Kathy Riklin, Nationalrätin CVP, Zürich

«E-Voting halte ich staatspolitisch nicht für sinnvoll»

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2005/07

     



Was verstehen Sie persönlich unter E-Government?


In erster Linie geht es um den direkten Kontakt zu den Behörden – ich möchte zum Beispiel jemanden per E-Mail erreichen, wenn ich ein Problem habe. Oder die elektronische Steuererklärung, Kontakt zur Energie- und Wasserversorgung, Fahrpläne...




Davon ist aber doch vieles bereits realisiert?


An manchen Orten mag das stimmen, aber versuchen Sie in gewissen Kantonen einmal, elektronisch Kontakt zu den Behörden aufzunehmen. Es gibt hier gewaltige Unterschiede. Die föderalistischen Strukturen machen das Ganze sehr kompliziert.




Wir haben aber nun einmal diesen Föderalismus, wird eine
Vereinheitlichung nicht viel zu teuer?


Es lässt sich sicher einiges mehr machen. Generell sollte man sich überlegen, ob die Schweiz nicht modernere Strukturen braucht, die weniger aufwendig zu pflegen sind. Das E-Government-Problem zeigt, wie viele teure Insellösungen wir haben.




Manchmal bekommt man den Eindruck, E-Government sei primär ein IT-Hype. Besteht beim Bürger wirklich ein Bedürfnis?


Ich denke schon. E-Government fängt mit an sich einfachen Vorgängen wie der Reservation von Büchern in der Gemeindebibliothek an. Ich war zum Beispiel über Ostern im Tessin und habe vergeblich versucht, online herauszufinden, wann und wo in Lugano eine Messe abgehalten wird – das wäre doch eigentlich eine Information, die man problemlos ins Internet stellen könnte.




Beim Stichwort E-Government denkt man oft zuerst an elektronische Wahlen und Abstimmungen. Wie stehen Sie dazu?


Beim E-Voting habe ich grösste Bedenken, auch aus staatspolitischen Gründen. Stimmen und Wählen sollte ein bewusster Akt sein, für den man durchaus auch mal das Haus verlassen darf.




In Ihrer Interpellation stellen Sie fest, dass die Verantwortung für E-Government beim Finanzdepartement liegt. Wäre das Thema andernorts nicht besser aufgehoben?


Problematisch ist eher, dass es letztlich über die Bundeskanzlei läuft, und das sind keine Fachleute. Es hätte von Anfang an eine Fachperson gebraucht, die das Ganze an die Hand nimmt – stattdessen hat es sich völlig verzettelt. Für das ch.ch-Portal sind 18 Millionen praktisch verpufft, mit sehr bescheidenem Resultat.




Sie regen auch an, analog zum Jahr-2000-Delegierten einen Mr. oder eine Mrs. E-Government zu schaffen. Was soll das bringen?


Es gäbe endlich eine klar verantwortliche Person, bei der die Fäden zusammenlaufen. Der Bundesrat wird wahrscheinlich sagen, das brauche es nicht – aber das Fehlen klarer Verantwortlichkeiten hat in der Vergangenheit sogar zu internen Querelen geführt. Schade, dass man sich gegenseitig eher bremst als vorantreibt.




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