CRM: «It's all coming 2.0gether»
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2008/04
CRM-Konzepte und -Technologien durchliefen im letzten Jahrzehnt eine enorme Entwicklung. Firmen kamen und gingen, das Web wurde erwachsen und Software-as-a-Service (SaaS) schaffte den Sprung von einem Nischenangebot zu einem wichtigen Geschäftsmodell. Und stets war dabei zu vernehmen: «Der Kunde ist König.»
Diese mittlerweile etwas abgedroschene Phrase entwickelt im Zuge einer von den herkömmlichen CRM-Konzepten wegstrebenden Entwicklung ein Eigenleben. Was früher nur Mittel zur Verwaltung von Kundendaten und damit zum besseren Verstehen des Kunden – und letztendlich zur Steigerung des Umsatzes mit dem Kunden – war, gilt heute als entscheidendes und wechselseitig wirkendes Bindeglied zwischen den Kunden und dem Anbieter.
Greenberg ist nicht der einzige, der die Zeichen zu lesen weiss. Die kumulativen Effekte der Web-2.0-Revolution für das CRM hat mittlerweile die gesamte Branche realisiert. Vor drei Jahren nahmen diese Konzepte Gestalt an. Damals stellten Hightech-Kunden mit komplexen Produkten Überlegungen zur Optimierung von Zusammenarbeit und Vernetzung an. Heute werden immer mehr Geschäfte online abgewickelt. Am stärksten zeigt sich das im Bank- und Gesundheitswesen. Dort hat der Endnutzer die Möglichkeit, dank des Zugangs zu seinen Daten Aufgaben in Eigenregie und nach eigenem Zeitplan zu erledigen.
Ziel des Ganzen ist es, zu steuern, wie die Leute über eine Firma denken und mit ihr interagieren. «Anbieter beginnen die Customer Experience ernst zu nehmen», erklärt Greenberg. Traditionell definierten sich Firmen über konkrete, klar umrissene Begriffe – Begriffe, die ihr Tätigkeitsfeld, ihre Produkte und Dienstleistungen sowie die Märkte, in denen sie operieren, beschreiben. Diese Art der punktuellen Identifizierung gibt es so nicht mehr. Heute gibt der Kunde den Takt vor. «Heutzutage hat das Produkt fast jedes Unternehmens eine solch starke Stellung, dass man sich einfach nicht auf eine simple Definition dessen, was das Produkt kann, beschränken lassen möchte.»
Der kollaborative, internetbasierte Zwei-Wege-Ansatz, der gerade zu einem festen Bestandteil von CRM 2.0 wird, spiegelt sich auch in der Technologie wider, die Grundlage von CRM-Initiativen ist. Um genauso flexibel wie ihre Kunden zu bleiben, setzen Firmen bei ihren geschäftskritischen Anwendungen Flexibilität voraus. CRM bildet da keine Ausnahme.
Angesichts dessen bleibt der Kunde weiterhin König, und Daten bilden immer noch die Grundlage für jede Geschäftstätigkeit. Kundendaten und -analysen sind jedoch bei der Evaluierung von CRM-Produkten in den Vordergrund gerückt. Im Zentrum steht zwar weiterhin die Marketing-Analytik, viele Firmenkunden wollen jedoch die Daten in ihren CRM-Systemen analysieren: Regionsverwaltung, Rentabilität und vorhersagende Analytik.
«Die alten Analysewerkzeuge haben ausgedient», bemerkt Greenberg und fügt hinzu, dass es häufig schlimmer ist, sich auf qualitativ schlechte Kennziffern zu stützen als gar keine Kennziffern zu haben. «Eine Rating-Agentur – Idioten, deren Namen ich nicht nennen möchte – will die Bedeutung von Webseiten an der Verweildauer ihrer Besucher festmachen. Wenn sich das durchsetzt, fordere ich jeden auf, meinen Blog aufzurufen, den Computer eingeschaltet zu lassen und dann in den Urlaub zu fahren.»
Für Anbieter wird es von entscheidender Bedeutung sein, ob sie eine mehrstufige Business-Intelligence-Strategie für das komplette Anforderungsspektrum in diesem Bereich anbieten können: Dashboards, Ad-hoc-Berichte und vorhersagende Analytik. Die Kosten und die Verfügbarkeit solcher Lösungen müssen auch für kleinere Firmen überschaubar sein. Daher wird Qualität und Quantität der vordefinierten Analysewerkzeuge für Kunden, die nach einer Customer-Intelligence-Lösung suchen, zunehmend im Vordergrund stehen.
Dieser kollaborative Ansatz hat auch in der Anwendungsentwicklung seine Spuren hinterlassen und ist laut Branchenanalysten einer der Gründe dafür, warum der Hype um SaaS seinen Zenit bereits überschritten hat. Das Interesse ist zwar ungebrochen, und auch das Wachstum hält an. Die Anwender fragen sich aber in zunehmendem Mass, wie sie ihre CRM-Systeme mit den vielen internen Anwendungen vernetzen können. Das gegenwärtig vorherrschende SaaS-Modell weist in dieser Hinsicht starke Einschränkungen auf.
Diese Hemmnisse haben bereits zu neuen Entwicklungsmodellen geführt: Cloud Computing/Web-Plattformen, Mashups und Composite Applications sowie Open-Source-Entwicklungsmodelle. Laut Gartner werden bis 2010 circa 80 Prozent der Composite Enterprise Applications auf der Basis von Web-Mashups entstehen.
Diese wiederum werden sich in den kommenden fünf Jahren erheblich weiterentwickeln. Und in dem Masse, in dem SaaS zunehmend realisierbarer wird, werden neu entstehende Web-Plattformen über webbasierte «Cloud-Computing»–Umgebungen Zugriff auf Infrastruktur-Services, Informationen, Anwendungen und Geschäftsprozesse bieten und es Unternehmen damit erstmalig ermöglichen, auf der Grundlage einer SaaS-Lösung ergänzende und mit der jeweiligen CRM-Lösung vernetzte Anwendungen und Module zu entwickeln.
Open Source wird dabei das Medium sein, über das die SaaS-Plattformen der nächsten Generation ihre Ergebnisse liefern. Laut Gartner enthält bis 2010 etwa 80 Prozent aller kommerziellen Software Elemente der jetzt schon ausgereiften und zuverlässigen Open-Source-Technologie. Open Source wird für Anbieter und Nutzer grosse Möglichkeiten der Senkung der Gesamtbetriebskosten und der Erhöhung der Kapitalrendite bieten. «Das Web wird zu einer omnipräsenten Plattform für Anwendungen aller Art, einschliesslich CRM», erklärt Martin Schneider, Leiter Produktmarketing bei SugarCRM.
«Der Erfolg von Konzepten wie Cloud Computing und Enterprise Collaboration hängt vom weiteren Eindringen von Open Source in die Anwendungsschicht ab. Ohne offene, standardbasierte Entwicklungssprachen als Ergänzung zur allgegenwärtigen Open-Source-Infrastruktur und den zugehörigen Bereitstellungsverfahren kann die Computing Cloud die lösungs- und unternehmensübergreifende Interoperabilität nicht wirklich gewährleisten.»
Abschliessend und im Einklang mit dem genannten «CRM 2.0» prognostiziert Gartner, dass sich das Segment der Web-2.0-Enterprise-Produkte bis 2010 mit neuen innovativen Produkten und neuen Marktteilnehmern stark verändern wird. Dabei werden Neugründungen, grosse Hersteller und herkömmliche Collaboration-Anbieter gleichermassen eine Rolle spielen. Im Zuge der Nachfrage nach wirklich zuverlässigen Web- 2.0-Produkten wird der heute noch sehr unübersichtliche Markt von einer starken Konsolidierung geprägt sein. Aktuelle und künftige Social-Software-Technologien als Ergänzung herkömmlicher Collaboration-Lösungen werden dennoch in zunehmendem Mass Verbreitung finden.
Clint Oram ist Mitbegründer und Vice President von SugarCRM, zuständig für Open Source Community Relations.