Wireless LAN: Günter Weilguni vs. Marc Schürch
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2003/10
Wie Pilze schiessen sie aus dem Boden, die sogenannten Hotspots, die einen drahtlosen Netzzugang erlauben. Doch die WLAN-Technik ist nicht unumstritten: Viele Anwender beklagen sich über die mangelnde Performance der Netze sowie die in der Praxis schlecht verankerten Standards. Ein weiterer Knackpunkt ist das grosse Gefahrenpotential: So gelingt es der Wardrive-Szene immer wieder, mit Spürantennen schlecht abgeschirmte Netze ausfindig zu machen. Unbestritten bietet die WLAN-Technik aber auch Vorteile: Mehr Flexibilität oder geringere Installationskosten lauten hier die Stichworte.
Pro: Für uns als Hotelbetreiber kam die ganze Sache sehr billig zu stehen, sie kostete uns nämlich nichts. Die Aufwendungen in der Höhe von 250'000 Franken wurden durch den Betreiber ABB Installationen geleistet. Wir haben mit ABB ein Umsatzbeteiligungsmodell ausgearbeitet, das für uns ideal ist und ab einem bestimmten Betrag Gewinne abwirft. Das wichtigste ist, dass wir dadurch unseren Gästen einen optimalen Service bieten können, ohne dabei Geld in die Hand nehmen zu müssen. Besonders von unseren Seminarteilnehmern, die 35 Prozent aller Gäste ausmachen, wird das Angebot geschätzt. Eine drahtgebundene Lösung wäre uns zu teuer gekommen. Rund 400 Franken pro Zimmer hätte das gekostet, Räumlichkeiten wie Bar, Restaurant oder Küche und Keller wären damit aber noch nicht mal erschlossen gewesen.
Kontra: Bei einem W-LAN geht man typischerweise von einem massiv tieferen Bedarf an Bandbreite aus. Und deshalb werden denn auch häufig Äpfel mit Birnen verglichen. Schaut man auf die Gesamtkosten, so gibt es kaum Unterschiede. Und wer genau rechnet und die Kosten für die Adapter für Clients, Server und Drucker sowie den Radius-Server für die WLAN-Sicherheit sorgfältig einrechnet und dabei auch die Kosten für die Verkabelung nicht vergisst, stellt mithin fest, dass ein WLAN je nach Installation sogar teurer zu stehen kommt.
Pro: Wir sind sehr zufrieden mit der Geschwindigkeit. Früher hatten wir ein paar Zimmer mit ISDN ausgerüstet. Unsere Stammgäste sagen, dass sie jetzt über viel schnellere Verbindungen verfügen. Aber klar, man darf nicht vergessen, dass es sich bei WLAN um ein sogenanntes Shared Medium handelt, sich die Bandbreite also durch die Anzahl User teilt. Doch ein Flaschenhalsproblem hatten wir bisher noch nie. Auch in Spitzenzeiten sind höchstens 5 User gleichzeitig online. Käme es trotzdem zu einem Engpass, dann nicht beim WLAN, sondern bei der ADSL-Verbindung, die mit 2 MBit/s allerdings grosszügig bemessen ist. Zudem haben wir mit 53 Accesspoints ein dichtes, redundantes Netz aufgebaut.
Kontra: Ethernet-Netzwerke werden heute ausschliesslich mit Switching-Technologie ausgerüstet (100 MBit/s). Ein WLAN ist aber ein sogenanntes Shared Medium (Hub-Technologie). Das bedeutet, dass sich alle am Netz angeschlossenen User die Bandbreite (11 oder 54 MBit/s) unter sich teilen. Kommt hinzu, dass der effektive Durchsatz bei der WLAN-Technologie ohnehin weit unter den angegebenen (theoretischen) Werten liegt. Gänzlich chancenlos ist die Technologie, wenn ein Server via Funktechnik angeschlossen werden soll.
Pro: Bisher sind noch keine Klagen der Gäste bezüglich Sicherheit eingegangen. Der Gast ist durch ein VPN gegen Hackattacken gut abgesichert. Auch die Authentifizierung ist sicher und denkbar einfach: Er erhält mit dem Zimmerschlüssel ein Datenblatt mit seinen persönlichen Daten für den Hotspot im Hotel, das heisst Benutzername und Passwort. Der Hotelgast startet im Zimmer, oder sonstwo im Hotel, sein Notebook mit Wireless-Karte, öffnet seinen Browser und wird direkt auf die Hotelportalseite umgeleitet. Im Hintergrund läuft dann folgendes Szenario ab: Das Notebook des Hotelgastes wurde mit dem ersten Verbindungsaufbau anhand der Mac-Adresse registriert und die Einstellungen per DAT (Dynamic Adress Translation) übersetzt. Somit gelangt der Hotelgast ohne Konfiguration und Einstellungen am Notebook immer direkt auf die Hotelportalseite. Anschliessend authentifiziert sich der Hotelgast mit Benutzername und Passwort am Portal, mit dem explizitem Freischalten des Internetzuganges beginnt das Billing. Bei Nichtgebrauch oder fehlendem Datentransfer wird der Hotelgast automatisch zuerst vom Internet und dann anschliessend vom Portal getrennt. Verlässt der Hotelgast das Hotel, erhält er auf seiner Hotelrechnung eine separate Position Internet. Um die Verbindungen nachzuweisen besteht die Möglichkeit, einen Verbindungsnachweis auszudrucken. Der persönliche Account wird gesperrt und steht dem Kunden bei seinem nächsten Besuch wieder zur Verfügung.
Kontra: Heute stehen verschiedene Technologien zur Verfügung, die die Sicherheit von drahtgebundenen LANs und Wireless LANs stark verbessert haben. Aber diese Funktionen müssen auch aktiviert werden, sonst nützt alles nichts. Bei WLANs bleibt dies ganz klar ein Nachteil, denn der physikalische Zugang zum Netzwerk ist von überall her möglich. So ist es möglich, dass eine Attacke auf das Funknetzwerk vom Firmenparkplatz aus gestartet werden kann.
Pro: Das WLAN bedeutet grossen Komfort für unsere Gäste. Da wäre einmal der Wegfall des lästigen Kabelsalats zu nennen. Jetzt sehe ich Hotelbesucher gemütlich in einer Ecke der Bar sitzen und ihre Korrespondenz erledigen. Selbstverständlich funktioniert das auch im Wellnessbereich. Das WLAN bringt aber auch mehr Flexibilität für das Personal. So denken wir laut über eine Lösung nach, die das Checken der Minibars mittels PDA ermöglicht. Deshalb haben wir auch sämtliche Betriebsbereiche und den Keller mit dem Funknetz ausgestattet. In Zukunft ist auch eine Personaltelefonlösung auf Basis von mobilen VoIP-Apparaten denkbar.
Kontra: Es ist vollkommen klar, dass ein WLAN im Vergleich zu einem drahtgebundenen LAN eine wesentlich flexiblere Einsatzweise gestattet. Es ist nicht von der Hand zu weisen: hier bietet WLAN einen deutlichen Produktivitätssprung. Allerdings: Aus meiner Sicht macht es wohl am meisten Sinn, wenn eine Doppelstrategie verfolgt wird, also eine Kombination von herkömmlichen Netzwerken mit WLAN-Technik angestrebt wird.
Pro: Wartungsprobleme hatten wir bisher nicht. Dies auch deshalb, weil sämtliche Softwaresysteme via Fernwartung vom Serviceprovider in Schuss gehalten oder auf die neueste Version gebracht werden können.
Kontra: Bei der Wartung ist die Aufwandsbilanz ausgeglichen. Es gilt jedoch zu bedenken, dass Ethernet seit Jahren ein etablierter Standard ist. Bei WLAN sind nach wie vor Unterschiede in der Sicherheitsimplementierung vorhanden. Das bedeutet konkret, dass man Client-Adapterkarte und Access Points wohl oder übel beim gleichen Hersteller einkauft.
Pro: Günter Weilguni ist Direktor des Steigenberger Hotel Gstaad-Saanen.
Netzwerkumgebung: 130 Zimmer, 7 Suiten, 53 Access Points, redundant geführt in sämtlichen Hotelbreichen
Service Partner: ABB Installationen AG