VoIP-Strategie: Migrieren oder Neuinstallation?

Ob die Migration der Neuinstallation vorzuziehen ist, hängt einerseits von der bestehenden Infrastruktur, andererseits von den individuellen Bedürfnissen ab.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2003/03

     

Bei ihren Produktstrategien verfolgen die Anbieter unterschiedliche Ansichten. Nortel etwa setzt auf seine traditionelle Telefoniegeschichte. "Wir haben eine sehr grosse installierte Basis. Unsere Kunden profitieren von unserem Migrationskonzept", sagt Urs Zimmermann, Senior Sales Engineer Enterprise VoIP von Nortel Networks Schweiz. Als Vorteil für die Kunden sieht Nortel etwa die Möglichkeit, dass sie Schritt für Schritt migrieren können. Ausserdem sollen die gleichen Leistungsmerkmale möglich sein, wie sie die Konkurrenz auch bietet. Ferner könne Nortel durch seine grosse Erfahrung im Carrier-Bereich eine sehr hohe Verfügbarkeit garantieren.



Cisco verfolgt genau die gegenteilige Strategie. Raffaello Dolci, Sales Business Development Manager Cisco Schweiz: "Unser Vorteil ist, dass wir keine traditionelle Telefoniegeschichte haben." Der Cisco-Mann will damit sagen, dass die Erfahrungen rein aus der IP-Telefonie kommen und somit wertvoller seien für die Kunden.




Wie auch immer - der traditionelle Anbieter verdient sicherlich Geld mit Upgrades bestehender Anlagen, der reine IP-Anbieter profitiert hingegen bei Neuinstallationen.



Ciscos Architektur nennt sich AVVID (Architecture for Voice, Video and Integrated Data). Der Hauptvorteil liegt in der Client-seitigen Interoperabilität. Dadurch sollen sich auch Produkte von Drittherstellern wie etwa Compaqs iPaq einbinden lassen.



Bei den Kosten halten sich die beiden Hersteller eher bedeckt. "Man kann nicht über den Preis reden, ohne über den Return on Investment zu sprechen", sagt Dolci. Und hier fehlen vermutlich noch die entsprechenden Erfahrungswerte. Aber generell muss für die Installation und Inbetriebnahme mit etwa 1000 bis 1200 Franken pro Arbeitsplatz gerechnet werden.


Innovative Softwarelösung

Anders als Cisco oder Nortel bietet die Firma Media-Streams.com eine rein Software-basierte Lösung an, die sich sowohl in vorhandene Systeme als auch in Neuinstallationen integrieren lässt. E-Phone nennt sich das Softclient-Produkt, das die Sprachkommunikation direkt in die bestehende E-Mail-Umgebung (Outlook oder Lotus Notes) integriert. Die Lösung kostet bei grösseren Installationen in der Standardausführung ungefähr 1000 Franken pro Arbeitsplatz. E-Phone verfolgt genau die gleiche Philosophie, wie wir sie vom E-Mail kennen. Dem Mail-Programm wird lediglich eine weitere Schaltfläche hinzugefügt. Wie beim Mail-Verkehr wird jeder ein- und ausgehende Anruf archiviert. Die Software erfordert keine eigene Datenhaltung. Die Daten werden aus dem Active Directory vom Exchange-Server entnommen.



Ein Vorteil ergibt sich daraus, dass man die Services (Gatekeeper, Proxy Client Service etc.) beliebig im Netz implementieren kann. Dadurch verteilt sich einerseits die Netzlast, und andererseits wird die Ausfallsicherheit gesteigert. Ausserdem entfällt der Einsatz von IP-Telefonen. Der Telefonhörer wird an der USB-Schnittstelle des Rechners angeschlossen.




Wer eine Softclient-Lösung einsetzt, hat allerdings den Nachteil, dass er den PC für die Bürotelefonie immer laufen lassen muss.



Will man die Kosten kalkulieren, darf man einen sehr wichtigen Faktor nicht ausser acht lassen: die Personalkosten. "Die technischen Angestellten, die ein solches System im Netzwerkbereich konfigurieren und bedienen können, sind Spezialisten und haben einen hohen Lohn", stellt Urs Zimmermann fest. Die klassischen Telefönler seien einiges billiger. Das kann sich natürlich entsprechend auf die Kosten auswirken.




Die einzelnen Komponenten

Das Herzstück einer VoIP-Lösung ist der Callserver. Dabei handelt es sich um einen Registrierungsservice, der die Aufgabe hat, den IP-Client anzumelden und die Leistungsmerkmale zuzuweisen. Das Gateway gewährleistet die Übergänge in andere Telefoniewelten wie etwa ISDN, macht aber auch die Querverbindungen in andere Systeme, die VoIP nicht unterstützen. Für die zentrale Verwaltung des ganzen Rufnummernplans kommt der Gatekeeper (bei H.323) zum Einsatz, der beim SIP-Protokoll auch Registrar genannt wird.
Schliesslich braucht es natürlich die Clients. Hier steht eine breite Palette von Produkten zur Auswahl. Es kann ein reines IP-Telefon sein, das sich äusserlich kaum von einem herkömmlichen Apparat unterscheidet, oder man entscheidet sich für ein sogenanntes Softphone - ein einfacher Hörer oder ein Headset, das über die USB-Schnittstelle angeschlossen wird. Die Telefonapplikation läuft dabei auf dem PC. Ausserdem bietet etwa Nortel einen Adapter an, mit dem herkömmliche digitale Telefone IP-fähig gemacht werden: ein Adapter wandelt dabei die digitalen Informationen in VoIP-Pakete um.



Netzwerkseitig braucht es genügend Bandbreite und kurze Laufzeiten, damit man auch die Sprachqualität erhält, die wir gewohnt sind. Ausserdem muss man redundante Pfade aufbauen, um einen Ausfall innerhalb von Sekunden beheben zu können. Ferner sorgen Priorisierungs-Technologien dafür, dass die Sprache gegenüber den Daten Vorrang hat.




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