Storage-Trends: So geht es weiter
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2007/21
Die Suche nach den Trends im nächsten Jahr hat begonnen. Ungemein mühselig ist sie allerdings nicht. Obwohl auch wir keine Hellseher sind und man immer auf Unerwartetes oder Unwahrscheinliches vorbereitet sein sollte: Viele Trends für nächstes Jahr sind bereits heute erkennbar und vor allem auch spürbar.
So wird beispielsweise die Virtualisierung ihren Siegeszug wohl ungehindert fortsetzen. Auch Technologien, welche als Ziel die Komplexitätsreduktion vor Augen haben, werden weiterhin eine gute Ausgangslage haben. Viele Kundenbefragungen zeigen, dass dies nach wie vor eines der Hauptanliegen der User ist.
In den letzten Jahren war im Zusammenhang mit Datensicherheit meistens von Data-in-flight oder Data-in-use die Rede, das heisst, von Daten während einer Übertragung oder einer bloss kurzzeitigen Speicherung im Netzwerk. Immer lauter werden heute aber die Stimmen derer, welche fordern, dass ihre längerfristig gespeicherten Daten, die sogenannten Data-in-rest, ebenso geschützt werden. Bedenkt man, dass ein Datenverlust für ein Unternehmen immer auch einen finanziellen Verlust bedeutet, ist diese Forderung schon längst überfällig.
Sicherheit für sämtliche gespeicherten Daten, das heisst für Data-in-use, -in-flight sowie -in-rest, wird damit eines der zentralen Topics im nächsten Jahr sein. Und «Verschlüsselung» ist das Wort der Stunde. Während bisher hauptsächlich Daten, welche gerade gebraucht oder übermittelt wurden, verschlüsselt worden sind, sollen morgen sämtliche Daten verschlüsselt werden. Auch die durchschnittlich 98 Prozent an Unternehmensdaten, welche gerade nicht gebraucht werden. Der Startschuss für diese Verschlüsselungspraktik wurde von HP bereits dieses Jahr mit einer entsprechenden Appliance abgegeben. Weitere ähnliche Produkte dürften ziemlich bald folgen.
Ist von Storage und den verschiedenen Speicherlösungen die Rede, kommt schnell auch einmal das Thema der fehlenden Industriestandards und die nicht vorhandene Kompatibilität zwischen den einzelnen Systemen zur Sprache. So auch bei der «Storage Networking Industry Association» (SNIA), einer weltweiten Non-Profit-Handelsorganisation, welche sich das Ziel gesetzt hat, die Storage-Branche voranzutreiben. Unter diesen Prämissen versucht die SNIA zurzeit, verschiedene Standards durchzusetzen, mit welchen die beinahe unzähligen Storage-Systeme untereinander kommunizieren können.
Das zurzeit vielversprechendste Projekt ist dabei die XAM-Initiative der SNIA. Bei XAM (extensible access method) handelt es sich um die «Labelung» von Datenpaketen auf Hard-Disks, Tapes und anderen Fixed-Storage-Devices. Durch die Erstellung dieser Metadaten soll eine standardisierte Zugriffsmethode zwischen Consumern wie beispielsweise Applikationen und Management-Software und deren Providern, den Storage-Systemen selbst, etabliert und somit auch Interoperabilität unter den verschiedenen Appliances hergestellt werden. Obwohl sich XAM zurzeit noch in der Entwicklungsphase befindet, können Interessierte jederzeit auf der SNIA-Website den momentanen Status einsehen.
Nur damit an dieser Stelle keine falschen Vorstellungen entstehen: Auch XAM ist leider kein Wundermittel gegen alle Integrationsprobleme von Storage-Produkten. Voraussetzung für die industrieweite Implementation dieses Standards ist, dass sich die Applikationshersteller zusammenraufen und ihre Programme XAM-fähig machen. Erst dann kann die eigentliche Kompatibilität gewährleistet werden. Dies geschieht über ein XAM-Software-Framework, dessen Library sich zwischen die verschiedenen, herstellerabhängigen Interface-Module der Storage-Appliances, die VIMs (Vendor Interface Modul), und die Applikationen legt.
XAM ist aber keineswegs der einzige Versuch der SNIA, die sehr vielfältige Storage-Landschaft zu standardisieren. Andere Ansätze sind beispielsweise das Common RAID Disk Data Format (DDF) oder das iSCSI Management API (IMA). Ersteres soll verschiedene RAID-Systeme kompatibel machen, das IMA möchte das iSCSI-Interface unabhängig vom Host-Bus-Adapter werden lassen.
Zusammen mit zwei weiteren Ansätzen, dem Multipath Management API und der Storage Management Initiative, sind insgesamt fünf Industriestandards bei der SNIA in der Pipeline.
Obwohl die Entwicklung eher langsam vorangetrieben wird, lässt sich also ein Silberstreifen am Horizont ausmachen. Die unübersichtliche Situation, was Storage betrifft, dürfte sich kommendes Jahr um einiges verbessern, auch wenn eine dauerhafte Implementierung und Akzeptanz von Standards wohl länger dauern wird.
Die rasante Entwicklung von unternehmensspezifischen Speicherlösungen lässt sich in gleichem Masse auch auf die Privatanwender übertragen. Mit den Solid-State-Disks und den Hybrid-Festplatten wurden dieses Jahr gleich zwei neue Speichertechnologien auf den Markt geworfen. Die Entwicklung weg von Festplatten hin zu Flash-basierten oder zumindest Flash-unterstützten Speichersystemen in Notebooks und Desktop-PCs wird auch nächstes Jahr weitergehen. Und das hat seinen guten Grund.
Den Festplatten von heute sind physikalische Grenzen gesetzt. Auf der einen Seite sind sie dadurch eingeschränkt, dass die magnetisch gespeicherten Daten mittels Rotation zum Lesekopf gelangen müssen und sich die Rotationsgeschwindigkeit nicht ins Unermessliche steigern lassen wird. Andererseits werden sie durch die Gesetze der einfachen Geometrie beschränkt. Durch die runde Form des magnetischen Speichermediums können am äusseren Rand der Platte 29 cm pro Umdrehung erfasst werden.
Je weiter man aber zum Rotationsmittelpunkt geht, desto weniger Daten können pro Umdrehung gelesen werden. Dass wir heute trotzdem nicht unmöglich lange auf unsere Daten warten müssen, liegt am Arbeitsspeicher. Allerdings lassen sich die Daten im RAM ohne Spannung nicht speichern, das Gerät muss also eingeschaltet sein.
Dank der auf dem quantenmechanischen Tunneleffekt basierenden Flash-Technologie können wir ähnlich schnell auf Daten zugreifen, wie dies beim Arbeitsspeicher geschieht, und verlieren sie auch bei einem plötzlichen Stromausfall nicht. Somit vereint Flash die Vorteile der bisher verwendeten Speichermethoden, was die Zugriffsgeschwindigkeiten und Sicherheit der Daten betrifft.
Doch nicht alle Nachteile von Festplatten lassen sich mit Flash-basierten-Speichern aus der Welt schaffen. Geht es um Kapazität, so haben beide Technologien ihre Grenzen. Während Flash-Speicher noch weit hinter den Platzverhältnissen von Festplatten liegen, stösst man auch bei diesen auf immer neue Grenzen.
Im Bereich der herkömmlichen Festplatten hat man sich durch das «Perpendicular Recording» zwischenzeitlich einen kleinen Aufschub erarbeiten können. Dadurch, dass die Daten nun nicht mehr horizontal auf den Magnetscheiben, sondern vertikal in die Scheiben hinein gespeichert werden, konnte die Kapazität einer Platte um gut das Zehnfache gesteigert werden. Wie lange dieser Platzgewinn allerdings ausreichen wird, ist schwer zu sagen.
Was die Kapazität von Flash-basierten Speichern angeht, steht die Entwicklung noch ganz am Anfang. Die grösste auf dem Markt erhältliche SSD bietet gerade einmal 64 Gigabyte Speicherplatz.
Die beiden neuen Speichertechnologien auf Flash-Basis heissen also Solid-State-Disk und Hybrid-Hard-Disk. Während erstere ausschliesslich die Flash-Technologie verwendet, verbindet letztere die normale, magnetische Harddisk-Technik mit den Flash-Elementen.
Die Namen der neuen Speichermedien sind demzufolge äusserst passend gewählt: «Solid State» deshalb, weil die Platte keine beweglichen Teile mehr hat, was dazu führt, dass sie äusserst widerstandsfähig und klein ist. «Hybrid» erklärt sich wohl von selbst. Hierbei werden die oft genutzten Daten im Flash-Abteil der Platte abgelegt, wodurch der Zugriff auf diese erheblich beschleunigt werden kann.
Der herkömmliche, magnetisch beschriebene Teil der Festplatte wird erst dann in Betrieb genommen, wenn auch wirklich Daten davon benötigt werden. Die hybride Technik hat vor allem den Vorteil, dass sie die schnellen Zugriffszeiten von Flash für sich nutzen kann, gleichzeitig aber über die hohe Speicherkapazität von Festplatten verfügt. Ausserdem kann sie durch die geringere Rotationszeit der Datenscheibe Energie sparen.
Laut Annette Lipp, Product Manager für Samsung in der Schweiz, ist man zweigeteilter Meinung, was die kurz- bis mittelfristigen Anwendungsmöglichkeiten der beiden Flash-Speicher betrifft: «Normale PC’s werden bis auf weiteres auf normalen HD’s bleiben. Hauptsächlich, da die Solid State Disks weder preislich noch kapazitätsmässig in den nächsten Jahren an die Harddisks herankommen werden. SSDs kosten bei gleicher Kapazität ungefähr zehn mal mehr als HDs. Die 2.5-Zoll-Hybridfestplatte sollte mittelfristig aber eine relevante Rolle im Notebook-Bereich spielen. Deren Anteil ist mit ungefähr einem Prozent zurzeit aber noch marginal.»
Dass in nächster Zeit ein ausschliesslich mit Solid-State-Disks ausgestattetes Notebook auf den Markt kommen wird, davon geht Lipp nicht aus. Obwohl die Vorteile durch die Unempfindlichkeit gegenüber Erschütterungen im Gegensatz zu Harddisks und der geringere Platzverbrauch Argumente dafür wären: Zur Zeit sind SSD’s schlicht und einfach noch nicht kapazitätsstark genug und für die Massenverarbeitung noch einiges zu teuer.
Die «Storage Networking Industry Association» SNIA ist eine Non-Profit-Organisation, welche den Fortschritt in der Storage-Branche beschleunigen will. Sie besteht mittlerweile aus über 300 Firmen und Einzelpersonen aus diesem Umfeld und feiert dieses Jahr ihr 10-jähriges Jubiläum. Neben der Beratungstätigkeit für Firmen definiert die SNIA zwei weitere Ziele: Zum einen die Unterstützung von technologischen Innovationen und Standards in der Storage-Branche, zum anderen möchte man eine lokal ansässige, weltweit operierende Autorität in diesem Bereich sein.
Info: www.snia.org