen, die die Tiefe, Qualität, Innovationskraft und Business-Lastigkeit der Konferenzbeiträge bemängeln. Da auch die Teilnehmerzahl der diesjährigen JavaOne das Allzeit-Hoch von 1999 mit über 20’000 Besuchern wohl verfehlen wird, drängt sich die Frage auf, ob zehn Jahre JavaOne genug sind.
Abgesehen vom detailversessenen Java-Geek dürfte diese Frage aber von den meisten Besuchern verneint werden. Denn die Konferenz gilt weiterhin als treibende Inspirationsquelle
und realer Zusatz für die Java Community. Sie
ist der Nährboden und Ort, wo aktuelle Ideen ausgetauscht, gesät und verbreitet werden – in Form von einer Art Aktivferien für Entwickler. Denn im Gegensatz zu virtuellen Foren bietet die «reale» Austauschplattform JavaOne die Möglichkeit, über das persönliche Gespräch mit Leuten, die die Technologie vorantreiben, frühzeitig die wichtigen Tendenzen zu erkennen und zu beeinflussen.
In der von der offenen Java Community betriebenen Technologie-Entwicklung läuft ein Prozess ab, der am besten als darwinistisch zu beschreiben ist: Sobald ein bestimmter Problembereich durch bestehende Technologie ungenügend abgedeckt ist, etabliert sich in der Community eine bessere Alternative. Bei mehreren Lösungen für den gleichen Problembereich setzt sich rasch die «fitteste» Lösung durch. Bei diesem gemeinsamen Prozess besteht aber die Gefahr der Verzettelung. Für die darum notwendige Abstimmung spielt die jährliche Zusammenkunft an der JavaOne eine zentrale Rolle. Sie sorgt im Zusammenspiel mit den virtuellen Foren als Regulativ sozusagen für einen «kontrollierten Darwinismus».
Werden an der JavaOne aber auch die aktuellen technischen Herausforderungen adressiert?
Ein erster Blick auf das Programm zeigt ein breites Angebot an entsprechenden Beiträgen und stimmt positiv. Am Anfang der Java-Ära war die Innovationsrate noch eindrücklich hoch, nicht zuletzt weil Sun Microsystems unter starkem Druck stand, kontinuierlich neue Technologien zu lancieren, typischerweise mit der JavaOne als Präsentationsbühne. Dies hatte seinen Niederschlag in Kompromissen, die teilweise auch im Design der Technologien zu finden waren.
Der Preis für den Erfolg ging auf Kosten von weniger sichtbaren Technologien. Diese hätten es erlaubt, von Anfang an eine Java-Anwendungsplattform auf professionellem Niveau zu betreiben. Gemäss dem Konferenzangebot sind derzeit jedoch etliche Anstrengungen zu erkennen, diese Lücken zu schliessen. So muss insbesondere das Angebot an Technologien zur Realisierung von kleineren, einfacheren und trotzdem effizienten und qualitativ hochstehenden Anwendungen weiter optimiert werden, um im Wettbewerb mit anderen Techniken zu bestehen.
Diese Herausforderungen werden mit aktuellen Lösungen wie Java ServerFaces, Spring, Hibernate und J2EE 5.0 adressiert. Zudem ist es erfreulich zu sehen, dass der Technologie-Darwinismus in der Java Community funktioniert, da einerseits Alternativen zum J2EE-Standard aufgezeigt werden, andererseits sich solche Alternativen in künftigen J2EE-Standards wieder finden. Spannend dürfte auf jeden Fall der erste Auftritt Microsofts an der JavaOne werden. Die Community wird genau hinschauen.