Microsoft CMS flexibel, aber komplex

Mit der Anbindung an die hauseigene Office-Suite und der Unterstützung für das .Net-Framework bietet Content Management Server 2003 hohe Integrationsmöglichkeiten

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2003/04

     

Eigentlich tendiert Microsoft dazu, die Jahreszahlen in seinen Produktbezeichnungen zukunftsgerichtet zu verwenden. Der Microsoft Content Management Server (MCMS) 2002 ist zwar erst unmittelbar vor Jahresende auf den Markt gekommen, hat aber doch noch die 2002 im Namen. Nichtsdestotrotz hat sich verglichen mit dem ersten Release viel getan.



Beim MCMS 2002 fällt auf, dass das Thema CMS sehr viel entwicklungslastiger geworden ist als im ersten Release. Die meisten Neuerungen erleichtern die Anwendungsentwicklung oder integrieren den MCMS besser mit Programmierwerkzeugen. Diese Veränderungen sind symptomatisch für die generellen Änderungen bei CMS-Systemen.




CMS haben heute drei zentrale Funktionsbereiche.




• Die Basis bildet die Entwicklung der Grundlagen für neue Sites, wozu heute die Unterstützung von Web-Services, XML und dergleichen mehr gehört. Es geht weniger um statische Websites als vielmehr um ein in komplexe Webanwendungen integriertes Content Management.




• Der zweite Bereich betrifft die Content-Generierung sowie die Freigabeprozesse. Dieser Themenbereich ist aber weitestgehend abgedeckt und bietet nur noch wenig Raum für Optimierungen.




• Der dritte Bereich ist dann das Site-Management, das zunehmend von der Content-Erstellung und -Freigabe getrennt wird. Diese Trennung findet sich auch beim MCMS 2002 wieder. Der eigentliche CMS Server fokussiert auf die Erstellung und Freigabe von Content. Zusätzlich können die Developer Tools eingerichtet werden, um komplexe Websites zu realisieren. Darüber hinaus gibt es dann noch den Site Manager und den Site Stager für das Site-Management und das Übergeben geänderter Informationen an die Produktionssysteme.


Entwicklerfokus

Die Liste von Neuerungen beim MCMS 2002 zeigt deutlich, wo Microsoft den grössten Handlungsbedarf gesehen hat. Die zentralen Erweiterungen im Vergleich zur Vorversion liegen in der Unterstützung für das .Net Framework und ASP .Net sowie der Integration mit Visual Studio .Net. Durch diese Erweiterungen können Sites, die mit dem MCMS erstellt und von ihm genutzt werden, das ganze Spektrum der .Net-Technologien nutzen. Andererseits wird die Publishing-API des MCMS auch für die .Net-Umgebung bereitgestellt, so dass sie über die CLR (Common Language Runtime) angesteuert werden kann.



Durch die Unterstützung des .Net Framework beziehungsweise von ASP .Net kann beispielsweise das Authentifizierungsmodell von ASP .Net genutzt werden, mit dem sich externe Benutzerkonten auf das Active Directory mappen und Authentifizierungsprozesse flexibel anpassen lassen. Der MCMS profitiert auch von den verbesserten Caching-Mechanismen von ASP .Net. Über diese kann gezielt gesteuert werden, welche Sites gecacht werden. Das Caching kann dabei auch von Berechtigungen und Rollen der zugreifenden Benutzer abhängig gemacht werden. Durch das erweiterte Ereignismodell von ASP .Net können die Workflows des MCMS einfach erweitert werden. Auch die Unterstützung mehrerer Sprachversionen wird durch das .Net Framework erleichtert. Die Lokalisierung von Anwendungen kann dort ohne zusätzliche Eingriffe von Entwicklern erfolgen.




Von besonderer Bedeutung sind schliesslich die Unterstützung von Web-Services und XML als zwei Kernbestandteile von .Net. Im Zusammenhang mit dem MCMS sind Web-Services interessant, um Content als Web-Service bereitzustellen oder auf Content-Web-Services zuzugreifen. Die XML-Unterstützung erlaubt den Import von beliebigen XML-basierenden Informationen, die über Stylesheets konvertiert werden können.



Durch die Verbindung zwischen dem MCMS und Visual Studio .Net können Entwickler ferner Templates in Visual-Studio-.Net-Projekten erstellen und verwalten, was den Umgang mit diesen Vorlagen vor allem bei komplexen Websites erleichtert. Ferner wird durch die erweiterten Benutzerschnittstellen von Visual Studio .Net die Entwicklung generell erleichtert. Ausserdem können die Templates ebenso wie der Code sehr effizient auch mit Versionskontrollwerkzeugen wie Microsoft Visual SourceSafe verwaltet werden.



Verglichen mit diesen Erweiterungen rücken die neuen Funktionen für die Erstellungs- und Freigabeprozesse sowie das Site-Management etwas in den Hintergrund. Erwähnenswert ist hier vor allem der MCMS Authoring Connector. Über diesen können Microsoft-Office-Anwendungen für die Erstellung von Content eingesetzt werden.
Beim MCMS 2002 sind ausserdem die Prozesse für die Erstellung von Content und die Verwaltung von Sites besser voneinander getrennt. Der Site Manager kann nicht mehr für die Erstellung von Content genutzt werden. Er wird nur noch für das Management von Sites, die Vergabe von Berechtigungen, die Überwachung von Änderungen und die Verwaltung von Ressourcen verwendet. Für das Deployment von Sites gibt es nun eine eigene API. Mit dieser kann das Deployment von Sites gezielt über Skripts gesteuert werden, um beispielsweise nur einzelne Änderungen auf die Produktionsserver zu übernehmen und Sites schrittweise zu aktualisieren.




Installation und Nutzung

Für die Installation des MCMS sollte man sich reichlich Zeit nehmen und schon im Vorfeld alle erforderlichen CDs zusammentragen. Denn die Installationsvoraussetzungen für den MCMS 2002 sind beachtlich. Und wer nicht vorher genau die Dokumentation des Produkts liest, wird sicherlich das eine oder andere Mal im Installationsprozess feststellen, dass er noch nicht alle erforderliche Software installiert hat.



Um den MCMS 2002 installieren zu können, sind das Microsoft .Net Framework SDK im Service Pack 2, der Internet Explorer 6.0 mit den IE Web Controls, die Internetinformationsdienste 5.0 und die MDAC (Microsoft Data Access Components) in der Version 2.7 erforderlich. Die Web Controls und die MDAC 2.7 werden mit dem MCMS 2002 geliefert. Darüber hinaus ist noch der Zugriff auf einen Microsoft SQL Server 2000 mit installiertem Service Pack 2 zwingend erforderlich. Auf diesem muss vor der Konfiguration des MCMS 2002 bereits eine Datenbank eingerichtet worden sein. Die Prozedur für die Einrichtung der Datenbank und die Vergabe der Zugriffsberechtigungen ist in der Dokumentation genau beschrieben. Nach der Installation des Service Pack 2 des Microsoft .Net Framework SDK und des Service Pack 2 für den SQL Server 2000 ist zudem jeweils ein Neustart erforderlich.




Der eigentliche Installationsvorgang ist, wenn alles vorbereitet ist, sehr einfach. Im Installationsprogramm kann ausgewählt werden, welche Komponenten auf welchem Server eingerichtet werden sollen. Typischerweise werden eine Reihe von Servern für die Entwicklung, das Staging und den produktiven Betrieb eingesetzt, was entsprechend auch die Installation von Komponenten auf mehreren Systemen erfordert. Welche Server welche Rolle einnehmen, sollte dabei im Vorfeld genau geplant werden.



Nach dem Abschluss der Installation muss dann die Database Configuration Application ausgeführt werden. Diese installiert das Datenbank-Schema und konfiguriert die verschiedenen MCMS-Anwendungen. Nachdem dieser Schritt abgeschlossen ist, muss noch die Konfigurationsanwendung für den MCMS selbst gestartet werden. Dabei handelt es sich um ein browserbasiertes Tool. Erst dann können die eigentlichen Verwaltungsprogramme des MCMS 2002 ausgeführt werden, die vergleichsweise einfach und intuitiv zu bedienen sind.



Bei den Administrationsschnittstellen fällt einzig die etwas uneinheitliche Gestaltung auf. Die Assistenten für die Konfiguration der Datenbank und des Servers unterscheiden sich voneinander ebenso wie von Site Manager und Site Stager.



Bei den Entwicklungsschnittstellen ist vor allem die Office-Integration - Microsofts Büro-Suite ist Voraussetzung - sehr interessant. Aber auch das Web Author Interface ist in entsprechenden Anwendungen gut nutzbar.



Die mit dem MCMS gelieferte Beispielanwendung stellt dafür einen guten Ausgangspunkt dar. Für eine schnelle Umsetzung von Websites ist der MCMS aber nicht das geeignete Werkzeug, weil den Autorenprozessen immer erst einiges an Entwicklungsaufwand vorangestellt ist.




Unter dem Strich

Die Komplexität des MCMS liegt in der Entwicklung der Anwendungen und weniger in den administrativen Schnittstellen. Das macht auch deutlich, dass der MCMS 2002 kein Werkzeug für die einfache Verwaltung kleinerer Sites, sondern eine komplexe Lösung für komplexe Websites ist. Darauf ist das Produkt ausgelegt, und nur dort macht es auch wirklich Sinn. Wenn man Microsofts Zukunftspläne mit "Jupiter" betrachtet, wo Funktionen des BizTalk Server, des Commerce Server und des MCMS zusammengeführt werden sollen, wird diese Stossrichtung noch deutlicher. Einfache, kleine und insbesondere auch interne Sites sind mehr das Feld für den Sharepoint Portal Server. Der MCMS 2002 ist dagegen auf komplexe E-Business-Anwendungen und grosse Sites ausgerichtet, bei denen die Softwareentwicklung die zentrale Rolle spielt.




Microsoft hat alle Chancen, den Markt der Content-Management-Systeme zu erobern - aber nicht alleine mit dem MCMS 2002, weil dieser vor allem das obere Marktsegment adressiert. Das gilt auch für die neue Version, obwohl der Preis pro Prozessor nur noch rund 40 Prozent des früheren beträgt.



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